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Samstag, 25. Mai 1985 Kitzbüheler Anzeiger Seite 11 Im Sog der Begehrlichkeit: »Ich bin der erste Tyrann, der den ent- scheidenden Fehler« - gemeint ist das Verbot offener Rede - »nicht mehr wie- derholt«, läßt Hans Berger in seinem Stück »Spiel um die Macht«, ursprüngli- cher Titel »Herodes«, diesen sagen und gibt damit den Grundton für sein, letzt- lich des Autors Verhältnis zu den Mächti- gen, an, und es ist, wie mir scheint, ein sehr realistischer Standpunkt, der hier ge- genüber jeder Art von Herrschen, sprich Tragen von politischer Verantwortung, eingenommen wird; denn die Macht, wel- che dieser Herodes - es soll ja nicht der historische sein, eher eine Art Jedermann unter den Tyrannen - verkörpert, schmeckt ihm ohnedies selbst bitter genug auf der Zunge. Er, Herodes, gibt sich nir- gends im Stück blasiert oder hochnäsig; vielmehr läßt er z. B. Jochanan (Johannes d. T.) sein, was er nun einmal ist. Ja, ihm, der das jüdische Volk verkörpert, wird so- gar ein Höchstmaß an Begabung - es ist von Weisheit die Rede! - attestiert, und in diesem Sinne ist Jochanan durchge- zeichnet: ein Prophet, der den Tetrarchen mit Offenheit und Konsequenz regelrecht überfährt, freilich »klug wie eine Schlan- ge«, vorerst, Achtung übend (es ist tat- sächlich erstaunlich, was dieser Herodes zu schlucken bereit ist, und hierin ergibt sich gewiß keine historische Kongruenz - was ja auch nicht gemeint ist; ebenso we- nig, wie Schillers »Teil« historisch sein will, und wäre nicht die Sache mit dem vertrackten Wunsch Salomes nach dem Kopf Jochanans - sie, zutiefst gekränkt, verletzt in ihrer Eitelkeit, und dies ent- behrt erst recht der Historizität (Salome kann den Propheten trotz Aufbietung all ihrer Verführungskünste nicht zu Fall bringen)...; wäre also nicht diese drängen- de Forderung da, Herodes könnte gerade- zu dessen Anhänger werden, was ihm Sa- lome übrigens einmal grob an den Kopf wirft: »Ich höre« (aus dir) »den Prophe- ten!« Überhaupt die Art, wie Herodes die Dinge und sich selbst sieht, eher etwas Austarierendes, vielleicht sogar »Dazwi- schenliegendes«; jedenfalls so lange, bis er dem verführerischen Ansturm Salomes (die Sinnlichkeit, seine große Schwäche!) nicht mehr zu widerstehen vermag. Aber er verstößt sie letzten Endes, und Salome übernimmt, nachdem der Tetrarch noch immer zögert, auf eigene Faust die Funk- tion des Henkers. Ihm Herodes, »graut vor ihr«, um mit Goethe zu reden. Das Dilemma, in welchem er steht, ist eindrucksvoll durchkomponiert. Er, nicht Jochanan, ist Protagonist - eine eher sympathische Figur ohne jedes Klischee: Weder politisch, noch soziologisch noch psychologisch. Nein, »akademisch«, wie ein Kritiker anläßlich der Uraufführung schrieb, ist das Stück gewiß nicht! Berger versteht es, geprägte, in sich geschlossene, andererseits aber doch offene Typen auf die Bühne zu stellen. Nur Salome ist ich- besessen und damit verkapselt - was sie ja, gemäß ihrer Rolle, sein muß. Die Sprache ist reich an treffenden Meta- phern, ohne mit solchen überfrachtet zu sein; die Spannung steigert sich konse- quent bis zum Beklemmenden hin. Sehr gescheite Dialoge - z. B. im dritten Bild... Es gibt »Explosionen« (Jochanan zu Herodes: »Du wirst die Hölle noch in diesem Leben schauen«). Man denke auch an den wirkungsvollen Gegensatz zwischen dem erotischen Spiel Salomes mit Herodes einerseits (sie hat ihn endlich so weit!) und den parallel dazu vorge- brachten schweren Anwürfen Jochanans gegen den Lebenswandel des Tetrarchen andererseits. Im Grunde kämpft Herodes trotz aller Schwächen bis zum Schluß für das Recht (auf Leben) und gegen das Un- recht, wenn auch schließlich der Despot in ihm die Oberhand gewinnt - unsympa- thisch: »Wer die Macht hat, verflucht sei- ne Gegner nicht; er tötet sie.« (Schluß- satz!) Jemand sagte, es kolbenheyere, nietz- schte und schopenhauere ihm zu viel in diesem Berger-Stück. Das sei gefährlich; davor hätte er Angst... Ich hab' sie auch - soweit dies wirklich drin steckt! Aber ich glaube nicht so recht oder doch nur bedingt daran; selbst dann nicht, wenn dies tatsächlich Absicht des Autors sein sollte. (Das Begleitheft spräche sogar da- für, zumindest was Kolbenheyer betrifft.) Vielmehr scheint mir das ganze - und dies schrieb ich schon vor Jahren bzgl. Hans Berger - ein Versuch der Sublimie- rung des (politisch) Vergangenen, und dies darf auch jetzt herausgestrichen wer- den - nämlich das Bemühen um Aufar- beitung, im vorgegebenen Fall vor allem die Ehrlichkeit, mit welcher der Autor sich dem Fragenkomplex »Macht« stellt. Monika Eigelsreiter spielte eine beacht- liche Salome - eindringlich, sinnlich be- tont, intrigant, böse. Werner Kirschner als Jochanan eroberte sich - seine Rolle ist unsympathisch - im Handumdrehen das Publikum und bewies Strahlkraft. Hans Berger, Leiter der Studiobühne, in der Rolle des Herodes: Ihn hat man in Kitzbühel noch nie so überzeugend erlebt. Eberhard Schüffl - er stellte den Sklaven Gamelos dar -‚ lobenswert in der ange- nehmen Einfachheit. Sehr passend die Musik von Horst Wichmann (Soloflöte), akzentuiert geboten von Gerlinde Knof- lach. Wohltuend schließlich die Unauf- dringlichkeit (nur zwei Requisiten) und der Kostüme (Almut Egg-Blumenthal). Ein erfreulicher Abend! Hugo Bonatti Streiflichter Das Großreinemachen unserer herrli- chen Umgebung durch die verschiedenen Vereine am Umweltschutztag hat sich in den letzten Jahren ausgezeichnet bewährt. Nicht nur unsere schöne Bezirksstadt, sondern auch die umliegenden Bereiche unserer großen Gemeinde werden durch die verschiedenen Vereine in Einsatzberei- chen gesäubert. Auch der Kitzbüheler Skiclub beteiligt sich immer an dieser gu- ten Sache und der gesamte Vorstand und Ausschuß versammelt sich an diesem Ta- ge auf dem Hahnenkamm, um die Ab- fahrtsstrecke wieder einigermaßen auf Hochglanz zu bringen. Der KSC verbin- det mit der Säuberung dieses sehr großen Bereiches immer eine Begehung und da- mit eine Inspizierung der Rennstrecke. Da von der FIS in Bezug auf Sicherheit der Rennläufer immer wieder neue Aufla- gen zur Verbesserung gemacht werden. Da heuer auf dem Hahnenkamm durch die verspäteten Schneefälle in den letzten Apriltagen noch relativ viel Schnee liegt und nur einzelne tiefer gelegene Teile aus- geapert sind, hat der Skiclub beschlossen, diese Säuberungsaktion um mindestens einen Monat zu verschieben. Ein genaues Datum wird bei der heutigen ARGE-Sit- zung am 21. Mai festgelegt. Zu einer sehr beliebten Veranstaltung hat sich nun schon das »Sonnwendfeuer- brennen am Hahnenkamm« am 22. Juni entwickelt. Ganz besonders beliebt ist die- ses wirklich gesellige Beisammensein je- doch eigentlich bei unseren ausländischen Clubmitgliedern des KSC geworden. Die Kitzbüheler selbst scheinen jedoch immer noch nicht zu schätzen, wie sehr sich die Vereinsleitung bemüht, dieses kleine, net- te, gemütliche Zusammensein zu einem Fest der KSC-Familie zu machen. Obwohl die Auf- und Rückfahrt zum Hahnen- kamm, Freibier und Würstl geboten wer- den, und immer eine zünftige Musik zum Tanz aufspielt, kommen eigentlich Jahr für Jahr nur dieselben Leute, was uns vom KSC eigentlich traurig stimmt. Wie sehr jedoch dieses Sonnwendfeuerbren- nen und das damit verbundene Zusam- mensein mit den Freunden des Kitzbühe- ler Skiclubs im Ausland ankommt, zeigt die Bitte eines Schweizer FIS-Mitgliedes, das uns gebeten hat, für heuer alle Tech- nischen Delegierten des Hahnenkamm- rennens und bestimmte FIS-Mitglieder zu diesem einfachen Fest zu laden, da diese den Wunsch geäußert haben, einmal zu diesem Zeitpunkt nach Kitzbühel zu kom- men. Zieht man das große Interesse dieser Leute in Betracht und die große Freude, die sie an diesen Abenden entwickeln, würden wir vom KSC uns nur wünschen, wenn wir beim »Feuerlbrennen 1985« be- sonders viele einheimische Mitglieder und Freunde des KSC auf dem Hahnenkamm begrüßen könnten. H.S.G. Zur Aufführung von Hans Bergers Stück »Spiel um die Macht« durch die Studiobühne an der Universität Innsbruck (17. Mai 1985, Kolpingsaal Kitzbühel)
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