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er E inzelne ist da hilflos Nach Konkurs segelt ein traditionsreiches Innsbrucker Unternehmen unter neuer Flagge und hat gute Chancen, weiterzukommen L oden ist nicht mehr »in«. Der grüne Boom auf den brucker Lodenfabrik: «Die mate- rielle Sicherstellung jedes einzel- Straßen Österreichs ist vorbei. Noch vor wenigen Jah- nen nach dem Konkurs verdanken ren hatte in dieser gerade in Tirol sehr starken und t wir nur Kammer und ÖGB«, ist Ar- ditionsreichen Sparte der Textilindustrie Euphorie ge- beiterbetriebsrat Gottfried Stöfan herrscht. Alles expandierte, die Betriebe investierten in mo. überzeugt und befindet sich hier demste Gerätschaften. im Einklang mit allen anderen. Die Phase der Ernüchterung überlebten nicht alle. Zu «Der Einzelne ist Ja da hilflos. Wir schnell war für einige alles gekommen. Export und Inlands- haben anfangs nicht gewußt, was markt stagnierend bis stark rückläufig - die Aufträge blie- tun.« (Arbeiterin Erna Burger). Die ben plötzlich aus. Nicht alle nahmen die neuen Tatsachen Sicherstellung der Abfertigungs- ansprüche, die im weniger zun- rasch genug zur Kenntnis. Ein Beispiel ist die Firma Weyrer: genbrecherisch IESG genannten stolze 187 Jahre alt, modernste Maschinen, zu große Kapazi- lnsolvenz-Entgeltsicherungsge- täten, sinkende Auftragslage. Die Firma gerät ab April 1983 setz geregelt sind, funktionierte arg ins Schwimmen. Obwohl alle realistischen Einschätzun- reibungslos. Hans Hauser, Ange- gen ein selbständiges Weiterarbeiten unmöglich und sinnlos stellter seit vielen Jahren, wurde erscheinen lassen, obwohl gleichzeitig ein Fusionsangebot in dieser schwierigen Situation be- der Konkurrenzfirma Baur-Foradon wußt, daß es unbedingt notwen- vorliegt, das von Beleg- dig ist, sich zu organisieren, will schaft und Arbeitnehmervertretung unterstützt wird, ent- man seine Interessen gewahrt scheiden sich zwei von sechs Gesellschaftern gegen dieses wissen: «Mit sattem Bauch denkt Angebot. Fusionsangebot abgelehnt dann Konkurs Das Ergebnis dieser Entschei- dung ist der Konkurs. Anfang Sep- tember drohten 150 Frauen und Männer auf der Straße zu stehen. »Natürlich waren wir alle verzwei- felt. Es hat ja nicht gut ausge- schaut, woanders unterzukom- men. Ich bin ledig und habe zwei Kinder. Da kann man sich ja vor- stellen, wie furchtbar es ist, plötz- lich ohne Arbeit zu sein«, macht sich Margret Thurnbichler keine Il- lusionen über ihre Chancen am freien Arbeitsmarkt. Sie schildert die Stimmung in der Zeit der abso- luten Ungewißheit: Den ganzen Sommer haben wir rumgerätselt, was passiert. Es war dann schon deprimierend, wie die Produktion teilweise stillgestanden ist, die Maschinen immer nur wenige Stunden lang gelaufen sind. Schon damals waren wir der Arbei- terkammer sehr dankbar, wie wir in der mageren Zeit Schulungen machen konnten und so über das Schlimmste drübergekommen sind.« Die Schulungsmaßnahmen zur Entlastung der Kapazitäten waren nach Intervention der Arbei- terkammer Tirol bei Sozialminister Dallinger aus Arbeitsmarktförde- rungsmitteln ermöglicht worden. Arbeiterkammer stellt Abf ertigungs- ansprüche sicher Die Arbeiterkammer und die Ge- werkschaften haben nicht nur des- halb einen guten Ruf bei den Be- legschaftsmitgliedern der Inns- man nicht an Hunger. Ich hab mir immer gedacht: Gewerkschaft, was brauch ich das - Arbeiter- kammer, wozu?« Seit 1. Oktober ist Hans Hauser Gewerkschaftsmitglied und aktiv. Mit ihm sind vor dem Konkurs 32 Angestellte beigetreten. Wieder auszusteigen, «wenn alles Ok und die Abfertigung kassiert ist«, kommt für ihn nicht mehr in Frage. Hans Hauser hätte sich sogar be- reit erklärt, für Jahre den Gewerk- schaftsbeitrag nachzuzahlen. Es werden auch jetzt alle dabei bleiben, obwohl jeder im Betrieb jetzt wieder mehr Luft hat und die unmittelbare Existenzbedrohung vorbei ist. Die große Erleichterung war am 21. Oktober gekommen, als der ehemalige Firmeneigentü- mer Karl Wyrer in einer Betriebs- versammlung der Belegeschaft of- fiziell die Eingliederung in die Fir- Erna Burger: »Der Einzelne ist ja hilflos<' ma Baur-Foradori mitteilen und AK-Tirol Präsident Karl Gruber auf die Rettung vDn über 100 Arbeits- plätzen hinweisen konnte. Die Lei- stung der Arbeiterkammer wird von allen Seiten anerkannt. Dkfm. Mario Stedile von Baur-Foradori: «Im Zusammenwirken mit der Ar- beiterkammer haben wir eine gute Lösung gefunden und realistische Chancen, das Unternehmen posi- tiv weiterzuführen.« «Sie haben uns einfach durch gute Taten urd gute Worte un- heimlich weitergeholfen«, faßt Be- triebsrat Gottfried Stöfan zusam- men, «denn es war auch wichtig, daß immer we da war und uns Mut gemacht hat.« «Seltsam ist nur, daß mir die Herren vom ÖAAB nie bei uns auf- gefallen sind« schränkt Stöfan ein, der als Portier alles Kommen und Gehen registriert. «Aber wahr- scheinlich hab ich sie übersehen.« Die Arbeiter und Angestellten der ehemaligen Firma Weyrer wis- sen jedenfalls, wen sie am 8. und 9. April wählen werden: «Für uns kommen nur diii Sozialistischen Gewerkschafter mit Präsident Karl Gruber in Frage« - so beide Betriebsratsobleute Stöfan und Hauser <'und das empfehlen wir auch allen Kolleginnen und Kolle- gen aus den anderen Betrieben!« Wir sichern die Arbeitsplätze Liste 1
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