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Verein zum Schutze der Landschaft und der heimischen Wirtschaft: Weiter Kampf um Schutz des Lebens- und Wirtschaftsraumes Hauptversammlung des Schutzverbandes. Im Bildvon links: Bgm. Brettauer, Obmann Hofrat Dr. Kirchmeyr, LR Huber, Dr. Otto Wendl'ng, Dkfm. Dr. Ziepi. Foto: Nessizius Seite 28 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 5. Mai 1984 Der Verein zum Schutze der Landschaft und der heimischen Wirtschaft Kitzbühe- 1er Alpen (Schutzverband) richtete im März aus Grund von Behauptungen des Kärntner Landeshauptmannes Leopold Wagner an diesen und an führende Politi- ker des Bundes und des Landes Tirol Brie- fe. Die zuständigen Herren wurden gebe- ten, dem Staat Italien und dem Bundes- land Kärnten keine Zusagen irgendwel- cher Art im Hinblick auf den Plöckentun- nel zu. geben, solange die Frage des Zu- bringerverkehrs, der dem Lebens- und Fremdenverkehrsraum des Bezirkes Kitz- bühel ausweichen müßte, nicht gelöst ist. Dieser Brief wurde an Bundeskanzler Dr. Sinowatz, Vizekanzler Dr. Steger, die Mi- nister Sekanina und Dr. Salcher, Landes- hauptmann Wallnöfer, Landesrat Dr. Bassetti und Landesrat Zanon gerichtet. In der -Zwischenzeit sind einige Antwor- ten eingelangt. Das Kabinett des Bundes- kanzleramtes bestätigte den Eingang des Briefes, der Vizekanzler und Handelsmi- nister teilte mit, daß er das Schreiben an die Ministerien für Bauten und Technik sowie Verkehr übermittelt habe, dankte aber auch für die vom Standpunkt des Fremdenverkehrs notwendigen und ver- ständlichen Informationen. Sehr ausführlich befaßt sich in seinem Schreiben der Bundesminister für Bauten und Technik, Karl Sekanina, mit den Ver- kehrsproblemen. Er schreibt: Da diesem Tunnelprojekt in erster Li- nie regionale Bedeutung zukommt, wurde Italien bereits mehrfach darauf hingewie- sen, daß österreichischerseits an einen Ausbau der Anschlußstrecken in Rich- tung Inntal nicht gedacht ist. Und zwar mit der auch von Ihnen genannten Be- gründung, daß mit der Brenner-Auto- bahn und zuletzt mit der Tauern-Auto- bahn leistungsfähige Straßenzüge dem in- ternationalen Güterschwerverkehr von und nach Italien zur Verfügung gestellt werden und man von Osterreich nicht ver- langen könne, eine weitere Transitroute zu bauen. Selbst wenn es zu einem Bau des Tun- nels kommen sollte, kann ich Ihre Beden- ken, daß die auf dieser Route liegenden Bezirke vom Schwerverkehr »überrollt« werden, nicht teilen. Wohl ist die Strecke Rosenheim - Udi- ne durch den Plöckentunnel um etwa 80 km kürzer als über die Tauern-Autobahn, die Routenwahl des Schwerverkehrs er- folgt aber noch nach einer Reihe anderer Kriterien. So beträgt die durchschnittliche Fahrzeit über die Plöckenroute, bedingt durch die nur zweispurige Bundesstraße und die drei Bergstrecken Paß Thurn, Fel- bertauern, Gailberg, trotz kürzerer Weg- strecke um ca. 20 Minuten mehr als auf der Tauern-Autobahn. Zusätzlich sind auf dieser Strecke etwa 1000 Höhenmeter mehr an verlorener Höhe zu überwinden, und es herrschen Steigungen über 10 076 vor. Kriterien also, die alle absolut gegen eine Nutzung dieser Route durch den Schwerverkehr sprechen. Zu der gleichen Ansicht gelangen auch österreichische und italienische Gutachter, die einen Gü- terverkehrsanteil von ca. 4 Wo bei ausge- bautem Plöckentunnel prognostizieren. Der Kärntner Landeshauptmann Leo- pold Wagner antwortet auf den Brief un- ter Wiederholung der bekannten befür- wortenden Argumente des Landes Kärn- ten. In dem Brief heiße es: In Ihrem letzten Schreiben wird noch- mals die große Sorge ausgedrückt, daß die Route Felbertauern - Plöcken nach dem Bau eines Plöckentunnels zu einer Tran- sitlinie für den Güterschwerverkehr wer- den könnte. Dazu darf ich Ihnen mittei- len, daß alle mit diesem Problemkreis ver- trauten Stellen diese Trasse auch künftig nur als Touristenroute ansehen. Nur im Grundriß betrachtet liegt der geplante Plöckentunnel in der kürzesten Verbindung der Wirtschaftsräume Mün- chen und Triest. Das entscheidende Hin- dernis für den Schwerverkehr auf dieser Strecke sind aber die zu überwindenden Höhenunterschiede. Ein Basistunnel würde zwar den Über- gang über den Plöckenpaß eliminieren, bei der Fahrt von der Adria nach Süd- deutschland müßten aber weiterhin noch drei beachtliche Höhenstufen überwun- den werden: Der Gailberg, der Felbertau- ern und der Paß Thurn. Bei dem jüngsten Gespräch mit einer italienischen Delega- tion in Wien wurde eindeutig klargestellt, daß Österreich nicht daran denkt, im Be- reich dieser drei Höhenstufen weitere Ausbaumaßnahmen oder gar zusätzliche Untertunnelungen durchzuführen. Trotz der relativen Kürze dieser Nord-Süd-Ver- bindung würde der Schwerverkehr diese Route daher mit Sicherheit meiden und wegen der entscheidend günstigeren Stei- gungsverhältnisse die Fahrt über die Tau- ern- und Südautobahn vorziehen. Außer- dem wird daran gedacht, diesbezüglich noch ein unabhängiges. Fachgutachten einzuholen. Vom 2. bis 4. Mai werden sich eine österreichische und eine italienische Dele- gation in Triest zu einer Aussprache tref- fen, um vorerst die Möglichkeit und die Voraussetzungen für eine Realisierung des Plöckentunnelprojektes zu beraten. Die Vollversammlung des Schutzver- bandes hat am 27. April 1984 einstimmig beschlossen, an Bundesminister Karl Se- kanina ein Protestschreiben zu senden. Dieses hat folgenden Wortlaut: Die Vollversammlung des Vereines zum Schutze der Landschaft und der heimi- schen Wirtschaft Kitzbüheler Alpen, an der die Bürgermeister und Fremdenver- kehrsverbandsobmännr teilnahmen, hat einstimmig beschlossen, neuerlich an Sie heranzutreten und gegen jede Planung und weitere Beratung für einen Plöcken- tunnel zu protestieren und Sie zu ersu- chen, die in Triest verhandelnde Delega- tion anzuweisen, der italienischen Delega- tion keinerlei Zugeständnisse zu machen und die Verhandlungen abzubrechen. Die Bezirke Kitzbühel und Kufstein mit insgesamt 127.000 Einwohnern verzeich- neten im letzten Fremdenverkehrsjahr 12, 125.000 Nächtigungen, das ist ein Zehntel aller Nächtigungen Osterreichs, und er- wirtschafteten 11,4 Milliarden Schilling an Devisen. Diese Leistungen bedürfen des vollen Schutzes auch der österreichi- schen Bundesregierung. Die Verkehrsstei- gerung auf der Strecke Wörgl - Lofer seit Eröffnung des Arlbergtunnels - bis
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