Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 KitzbüheletAnzeiger Samstag, 21. April 1984 Der neue Curling-Weltmeister heißt Norwegen Zusammenfassender Bericht von der Curling-WM 1984 in Duluth, von Dieter Küchenmeister Vom 2. bis 8. April 1984 fanden in den Zwillingsstädten Duluth und Superior am Lake Superior die diesjährigen Curling- Weltmeisterschaften um den Air Canada Silver Broom statt. Duluth, Minesotta, 70.000 Einwohner, und Superior, Wis- consin, 40.000 Einwohner, bemühten sich sehr, den Welt-Titelkämpfen der Curler einen entsprechenden Rahmen zu geben, erreichte man jedoch nicht das, was Regi- na, Kanada, im Vorjahr bieten konnte. Allein die Zuschauerzahlen sagen viel. Waren es im Vorjahr in Regina rund 90.000 Besucher, so kamen heuer nur rund 25.000 Zuschauer in die Arena. Mit Grund dafür, daß nicht einmal der Final- tag ausverkauft war, ist die Tatsache, daß Heimnation USA nicht ins Semifinale kam und daß Titelverteidiger Kanada im Halbfinale an der Schweiz scheiterte. Dies war sicher Grund dafür, daß viele Kana- dier, die am Sonntag die rund 250-km- Reise gewagt hätten, zuhause blieben. Die Titelkämpfe der 10 besten Natio- nen der Welt standen auf beachtlich ho- hem Niveau, was allein schon der hohe Durchschnitt der Leistungen zeigt: über 70 9o. Aber auch die vielen denkbar knap- pen Entscheidungen in den neun Vorrun- den, dm Halbfinale und im Endspiel zei- gen dies deutlich. Der neue Curling-Weltmeister heißt Norwegen - ein Titelträger, mit dem kaum jemand zu Beginn gerechnet hätte. Doch die Tatsache, daß es zu einem rein europäischen Endspiel kam - einer Wie- derauflage des Finales der Europameister- schaft 1983 in Vaesteras, zeigt, wie stark die europäischen Nationen aufgeholt ha- ben. Die Schweiz, direkt ins Halbfinale gekommen, hatte dort in einem dramati- schen Spiel die Kanadier unter Skip Riley erst im Zusatzend besiegt - Rileys letzter Draw fiel etwas zu kurz aus. Dieses Spiel war für Kanada äußerst unerfreulich, mußten doch Millionen Zuschauer bei der Direktübertragung Zeuge der Niederlage an den Fernsehern werden. Im zweiten Halbfinale konnte Norwegen, das nur über einen Tie-Breaker gegen Deutsch- land (und dort mit dem allerletzten Stein) ins Halbfinale gekommen war, gegen Schweden für die Vorrunden-Niederlage mit 5:3 Revanche nehmen. Bei diesem nicht sehr schönen Spiel war Skip Rams- fjell mit seinem Team nie in Gefahr, denn jeder Take-Out kam an diesem Tag genau und die Schweden hatten nie die Chance, ein »Haus aufzubauen«. Dritter wurde somit Kanada, dank des Vorrundensieges gegen Schweden, ein enttäuschender Platz für den Titelvertei- diger aus Manitoba. Skip Riley konnte es lange nicht fassen. Platz vier an die überraschend starken Schweden, die in der Vorrunde noch Nor- wegen so sicher geschlagen hatten. Keith Wendorfs deutsche Mannschaft, die sehr schwach begonnen hatte, konnte sich sehr steigern und verpaßte den Halb- finalplatz nur knapp. Rang fünf ist ein Trostpflaster für den Vizeweltmeister 1983. Enttäuscht war das Team der USA. Nur Platz sechs für Skip Roberts, der sich gute Titelhoffnungen gemacht hatte und auch bei den Fachleuten gut im Rennen lag. Ähnlich war es mit den Schotten, dem Europameister 1982. Ihr 7. Platz war für sie eine kleine Katastrophe und lange konnten sie es nicht fassen, nicht erfolg- reicher gewesen zu sein. Dagegen war Italien über Rang acht mehr als überglücklich. Verständlich - nach dem 10. Platz bei der WM in Regina eine beachtliche Steigerung, und sie sieg- ten nicht nur gegen die direkten Widersa- cher Österreich und Dänemark, sondern brachten auch andere Teams durchaus in Gefahr. Überglücklich auch die junge dänische Mannschaft, daß sie es doch noch ge- schafft hatte, die »rote Laterne« an Osterreich abzugeben. Allerdings ist der 9. Platz für Dänemark auch kein Ruhe- kissen, denn wie Osterreich müssen sie sich im Dezember der Herausforderung verschiedener europäischer Teams stellen. Unser heimisches Team Kitzbühel Kar- hu mit Gunter Märker als Skip, Roland Koudelka als Dreier, Günther Mochny als Zweier und Ernst Egger als Einser, das vor der WM einige Tage im kanadischen Thunder Bay trainiert hatte, war - und das muß man deutlich sagen - vom Pech verfolgt. Das begann im Spiel gegen Ita- lien, welches trotz sicherer Führung mit viel Pech doch noch verloren ging, zog sich weiter über die Verletzung von Ernst Egger und die Erkrankung von Skip Gun- ter Märker, sodaß Präsident Günther Hummelt als Skip und Dieter Küchenmei- ster als Einser einspringen mußten, und endete mit dem Spiel gegen Dänemark, wo das ersatzgeschwächte österreichische Team unter Skip Günther Hummelt ein unglückliches Viererhaus kassieren muß- te, ohne daß der Sieg sicher bei den rot- weiß-roten geblieben wäre. Die österreichische Mannschaft hatte sich sehr gut vorbereitet und gut auf die neuen Verhältnisse eingestellt, schließlich besaß ja Gunter Märker bereits WM-Er- fahrung, denn er hatte ja 1983 in Regina in der Mannschaft von Artur Fabi als Dreier gespielt. Es gab keine vernichtende Niederlage, alle blieben im Rahmen. Pech, daß ausgerechnet gegen Schottland im 6. End das »aus« für Ernst Egger kam. So gab man dieses Spiel beim Stand von 1:6 kampflos ab. Wer weiß, was unter normalen Umständen gegen die Schotten möglich gewesen wäre. Auch als Günther Hummelt als Ersatz für Gunter Märker und Dieter Küchenmeister als Ersatz für Ernst Egger ins Spiel gebracht werden mußten, fiel die Mannschaft nicht ausein- ander und man kämpfte beherzt weiter und erhielt insbesondere im Spiel gegen die USA Applaus auf offener Szene. Und gerade ab diesem Moment war bei Roland Koudelka und Günther Mochny eine Lei- stungssteigerung zu registrieren, mit der niemand mehr gerechnet hatte. So gesehen haben sich Osterreichs Cur- ler trotz der unguten Umstände beachtlich aus der Situation gezogen. Gunter Mär- ker, Roland Koudelka, Günther Mochny und Ernst Egger haben teilweise ausge- zeichnet gespielt, beachtliche Leistungen gebracht und in der letzten Hälfte konn- ten sich die praktisch ohne Training ein- gesprungenen Günther Hummelt und Dieter Küchenmeister ausgezeichnet be- währen. Daß letztlich für Österreich doch nur Rang 10 blieb, ist zwar bedauerlich, dop- pelt bedauerlich, wenn man bedenkt, daß durchaus mehr drinnen gewesen wäre, mußte man jedoch durchaus damit rech- nen. Nun wird eben Österreich nach einer Qualifikationsrunde mehrerer europäi- scher Nationen sich im Dezember der Herausforderung des Siegers dieses Tur- nieres stellen und versuchen müssen, den Startplatz für die WM zu sichern. Die WM 1985 findet in Glasgow statt. Wie schon 1983 in Regina, wo Artur Fabi, Gunter Märker, Manfred Fabi und Dieter Küchenmeister Osterreich vertra- ten und damals Rang 9 erreichten, konn- ten sich unsere Curler Gunter Märker, Roland Koudelka, Günther Mochny und Ernst Egger sowie die eingesetzten Ersatz- spieler Günther Hummelt und Dieter Kü- chenmeister von den ausgezeichneten Lei- stungen der Top-Nationen überzeugen, haben sicher viel dazugelernt und haben Österreich in den USA gut vertreten. Kitzbü hei darf stolz sein, daß wieder ei- ne Kitzbüheler Mannschaft Osterreich bei den Welttitelkämpfen der Curler um den Air Canada Silver Broom vertreten hat. Und Jürg Tanner, der schweizerische Ex- Weltmeister, der als Coach und Betreuer der Österreicher tätig war, meinte nach- her, daß er trotz des 10. Platzes keines- wegs enttäuscht sei. Natürlich hätte ihn ein 8. oder 9. Platz mehr gefreut, doch unter den gegebenen Umständen war eben nicht mehr drin. Sehr gefreut hat mich, so meinte er, die Leistung der beiden Ersatz- spieler, die praktisch ohne Training ins Spiel genommen werden mußten. Wichtigstes Ziel für Österreichs Curler muß aber noch mehr als bisher der Bau ei- ner ersten Curlinghalle in Osterreich sein. Ohne entsprechende Trainingsmöglich- keiten zuhause wird es nicht mehr mög- lich sein, auch nur den gegenwärtigen Lei- stungsstandard zu erhalten, vielmehr läuft Österreichs Curlingsport in Gefahr, von weiteren europäischen Nationen
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