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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 14. September 1985 Kitzbüheler Wandertip\ Abfahrt von der Ahn Der Herbst zieht ins Land. Die Berg- wanderer stellen fest, daß es auf den Ber- gen einsam wird, weil die Almen in diesen Tagen durchwegs verlassen werden. Von den Seilbahnen und Liften sind nach dem 15. September im Bereich Kitzbühel— Kirchberg nur noch die Hahnenkamm- bahn, die Kitzbüheler Hornbahnen und der Sessellift Gaisberg in Betrieb. Der große Volkskundler Rudolf Sinwel (gestorben 1947) hat in den von ihm be- gründeten »Tiroler Heimatblättern« im Jahre 1938 den Almabtrieb beschrieben, wie er seinerzeit in Kufstein war. Wir fol- gen seinen Ausführungen. »Almküah kemm'n!« Wenn wir Kuf- steiner Schulbuben dies hörten, da hätte uns nicht das unterhaltlichste Spiel und nicht die dringendste Schulaufgabe abzu- halten vermocht, mit dem Jubelrufe »Almküah! Almküah! « über die Stiegen hinabzusetzen und dem abziehenden Almvieh entgegenzugehen oder es wenig- stens auf der Gasse zu erwarten. Aus allen Häusern eilte es herbei; Weiber und Kin- der stellten sich vor den Türen auf, die Mütter mit dem Kleinsten auf dem Arme, im Hintergrunde die Männer, hemdärme- lig und im Arbeitsschurz, die Pfeife im Munde, pechig, rußig, schmutzig, wie sie eben gerade aus der Werkstatt kamen. Al- les lauschte und schaute in spannungsvol- ler Erwartung den Kommenden entgegen. Immer lauter ertönte das harmonische Geläute, durch das sie von weitem ankün- digten, jenes ganz eigenartige, den festli- chen Almzug kennzeichnende Gemische von hellen Glockentönen und dumpfen Klängen der bis zu Riesengrößen vertrete- nen »Klumpern«. Und richtig! Nun bie- gen sie auch schon um die Ecken! Kräfti- ger erklingt plötzlich die stattliche Glocke oder Klumper der den Zug eröffnenden Leitkuh oder »Hagmoarin« und man sieht weithin ihren mächtigen Kopfputz, einen mit bunten Bändern und allerlei Flitterzeug behangenen Taxboschen von ein bis zwei Meter Höhe, sich feierlich im Ktzbübekr JInzeiger Impressum Verleger: Kitzbüheler Anzeiger Gesellschaft m.b.H., Kitzbühel, Schlossergasse 10 - auch Inhaber und Herausgeber. Verlags- Ort: Kitzbühel, Herstellungsort: Wörgl. Hersteller: Druckhaus Wörgl, Alfred Burg- stauer, Wörgl, Peter-Rosegger-Straße 3, Redaktion: Chefredakteur Martin Wörgöt- ter, Kitzbühel, Hinterstadt 17, Tel. 053 56/ 2236; Redakteur Engelbert Opperer, Kitz- bühel, Schlossergasse 10, Tel. 053 56/25 76. Takte des nickenden Kopfes bewegen. Und immer mehr schwillt das Geläute an, immer dichter drängen sich die bewimpel- ten Bäume die larvenüberzogenen, kranz- geschmückten Tierköpfe und immer deut- licher vernimmt man die antreibenden Zurufe und Geißelschnalzer der Almer, das Muhen, Mähen, Meckern der Tiere und dies alles vereinigt sich zu einem fes- selnden, fast sinnberückenden Klang- und Farbengewoge, aus dem dann und wann noch ein in den Stirnspiegeln der Kopflar- ven zurückgeworfener Sonnenstrahl auf- blitzt oder der übermütige Juchezer des Küahbub'n herausschallt. Voran schritt gewöhnlich der Senner in »Knospen«, Wadelstutzen und kurzer Lederhose, mit der die an der Brust offene Pfoad an Schwärze fast wetteiferte. Das Gesicht glänzte ihm unter dem verwitterten, blu- men- und federngeschmückten Hütl vor Glück und Stolz wie Butter in der Sonne - heute ist ja sein Ehrentag! - und wäh- rend er mit der einen Hand einen, manch- mal kunstvoll geschnitzten und blumen- verzierten Stecken trug, schwang er in der anderen eine buntbemalte, mit färbigem Bande umwundene Schnapsflasche, die er den Manderleuten im Umstande freund- lich zum Trunke bot. Gleichzeitig verteilte die sauber herausgeschwanzte Sennerin in kurzen, spitzenbesetzten Hemdärmeln und auf dem Kopf das sogenannte »Geinzl« oder »Brixentaler Hütl« mit lu- stig wachelnder Huifeder, geschäftig hin und her eilend, unter den Kindern und Weiberleuten mit vollen Händen soge- nannte »Almnüßl«, ein haselnußgroßes Schmalzgebäck, das sie in der aufgeraff- ten Schürze mit sich trug. Mit wohlbe- wußter Würde schritt, tonangebend für das Ganze, die Leitkuh voran. Sie ver- dankte ihren Rang ihrem Alter oder Milchreichtum und wachte eifersüchtig darüber, daß ihr kein anderes zuvorkom- me, alle, die den Versuch machten, mit ih- rem Horn bedrohend. Sie trug den präch- tigsten Kopfputz, den größten mittels ei- nes eigenen Gestänges getragenen Bo- schen, die kunstvollste Larve aus Gold- stoff oder -papier mit einem Spiegel oder Heiligenbild in der Mitte, und ums Ge- hörn den sorgfältigst aus Taxen, Almro- sengrün oder Moos, Beeren und Natur- oder Kunstblumen geflochtenen Kranz, die volltönendste Glocke, den breitesten reichstbestickten Glockriemen, von bunt- färbigen »Wollwaudeln« dicht umsäumt. Ihr folgen die anderen Milchkühe, alle, je nach ihrer »Bravheit« abgestuft, in ähnli- cher Weise wie die Leitkuh geschmückt; das Galtvieh und die Kälber trugen ge- wöhnlich nur mehr Kränze auf dem Kopf oder statt der Glocke um den Hals. Für ei- nen kunstvolleren Schmuck wären sie bei ihrer Lebhaftigkeit und Ungeschicklich- keit, mit der sie an jeden grünen Fleck oder Strauch zu schnuppern, in jede offe- ne Hof- oder Stalltür neugierig hineinzu- schauen und in jede Seitengasse auszurei- ßen und oft untereinander zu raufen ha- ben, nicht geeignet. Ganz ungeschmückt war in der Regel kein Tier, auch das zu- letzt nachtrettelnde Kuntervieh, die Zie- gen und Schafe, nicht. Eine sonderbare Rolle spielten die Stiere, wenn solche dar- unter waren. Im Gegensatze zum Brauch im Salzburgischen und im Berchtesgadner Land, wo die Stiere ganz besonders prächtig herausgeputzt sind und um den ganzen Körper ein zopfartiges Gewinde aus Lärchenästchen und gefärbten Holz- rosen tragen, waren sie wenig geschmückt oder geradezu mit einer komischen Rolle bedacht. Namentlich mit Jungstieren er- laubte man sich gerne allerlei Späße. Der eine trug auf seinem Kopf einen alten, recht heruntergekommenen Melcherhut, ein anderer um den Hals anstatt der Glok- ke ein Paar »Knospen«, zuweilen war ihm wohl gar eine Reiterpuppe auf den Rük- ken gebunden, so daß sein Erscheinen al- lenthalben mit lautem Lachen begrüßt wurde. Hintnach kam noch die »Alm- fuhr« daher gepoltert und »geschebert«, ein roßbespanntes, meist vom Almbesit- zer selbst geführtes Wägelchen mit dem letzten Almnutzen, den Milchgeräten, dem Koch- und Eßgeschirr und den weni- gen Habseligkeiten der Almerleute, woge- gen der große kupferne Kaskessel auf der Alm und mit dieser dem Schutze der Alm- geister überlassen bliel. Wenn die spukhaft prächtige und flüchtige Erscheinung vorüber und schon in der Ferne verhallt war, standen die Leute in freudig gehobener Stimmung noch immer beisammen und lobten den schönen Aufzug und das gute Aussehen des Viehes und gönnten dem Bauern sein Almglück von Herzen und die Hausfrau- en raunten es sich zu, daß nun eine billige Zeit für Milch und Butter und Fleisch komme. Wir Buben aber waren dem Zuge nachgelaufen, um ihn auf Abkürzungswe- gen noch so oft als möglich abzuschnei- den und noch einige Handvoll der lecke- ren Almnüßl zu erhaschen. Erinnerung an die schöne Kärntner-Fahrt Wie wir uns damals im April 1985 ver- sprochen haben, alle im Herbst wieder zu fahren. Es ist wieder jeder herzlich einge- laden. Zusteigmöglichkeiten ab Hechen- moos—Aurach um 7.15 Uhr. Dann nach der Reihe, wo jemand gerade zusteigen will. Bitte, bei der Anmeldung angeben und auch gleich sagen, wo am Abend je- mand nach Hause gebracht werden will, wie iin Frühjahr. Die Fahrt geht in Richtung Oberndorf - St. Johann - Fieberbrunn - Hochkö- nig - Annaberg - Hallstadt - Bad Ischl - St. Wolfgang - Fuschlsee - Salzburg - Lofer - Kitzbühel. Die Fahrt ist am Samstag, den 21. Sep- tember 1985. Diese schöne Rundfahrt ko- stet 250 Schilling. Jetzt bitten wir noch den hl. Petrus um schönes Wetter. Anmeldungen bei der Firma Toni Ma- riacher, persönlich oder Tel.-Nr. 05356/ 2517. Auf die nette Gemeinschaftsfahrt freut sich wieder von Herzen - Thresei!
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