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Seite 34 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 14. Jänner 1984 Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Konjunktursituation: In der österrei- chischen Wirtschaft fehlen nach wie vor Anzeichen für die Überwindung der nun schon drei Jahre anhaltenden Stagnations- phase. Durch die nur schleppende Erho- lung der Weltwirtschaft kommen nur ge- ringe Nachfrageimpulse aus dem Aus- land. Insgesamt dürfte demnach die hei- mische Wirtschaft heuer real um nur knapp 1 Wo wachsen. Der überaus beschei- dene Zuwachs war überwiegend vom pri- vaten Konsum getragen, der real um ca. 3 % gestiegen ist. Die Nachfrage wird vor allem vom privaten bzw. öffentlichen Konsum getragen, während die Investitio- nen - wenn auch nur leicht - wieder zu- rückgehen werden. Privater Konsum: Mit dem raschen Rückgang der Inflation hat sich die Real- einkommenssituation der privaten Haus- halte gebessert und gemeinsam mit der et- was optimistischeren Konjunkturerwar- tung den privaten Konsum angeregt. Wei- tere Gründe für diese Nachfragebelebung waren die sinkenden Zinsen, freigeworde- ne Prämienspargelder sowie die Diskus- sion um die Einführung der Zinsertrags- steuer per 1. Jänner 1984. Allerdings kon- zentriert sich die gestärkte private Kon- sumnachfrage auf dauerhafte Konsumgü- ter, die überwiegend importiert werden müssen (z.B. Personenkraftwagen). Auf Grund dieses Trends ist der private Kon- sum - wie schon in den beiden vorange- gangenen Jahren - auch heuer wieder stärker gestiegen als das Bruttoinlands- produkt. Investitionen: Die Investitionstätigkeit ist auch heuer entgegen ursprünglichen Erwartungen real wieder zurückgegan- gen. Die Nachfrage aus dem Ausland war zu schwach und jene nach dauerhaften Konsumgütern zu wenig auf heimische Produkte gerichtet, als daß eine investi- tionsinduzierte Konjunktur in Gang ge- kommen wäre. Für das Jahr 1983 beträgt der Rückgang bei den realen Bruttoanla- geinvestitionen etwa 0,5 Wo. Industrieproduktion: Die Konjunktur- schwäche in der österreichischen Industrie war auch in den ersten Monaten des heu- rigen Jahres deutlich ausgeprägt und war in den Folgemonaten widersprüchlich. Bei einem im April d.J. durchgeführten Konjunkturtest des österreichischen Insti- tuts für Wirtschaftsforschung schätzten die Industrieunternehmer die Konjunk- turlage etwas weniger pessimistisch ein, doch sind diese Verbesserungen so gering- fügig, daß sich noch keine Trendwende abzeichnet. Die Beschäftigung in der In- dustrie hat weiter abgenommen. Die Bau- wirtschaft hat sich trotz des außerge- wöhnlich guten Bauwetters im vergage- nen Winter ungünstig entwickelt. Die7 ist vor allem auf den Einbruch im Bauneben- gewerbe zurückzuführen, das zunehmend unter der schwierigen Situation im Wohn- bau zu leiden hat. Aus den erwähnten Gründen blieb auch die Beschäftigung am Bau nicht unbeeinflußt. Arbeitsmarkt: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt hat sich vor allem im Laufe des ersten Halbjahres zwar gebessert, doch war diese Verbesserung nur saison- bedingt. Auf Grund der schlechten Kon- junkturlage liegt die Zahl der Arbeitslo- sen im Jahresdurchschnitt bei etwa 133.000, was einer Arbeitslosenrate von ca. 4,6 Wo entspricht. Auch im nächsten Jahr wird sich die Lage am Arbeitsmarkt abermals verschlechtern, sodaß man mit einer Arbeitslosenrate im Jahre 1984 von etwa 5,7 Wo rechnen muß. Budgetlage des Bundes: 1983 wird das Bruttodefizit des Staatshaushaltes 95 Mil- liarden Schilling betragen und damit um 21 Milliarden höher ausfallen als im Bud- getentwurf für das heurige Jahr angenom- men. Die Eindämmung der Defizite der öffentlichen Hand wird daher auch in Osterreich zu einem der wichtigsten wirt- schaftspolitischen Probleme führen. Al- lein das Beibehalten des derzeitigen Brut- todefizits für das Jahr 1984 wird auf der Einnahmen- und auf der Ausgabenseite Maßnahmen erfordern, die zu fühlbaren restriktiven Effekten führen werden. We- sentlich zur Reduktion des Budgetdefizits 1984 beitragen wird das im September von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket, welches Abgaben-, Beitrags- und Tariferhöhungen im Um- fang von rund 25 Milliarden Schilling so- wie Einsparungen im Ausmaß von rund 10 Milliarden vorsieht. Betrachtet man die Auswirkungen des Belastungspaketes auf die Prognosedaten 1984, so sind vor allem im Bereiche des privaten Konsums wesentliche Nachfrageänderungen zu er- warten. Die langanhaltende Diskussion um die Einführung der Zinsertragssteuer und die Erhöhung der Mehrwertsteuer führen 1983 noch zu Vorziehkäufen im Ausmaß von rund 4 Milliarden Schilling und bewirken damit ein geringfügig höhe- res Wirtschaftswachstum für 1983 als ur- sprünglich angenommen wurde. Für 1984 wird das prognostizierte Wirtschafts- wachstum aufgrund des Belastungspake- tes um etwa 1 Prozentpunkt gedämpft. Preisauftrieb: Der Inflationsabbau ging rascher vor sich als erwartet. In den Mo- naten Mai und Juni lag die Preissteige- rung - gemessen an den Verbraucher- preisen - bei 2,5 Wo. Eine derart niedrige Inflationsrate war zum letzten Mal im Oktober 1969 erreicht worden. Maßge- bend für den geringen Preisanstieg waren neben der maßvollen Lohnpolitik vor al- lem der Rückgang der Energiepreise auf den internationalen Rohstoffmärkten als Folge der Erdölverbilligung sowie der Rückgang der Preise für Saisonwaren in Österreich. Auf Grund dieser günstigen Entwicklung ergibt sich für das Jahr 1983 eine durchschnittliche Jahresinflationsra- te von 3,3 Wo. Für 1984 hingegen rechnet man wieder mit einem Anstieg der Ver- braucherpreise. Export-, Import-Handelsbilanzdefizit: Die Exportnachfrage hat sich nach dem starken Einbruch Mitte 1982 wieder stabi- lisiert. Auf Grund der jedoch nur zögern- den Wirtschaftsbelebung in den westli- chen Industriestaaten dürften die österrei- chischen Exporte heuer real um etwa 1 Wo wachsen. Die höchsten Exportzuwächse konnten bei chemischen Erzeugnissen, pflanzlichen Ölen und Fetten, Nahrungs- mitteln und Rohstoffen erreicht werden. Die österreichischen Importe sind entge- gen ursprünglichen Erwartungen heuer doch nicht stärker angestiegen als die Ex- porte. Ursache dafür ist, daß sich die er- wartete leichte Konjunkturverbesserung und die damit zusammenhängende In- landsnachfrage verzögert haben. Das Wachstum bei den Einfuhren wird daher im heurigen Jahr 0,5 Wo betragen. Das De- fizit in der österreichischen Handelsbilanz wird sich aus vorerwähnten Umständen noch einmal reduzieren können. Fremdenverkehr: Der österreichische Fremdenverkehr steht weiterhin unter dem Eindruck der schwachen Realein- kommensentwicklung und der steigenden Arbeitslosigkeit in Westeuropa, insbeson- dere in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden, den wohl wich- tigsten Herkunftsländern von Österreich- Touristen. Dieser Umstand führte auch dazu, daß die gesamtösterreichischen Nächtigungs- ziffern im Winterhalbjahr 1982/83 einen Rückgang von 2,2 Wo gegenüber dem glei- chen Zeitraum des Vorjahres aufweisen und die Sommernächtigungen im gesam- ten österreichischen Bundesgebiet 1983 gegenüber 1982 sogar einen Rückgang von 8,75 Wo verzeichnen. In den fünf größten Fremdenverkehrsorten unseres Einzugsbereiches (Kitzbühel, Kirchberg, St. Johann, Westendorf und Fieber- brunn) betrug der Rückgang im Winter- halbjahr 6,5 Wo und in den Sommermona- ten 4,87 Wo. Diese Entwicklung zeigte auch entsprechende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Potenz im Bezirk. Leistungsbilanz: Das Aktivum in der österreichischen Leistungsbilanz konnte auch im Berichtsjahr weiter ausgebaut werden. Dies trotzdem, obwohl die Devi- seneingänge aus dem Fremdenverkehr leicht rückläufig und die Ausgaben der Osterreicher im Ausland steigend waren. Auch für das Jahr 1984 rechnet man mit einer Verbesserung der Leistungsbilanz und zwar durch die Veränderung der Rei- severkehrsbilanz einerseits und die für 1984 unterstellte schwache Importent- wicklung (schwacher Konsum, Rück- schlagseffekt und Vorziehkäufe) anderer- seits. Senkung des Zinsniveaus: Als Antwort auf die Zinssignale der Österreichischen Nationalbank gegen Ende des 1. Quartals 1983 kam es per 1. Juni 1983 zu einer wei- teren generellen Rückführung des heimi- schen Zinsniveaus. Gleichzeitig wurde auch der Eckzinssatz für Spareinlagen von 4,5 Wo auf 4 Wo verringert. Die Geldka- pitalbildung des privaten Sektors liegt deutlich unter den Vergleichswerten des Vorjahres. Nach Einlagenkategorien ge- sehen haben nur die Sichteinlagen stärker zugenommen. Die übrigen Anlageformen
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