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Santag, 21. April 1984 Kitzbüheler Anzeiger Seite 23 Ka.7'a Dev. Die zweimal vier Arme des tanzenden Shiva Zu einer Vorführung der »Kma Dev Indian Dance Compan« im Rahmen der Jeunesse-Veranstaltungen in St. Johann Links - das PDdium gegen ber sonst wesentlich vergrößert - liegen die lnstru- meri:e des »Orchesters«: eine indische Querflöte (in Banrbus?); Sri K. M. Raja, sprich ‚radscha', wird sie blasen .... ein oder eine Shenai (wer kennt schon das grammatikalische Geschlecht?) - schal- meiartiges Schilft1asinstrumen; gespielt wird es dann von Sri Sudhansu Pan eine südindische Tromriel. genannt Mri- dar.gam, hancJich klein; spEtter geschla- gen von Sri K. P. Anil Kumar ...‚ dann noch Dhol und Nagara, das sind nordin- dische, größere Trommeln ... Shließl:ch ist da noch ein kleines metallenes, vjlig unscheinbares Schlaginstrument (Nattu- vangam), vergleichbar - ja, wem oder was; es gibt bei uns nichis Ähnliches. Es wird zum Gesang geschlagen werden - zu jenem Singen, das Guru Adyar K. Laksman, zugleich ‚Conduc:or' der Gruppe, besor=. Sie treten jetzt auf, die- se fünf, mit gefallenen Händen, verneigen sicl, indem sie Stirn und Hände einander nähern, nehmen Platz. Danr beginnt der (die, das) Shenai mit seinen (ihrem) typ:- schen näselnden Klang - wie eine Oboe harte bis sehr harte Schläge auf das (die, den) Dhc'l ... Seltsame, uns - trotz Jazz - wesentlich fremde Rhythmen. Was ist schor die rhyikmische Koirpli- ziertheit etwa der »Geschichte vom Solda- ten:< Strawinskys gegen diesen wohl kaum notierbaren Polyrhythmus gerader und ungerader Taktmensuren?! - Es gesellen sich noch die Flöte und ein bordunartig mitgehender Doppelton (von kleinem Synthesizer?) dazu ... Ja, und dann setzt das Singen ein - jener eigenartige, nie gutturale, sondern gegen den harten Gau- men und die Zähne gepreßte Gesang, be- gleitet von einem uns völlig fremden Schütteln des Kehlkopfs (für die Locker- heit?), arabeskenhaft, intervallreich - kleine Intervalle - und doch irgendwie statisch, weil kultisch orientiert. Im übri- gen der arabischen Art des Singens stark verwandt - auch, was die Vierteltöne be- trifft ... Und nun treten die restlichen und eigentlichen Akteure auf - die Tänzer: zwei Männer, zwei Mädchen. Die erste Nummer ein Tempeltanz aus Südindien im klassischen Bharata-Natyam-Stil - Ausdruck der kosmischen Ordnung, aber auch der Sehnsucht des Menschen nach Einswerdung mit dem Göttlichen. Die Tänzer - prachtvoll die Kleider: der eine z.B. eine weite dunkelgelbe Hose - ähn- lich der Farbe buddhistischer Mönchsklei- der, dazu eine violette, schräg über den Oberkörper laufende Schärpe ...; die Tänzer barfuß, um die Knöchel Schellen- reife .. Schwereloses Schreiten wechselt mit rhythmischem Aufstampfen - Tanz- phänomen bei allen Völkern. Bei den Mädchen mehr als bei den Männern das unverwechselbare Verschieben des Kopfs gegen die jeweilige Bewegung des Ober- körpers bzw. aus der Körperachse (wie Automaten!) und das ebenso spezifische, diese Gegenbewegung begleitende Spiel der Augen. Im ganzen jedoch eigenartig fließende Bewegungsabläufe im Wechsel mit Puppenartigkeit. Die zweite Nummer ein Maskentanz im Chhau-Stil - der Tanz eines Tempelprie- sters, welcher in die 8 Himmelsrichtungen opfert. Weiters ein dem Gott Shiva (drit- ter von oben in der Pyramide des hindui- stischen Götterpantheons) geweihter Tanz, der u.a. das Entspringen des Gan- ges aus dem Haupt dieses Gottes darstellt Dann wird - Gott sei's gedankt! - durch Kama Dev (laut Programm einer der großen indischen Tänzer - »ein über- legener Vertreter einer der anspruchsvoll- sten Künste der Welt«/Sunday Times, London) die Hand- und Gesichts- bzw. Körpersprache an zahlreichen Beispielen erklärt; Gottseidank deshalb, weil man bis zu diesem Zeitpunkt kaum Chance hatte, diese ausgeklügelte und doch so na- türliche Gebärdensprache zu verstehen. Er zeigte Personendarstellungen, z. B. Shiva, den Gott des Tanzes, und Krishna, den ‚blauen Gott mit der Flöte' ...‚ eine Lotosblüte mit schwirrender Biene, einen Vogel im Flug ... Tätigkeiten wie rufen, sehen, hören, eine Tür öffnen und schlie- ßen, Umarmung, Kuß, ‚vor Sehnsucht nach der Geliebten hinwelken uiiJ ganz dünn werden' ... Und den Satz: »Meine Damen und Herrn, wir sind glücklich, heute in St. Johann spielen zu dürfen!« Weiter ging's - u.a. mit der köstlichen Pantomime ‚Krishna und die Milchmäd- chen' - Darstellung einer für diesen Gott kennzeichnenden Spitzbüberei. (Während die Mädchen im See baden, stiehlt er ih- nen schakalhaft die Kleider - ein häufi- ges Motiv auch in anderen Mythen. Man denke nur an die Streiche des Oberspitz- buben Zeus!) Noch die Nummern »Tanz auf dem Messingteller« und einen weite- ren ‚Tempeltanz reiner Freude', wie kom- mentiert wurde. Ab nun jedoch eine imponierende Stei- gerung der Inhalte und tänzerischen bzw. pantomimischen Leistungen: Da war ein- mal der Tanz eines liebestollen Pfaus (in Pfauenmaske); großartig! Die ‚Szene im Wald': Eine junge Mutter singt ein Wie- genlied und stellt sich vor, ihr Kind wäre eine Göttin; wunderbar dargestellt von Meena Venkataraman. Bei dieser Gele- genheit übrigens auch ein Lob für die ge- bürtige Wienerin Radha Anjali! - Dann stieg, letzte Nummer, die Nacht (personi- fiziert, in blauem Schleier) zur Erde nie- der ...: Tempelglocken läuten, Gebete steigen auf, der Mond wird sichtbar Nacht und Mond aber in einem herrlichen Wechselspiel, reich an Gebärden, Aus- druck großer Harmonie (Weltharmonie), gespielt von Kama Dev/die Nacht und Pradeer Kar/der Mond. Das ganze von bezwingender, gewaltiger Poesie! Draufgabe für ein dankbares, hochin- teressiertes Publikum eine pantomimi- sche, mit Augen- und Fingersprache ge- spickte Verabschiedung. Ein sehenswerter Abend; auch dann, wenn die Vergleichs- maßstäbe fehlten. Hugo Bonatti Nachschrift: Am Montag, den 7. Mai, findet - über die vorgesehene Zahl der heurigen Veranstaltungen hinaus - ein weiterer Jeunesse-Abend statt. Anlaß ist ein kleines Jubiläum, nämlich 5 Jahre Jeunesse in St. Johann. Es gilt die Abo- Karte - sozusagen Treuebonus. Für je ei- ne mitgenommene Person 50%ige Ermä- ßigung. Es spielt das Jeunesse-Orchester Linz unter Franz Möst. Programm: aus- schließlich Mozart! Katholisches Bildungswerk St. Johann in Tirol: Einladung zum Vortrag mit Anfragenbeantwortung zum Thema »Natürliche Körperpflege und Kosmetik« »Für Frau und Mann, für jung und alt« Referent: Hansjörg Hofer, Friseur - Biosthetiker Zeit: Donnerstag, 26. April 1984, 20 Uhr Ort: Pfarrsaal, St. Johann in Tirol Natürliche Körperpflege ist Vorausset- zung für Gesundheit und Wohlbefinden. Neben richtiger Ernährung und gesunder Lebensweise ist Körperpflege und Kosme- tik auf biologischer Basis der Schlüssel zu gutem Aussehen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf diesem Gebiet bestätigen den besonderen Wert naturnaher biologischer Mittel. Alle Interessenten sind herzlich eingela- den.
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