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Belegschaft blieb bei der Stange - die Masch nen konnten weiterlau- fen. Arbellsolatze in Gef ahr: »Tiroler Modell« der Arbeiterkammer sichert Löhne und Gehälter An die Betriebsversammlung können sich noch alle erinnern als wär's gestern gewesen. Nicht zuletzt deshalb, weil alles so überraschend gekommen war, hat sich der Tag vor nun beinahe zwei Jahren fest eingeprägt. Jener Montag, an dem die Firmenleitung der traditionsrei- chen Tiroler Keksfabrik Walde der schockierten Belegschaft bekanntgeben mußte, daß der Betrieb in Ausgleich gehen muß. Zur Trauer, zur plötzlichen Angst um den Arbeitsplatz, war dann auch noch die Enttäuschung hinzugekommen. »Die von der Betriebsleitung haben uns vorher vollkommen im Un- klaren über die Situation der Firma gelassen«, ärgert sich RDsmarie K, Arbeiterin in der Verpackungsabteilung, noch heule: »Nie hat uns jemand was gesagt.« Betrieb muß weiterlaufen In dieser Stimmung war es ein hartes Stück Arbeit für die Arbeitnehmervertre- ter, die Belegschaft bei der Staige zu halten. »Das kann sich ja keiner vorstellen«, er- zählt die sozialistische Be- tiebsratsobfrau Bertl Kaze- lor: »Vor allem viele Junge waren schon am Absprin- er« Was in dieser Situa- tor fatale Folgen gehabt I-ät-,e. Scllte Aussicht auf ei- re posilive Lösung beste- her, war es einfach notwen- cig, den Betrieb weiterlau- fen zu lassen. Leere Fabriks- hallen hätten Kaufinteres- senten wohl kaum ange- lockt. Für Bertl Kazelor waren die Belastungen, einerseits die Belegschaft zum Blei- ber zu motivieren, anderer- seils aber den Ernst der La- ge zu kennen, nicht ohne Folgen: »Streßzucker. Vor der vielen Aufregung, hai der Arzt gesagt. Eine Zeit- lang ist es mir wirklich dreckig gegangen.« Allein, sagt sie heute, hät- te sie das alles nicht ge- schafft. »Ohne Gewerk- scl'aft und Arbeiterkammer wäre alles umsonst gewe- ser.« Tatsächlich war es der Tiroler Arbeiterkammer ge- lingen, den Arbeitnehmerr zu ermöglichen, de Durst- strecke Obe-haupt zu über- stehen. Die Mannschaft der Sozialistischen Gewerk- schafter in der Kammer schaffte es. Mittel und We- ge zu finden, daß die Aus- zahlung der Löhne und Ge- hälter immer pünktlich funk- tionierte. Jiter Ausnutzung des lnsolvenz-Entgeltsiche- rungsgesetzes entwickelte man in der Innsbrucker Ma- ximilianstraße durch Vorfi- nanzierungen mit Hilfe der Hausbank der Firma ein »Ti- roler Modell«, um die mate- rielle Existenz der rund 100 ArbeitnehTer besonders rasch und reibungslos zu si- chern. Was psychologisch enorm wichtig war. Verfügte doch kaum einer der Arbeiter und vor allem Arbeiterinnen über genügend finanzielle Rück- lagen, eine längere Durst- strecke durchzustehen. »Daß das Geld immer da war, hat scher dazu beige- tragen, daß wir überzeugt waren, daß es irgendwie weitergeht« erzählt Karoline Schatz, die seit über dreißig Jahren in diesem Betrieb ar- beitete, über die Zeit der lan- gen Ungewißheit. Die Produktion konnte weiterlaufen, die Beleg- schaft b ieb dem Betrieb treu. So konnte nach lan- gem Suchen auch ein po- tenter Interessent gefunden werden, der bereit war, den angeschlagenen Betrieb mitsamt der Belegschaft zu übernehmen. Führend bei den Übernahmeverhandlun- gen beteiligt: die Tiroler Ar- beiterkammer. Es waren die Sozialistischen Gewerkschafter Von den Konkurrenten des früheren Betriebsinhabers war für eine Sanierung nicht allzuviel Konstruktives zu er- warten, zi viele Kräfte waren an einer »Flurbereinigung des Marktes«, die Süßwa- renbranche weist extreme Konzentrat: o fl ste nde nze n auf, durchaus nicht uninte- ressiert. So blieb es den Ar- beitnehmervertretern vorbe- Bertl Kazelor: «Wir haben es er- lebt: Die Sozialistischen Gewerk- schafter sichern die Arbeitsplätze nicht auf Plakaten, sondern dort, wo's wirklich brennt!« halten, in zähen Verhandlun- gen mit dem deutschen Schokoladekonzern »Ritter- Sport« eine Einigung zu fin- den. Die Sanierung ist gelun- gen und ru-ide 100 Arbeit- nehmer, da-unter sehr viele ältere Frauei, konnten ihren Arbeitsplatz behalten. »Nicht auszudenken, wenn nicht Präsident Gruber und die Sozialislischen Gewerk- schafter in der Arbeiterkam- mer das Sagen hätten« sieht Bertl Kazelor keinen Grund für einen Wechsel bei den nächsten AK-Wahlen. »Sie waren es, die mit ungeheu- rem Einsatz für jeden Ar- beitsplatz gekämpft haben. Vom OAAB habe ich in un- serem Betrieb jedenfalls kei- nen gesehe -!.« Wir sichern die Arbeitsplätze in Tirol! Liste 1 Wir beraten jeden Arbeitnehmer unabhängig und erfolgreich! h lb
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