Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Die Sängerrunde St. Johann in Liangollen, Wales. Seite 28 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 28. Juli 1984 Sängerrunde St. Johann in Tirol bei der Sängerolympiade in Liangollen, Wales Erlebnisbericht von Sangesbruder Willi Waistra Die Sängerrunde St. Johann in Tirol unter Chorleiter Prof. Hubert Sprenger wurde vom Komitee und der Jury des Musical-Festivals zur Teilnahme am 38. Internationalen Musical Eisteddfod in Llangollen/ Wales vom 3. bis 8. Juli 1984 eingeladen. Die besondere Bedeutung die- ser Einladung ist darin zu sehen, daß die Sänger aus St. Johann i.T. als einziger Chor aus Osterreich für diesen Wettbe- werb ausgesucht worden sind. Wenn auch schon Monate vorher, ganz unverbindlich für die evtl. Teilnahme, die Vereinsleitung alle angeforderten Unter- lagen über das Liedergut und den Aufga- benbereich der Sängerrunde an die Jury nach Llangollen schicken mußte, rechnete man kaum mehr mit einer Einladung. Umso größer war natürlich die Freude - aber auch die Sorgen! Der Termin in Wales fiel leider in die letzte Schulwoche, dazu waren noch einige Sänger mit tra- genden Stimmen im Urlaub bzw. beruf- lich nicht abkömmlich. Daß man, trotz des Ausfallens von 7 Sängern, aber dank einer sehr harten und konsequenten Probearbeit, mit nur 17 Sängern inkl. Chormeister in einem sehr harten Wettbewerb bei strengster Wer- tung durch die fachmännische Jury den ehrenvollen 5. Platz erreichte, war eine Leistung, die bei allen Teilnehmern sehr große Freude auslöste und der man alle Anerkennung zollen muß! Bekannte Chöre aus Griechenland, Ita- lien, den USA, die komplett angetreten sind und ihre volle Stimmstärke zum Tra- gen bringen konnten, wurden mit beacht- lichem Punkteunterschied übertroffen. Gewertet wurde nicht nur das Liedergut und der Vortrag, sondern die Einheitlich- keit der Tracht, das reibungslose Auf-und Abtreten des Chores und die Korrektheit beim Vortrag (Atmung, Mundstellung usw.). Der Grundgedanke zu diesem Interna- tionalen Musifest wurde gleich nach dem Kriege von einer Gruppe von Menschen aus allen gesellschaftlichen Kreisen ge- faßt. Man wollte die völkerverbindende Kraft des Liedes, der Musik und Folklore dafür einsetzen, die Schrecknisse des Kriegserlebnisses zu überwinden - eine Zusammenführung der Menschen aus al- len Nationen zu erreichen und damit auch eine dauernde Basis für eine gemeinsame menschliche und kulturelle Verbindung und Freundschaft schaffen. Man hat gut daran getan. So wurde 1947 das erste Fest veranstal- tet, an dem bereits 5.000 Teilnehmer aus 22 Ländern, darunter auch ein deutscher Chor aus Lübeck, teilnahmen. Dieser Chor hinterließ eine so eindrucksvolle Re- sonanz, daß man ihn bereits fix eingela- den hat, beim 40. Fest als Ehrenchor mit- zuwirken. In diesem Jahr waren es bereits über 10.000 Teilnehmer aus 32 Ländern, auf- geteilt in 260 Chöre, Folklore-Tanz-Mu- sikgruppen und Solisten, die vom 3. bis 8. Juli im friedlichen und fröhlichen Wett- streit sangen, tanzten und musizierten. Das Städtchen Liangollen war für sechs Tage das Mekka dieser Sänger- und Mu- sikolympiade. Es liegt mit seinen 2.500 Einwohnern in einem weiten waldig-hüge- ligem Tal inmitten einer der reizvollsten grünen Landschaften in Nord-Wales. Keine Fabriken und Industrien, nur Landwirtschaft, Weiden, Koppeln, Korn- felder und Acker - soweit das Auge reicht. Die Anreise erfolgte über München mit der englischen DAN-Air nach Gatwick, dem zweitgrößten Flughafen von Lon- don. Neben den kostbaren Noten und großem Optimismus nahmen die Sänger noch 4.000 Prospekte mit dem St. Johan- ner Koasamandi mit nach England und den Auftrag, auch werbemäßig tätig zu sein. Diese Aufgabe wurde nicht nur als »Pflichtübung«, sondern im wahrsten Sinne des Wortes total ausgeführt. Es be- reitete allen Sängern soviel Spaß und Freude, wie es der Film und viele Fotos deutlich zeigen. War es der Flughafen München, wo sich die Männer mit Lie- dern und Prospekten verabschiedeten oder in der großen Halle in Gatwick/ London (Ankunft 20.33 Uhr) überall drängten sich die Menschen nach dem Liedervortrag und nahmen gerne und in- teressiert das »Koasamandl« mit allen Antworten und Erklärungen entgegen. Nirgendwo blieb auch nur ein Stück lie- gen. Aber immer die Fragen nach dem »Woher und Wohin«. Austria, Tirol, ist überall ein Begriff - St. Johann in Tirol wurde aber vielen Menschen bekannt ge- macht. Das strahlende heiße Sommerwetter, das die Sänger nach England mitbrach- ten, hielt auch bis zum letzten Tag an. Zum Eingewöhnen waren 36 Stunden in London zwar zu wenig, sie reichten aber aus - dank einer hervorragenden Organisation und englischen Reiseleiterin mit österreichischer Abstammung, die ein echter Schatz war - das Wichtigste und Sehenswerteste dieser Weltstadt zu erle- ben. Sogar eine Wachablösung vor dem Buckingham-Palast (leider war H.M. Kö- nigin Elisabeth II. nicht »im Hause«) und eine Themsefahrt von der Westminster Bridge nach Greenwich zum Null-Meridi- an waren noch möglich. Und überall Wer- bung, Werbung mit dem Koasamandl. Alle waren natürlich in der (sehr heißen) Tracht mit Hut. Darum auch immer wie- der Fotos, Fragen und die ersten Auto- gramme. Covent-Garden, Soho und ein Stück vom Piccadilly-Circus - nur einige Sta- tionen der Besichtigung, auch das »Sherlock-Holmes-Pub« mit den vielen Relikten der erfolgreichen Arbeit dieses berühmten Kriminalisten, bekam einen Kurzbesuch (nicht nur wegen des hervor- ragenden Whiskys). Am 4. Juli dann die Bahnfahrt nach Wales. Mit dem Intercity von Euton nach Norden-Conventry - Birmingham - Wolverhampton und mit einem Zubringer nach Rubon, unserem Zielbahnhof in Wales. Gute 4 1/2 Stunden interessante Bahnfahrt lagen dazwischen, als wir in Rubon ausstiegen, einem der vielen Klein- bahnhöfe mit zugemauerten Fenstern und Türen (Personaleinsparung). Dafür wa- ren aber die Herzen der Menschen, die zu unserem Empfang erschienen waren, sehr offen. Es war ein sehr herzlicher Empfang, der auch gleich die perfekte Organisation zeigte. Mit dem typischen Doppeldecker- Bus ging es 8 km nach Overton, einem 1.500-Seelen-Ort, der für unseren Aufent- halt bis zum Freitag unser »Zuhause« sein sollte. Dort warteten schon die Familien,
< Page 28 | Page 30 >
< Page 28 | Page 30 >