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Schloß Münichau vor dem Brand im Sommer 1914. Seite 14 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 9. März 1985 Schloß Münichau Chronik eines 500 Jahre alten Edelsitzes Nacherzählt von Sepp Ebelseder, Stern-Redakteur, Hamburg - II. Teil Hier folgt der Autor den Aufzeichnun- gen von Hofrat Dr. Eder: »Vierzig Reiter mit Geschütz und den Landfahnen der Gerichte Kling und Was- serburg zogen unter Hauptmann Peter Gall am ersten Sonntage des Jahres 1530 vor Schloß Aschau und verlangten von Onophrius von Freiberg die Auslieferung seiner vom Glauben abgefallenen Frau; sie war jedoch bereits aus dem Schlosse entwichen. Herzog Wilhelm schrieb nun anfangs Februar des Jahres 1530 an die ti- rolische Regierung, die nötigen Maßnah- men zu treffen, um die Sektiererin, die ih- ren Mann in Aschau verlassen habe und auf ihr Schloß Münichau geflohen sei, da- selbst gefangen zu nehmen. Die tirolische Regierung, die in jener Zeit ihre Haupttä- tigkeit der A ufspürung der Wiedertäufer zuwandte, deren sie in den Jahren 1528 und 1529 zu Kitzbü heI allein 66 hinrichten und verbrennen ließ, säumte nicht und schickte am 12. Februar eigens den Unter- marschall Erasmus Offenhauser - Un- termarschall war damals der stolzklingen- de Titelfür einen ganz gewöhnlichen Poli- zeibüttel - an den Stadt- und Landrich- ter in Kitzbühel mit dem Auftrag, Schloß Münichau zu besetzen und die »Freiber- gerin« zu verhaften. Die Nachforschun- gen in Münichau waren allerdings vergeb- lich, doch erfuhr man, daß die Übeltäte- rin nach Eppan in Südtirol geflohen sei; infolgedessen wurde der Pfleger zu Alten- burg, Karl Fuchs zu Hocheppan, mit ihrer Aufspürung und Gefangennahme betraut. Inzwischen war diese Sache auch dem Kö- nig Ferdinand mitgeteilt worden, welcher in einem Schreiben aus Prag vom 3. April 1530 die Güter der Freibergerin in Tirol nach den bestehenden Verordnungen ge- gen Sektierer als der Krone verfallen er- klärte und die tirolische Regierung mit der Einziehung der Güter zu seinen Handen beauftragte. Infolgedessen erließ die Re- gierung am 19. April 1530 ein offenes Mandat an Onophrius von Freiberg, an seine flüchtige Frau, an alle Verwandten, Gläubiger und alle, die Ansprache oder Forderung an die Sektiererin hätten, mit dem Auftrag, sich am 20. Juni 1530 bei der Regierung in Innsbruck einzufinden. Außerdem wurde der Richter von Kitzbü- hel beauftragt, alle Güter der Flüchtigen zu inventarisieren. Doch zum endgiltigen Verluste des Schlosses sollte es nicht kom- men: Die Söhne der Helene von Freiberg und andere der Familie nahestehende Ver- wandte, darunter auch Kardinal Bernhard von Cles von Trient, baten den König um Rücknahme der Konfiskation; dieser ließ sich durch ihre Bitten erweichen und be- auftragte die tirolische Regierung mit Schreiben vom 18. Juni 1530 aus Augs- burg, das Schloß Münichau samt allen zu- gehörigen Gütern den Söhnen der noch immer flüchtigen Helena von Freiberg wieder erfolgen und zustellen zu lassen und »gnedigcklich zu schencken«. Die ei- gentliche Beurkundung dieses Gnadenak- tes oder wie es hieß »Donation und Ent- schlagbrief um Münichau« stellte König Ferdinand am 1. Juli desselben Jahres aus. Zwei Jahre später wurde Helene von Freiberg begnadigt, jedoch verhalten, ih- ren Irrglauben öffentlich zu widerrufen. Dazu war sie allerdings nicht zu bewegen,- im ewegen; im Oktober 1534 wurde ihr der öffentli- che Widerruf erlassen; sie erklärte dann endlich vor dem Delegaten der tirolischen Regierung zu Innsbruck, von ihrem Irr- glauben abzustehen. Nun durfte sie wie- der nach Aschau, um dortselbst bei ihrem Manne die letzten Tage ihres Lebens zu beschließen.« Helene, die letzte Münichauerin, ver- erbte Schloß Münichau ihren Söhnen Pankratz und Christoph Georg von Frei- berg. Die Erben der streitbaren Münich- auerin zeigten am Schloß freilich wenig Der Autor: Sepp Ebe!sedr, Stern- Redakteur, Hamburg, Buchautor, wohnhaft ?n St. Florian, Oberöster- reich, seit 1974 Gast im Schloßhotel Münichau. Freund der Familie Hans Harisch und eifriger Benutzer der Sonnenloipen von Reith. Interesse. Ausgenommen zur Jagd, hiel- ten sie sich dort kaum auf. Schließlich verkauften sie den Familienbesitz am 8. Juli 1538 an den Ritter Mathäus Lang, Rat der Königlichen Majestät und Regent zu Innsbruck, und dessen Brüder für 7500 rheinische Gulden. Die Langs waren ein angesehenes Adels- geschlecht weit über I<itzbühel hinaus. Deren Vetter, Mathäus Lang von Wellen- berg, war einer der bedeutendsten Män- ner im Kreis um Kaiser Maximilian 1. Als Sohn eines verarmten Augsburger Patri- ziers um 1468 geboren, studierte er an den Universitäten in Ingclstadt, Tüb:ngen und Wien. Der tüchtige Studiosus machte schließlich in Wien eine glänzende Karrie- re als Diplomat und Finanzberater Kaiser Maximilians. Schließlich wurde er Bischof, Kardinal (1512) und vier Jahre später Erz- bischof von Salzburg. Dort residierte er bis zu seinem Tode im Jahre 1540. Kurz vor seinem Ende besuchte er das Schloß Münichau und weihte die Schloß- kapelle neu. Als das Geschlecht der Langs ausstarb, fiel das Schloß mit seinen Ländereien gleich an sielen Erben. Von ihnen zeigte lediglich der fürstbischöflich-salzburgi- sche Rat Siegmund von Lamberg an Mü- nichau Interesse. Er trug den Titel Sieg- mund Freiherr zu Ortenegg und Otter- stein. 1579 zog Siegmund in die älteste Stadt Österreichs ob der Enns (Laurea- cum). Zehn Jahre später wude er Lan- deshauptmann zu Linz und Landmarschall von Niederösterreich. In erster Ehe war Siegmund mit Leono- ra Siguna Sidonia Fugger verheirate:, der Stammutter der Kitzbüheler »Lamberge«.
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