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Ironisch auch katholische und evangelische Kirche genannt. Seite 25 Auch Bürgermeister Hans Brettauer sieht diese neue Anlage sehr positiv: »Wir mußten in diesem Falle einmal den Mut haben, ein wenig anders zu bauen und zwar deshalb: Auf der einen Seite ist das schloßartige »Lukasbühel« und auf der anderen das jugendstilähnliche Hotel »Bellevue«. Dazwischen hinein eines der üblichen 08/15-Siedlungshäuser zu stel- len, wäre nicht richtig gewesen. Auch der Architekt war der Meinung, hier einen reinen Tiroler Stil hinzubauen, wäre falsch, man müßte etwas neues probieren. Der Vorschlag hat uns gefallen, und er wurde genehmigt.« Es wurde auch darauf Rücksicht ge- nommen, daß das Land Tirol die verdich- tete Bauweise verlangt. Wenn mit dem Grund sparsam umgegangen wird, dann gibt es auch mehr Förderungsmittel. Bür- germeister Brettauer abschließend: »Ar - chitekt Obermoser hat ein gutes Projekt gemacht, und es wurde ein gelungener Versuch, daß man eine Siedlung nicht so monoton hinstellen muß, wie es in den letzten Jahrzehnten immer wieder gesche. hen ist. Wir haben den Mut gehabt, es zu genehmigen, und es wurde von der Wohn- qualität her die mit Abstand bisher schön- ste Siedlung.« Die Wohnqualität wird auch von den Mietern durchwegs als hervorragend be- zeichnet. Weniger einverstanden ist dage- gen der »Mann auf der Straße« mit der Außenansicht. Wir unterhielten uns dar - über mit Frau Marianne Neumayr, in de- ren Trafik direkt gegenüber wohl kaum ein Tag verging, an dem nicht über den Bau gesprochen wurde: »Die Reaktionen der Leute waren anfangs durchwegs nega- tiv, alle waren überrascht über diese Bau- weise und viele auch empört. Mit zuneh- mender Fertigstellung wurden jedoch die Reaktionen der umliegenden Bewohner immer positiver, und heute finden die Häuser bei den Einheimischen durchwegs Gefallen.« Nicht so jedoch bei den Gä- sten. »Ob aus Deutschland oder aus Wien, die schimpfen noch heute darüber, daß man in Kitzbühel so etwas bauen läßt.« Sehr positiv dagegen wurde das Bau- werk im Heft »Wohnbau« des Bundesmi- nisteriums für Bauten und Technik benz- teilt: »Der junge Architekt wartete nicht nur mit landschaftsgegebener Gliederung der Gesamtanlage, sondern auch mit lie- bevollen Details auf. Gesimse, Rundbö- gen, Veranden bilden sich aus der Wieder- aufnahme Alt-Kitzbüheler Bauten, einige Zeltdach-, Giebel- und Vorbautenformen finden in einer nahegelegenen Südtiroler Siedlung ihr historisches Gegenüber.« Wir fragten abschließend Bürgermei- ster Brettauer, ob dieser Baustil nun in Kitzbühel Folgewirkungen haben wird. »Nein, das glaube ich nicht, denn man kann ja nicht auf jeden Platz die gleichen Häuser hinstellen, dies hängt von der Landschaft und Umgebung ab. Ein Land- haus hat bei uns eine gewisse Form, aber bei den Siedlungsbauten soll man von dem eintönigen Stil abkommen.« 5 Juli 1986 Kitzhiiheler Anzeiger Die »Knusperhäuschen« am Bichinweg Wie kam es zu dieser eigenartigen Siedlungsanlage • Steht in Kitzbühel eine Wende im Siedlungsbau bevor • Wir befragten die zuständigen Stellen Kaum ein Neubau in den letzten Jahren wurde so viel kritisiert wie die neue Wohn- anlage der »Neuen Heimat« am Bichinweg. Man ist hier von dem sogenannten »Leder- hosenstil« abgegangen und hat mehr »Architektur im Detail« geschaffen. Wenn auch vielfach begrüßt wird, daß man endlich einmal von dem kasernenmäßigen Stil der Sied- lungshäuser abgekommen ist, so wird andererseits kritisiert, daß ausgerechnet die Stadtgemeinde Kitzbühel - sie hat das Verfügungsrecht über die Wohnungsvergabe - so etwas bauen läßt, wo gerade diese sonst alles verbietet, was nicht das übliche Giebel- dach aufweist. Auf dem im Besitze der gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft »Neue Heimat Tirol« befindlichen Grund- stück am Bichinweg sollte nach einem be- reits bestehenden Baubescheid ein vierge- schoßiges Wohnobjekt gebaut werden. Nun wurde der junge, aus Waidring stam- mende Architekt/Dipl.-Ing. Johann Ober- moser beauftragt, für diesen Platz ein neues Projekt zu erstellen. Nach einer Be- sichtigung an Ort und Stelle projektierte er eine Wohnanlage mit folgender offi- ziellen Beschreibung: »Die sechs untereinander zusammen- hängenden Einzelhäuser bilden zwei von der Straße abgeschirmte Innenhöfe, die als ungezwungener Freizeit- und Kommu- nikationsraum konzipiert wurden. Die Häuser sind unterirdisch durch eine ge- meinsame Tiefgarage verbunden, Durch das Gesamtprojekt entstand eine neue Straßenfront, welche die bestehenden Be- bauungsgebiete miteinander in harmoni- scher Form verbindet. Eine Serie gestalte- rischer Details fördert den Eindruck be- scheidener Einpassung in das vorhandene Ortsbild. Die verschiedenen Dachformen, Gesimse, Fenster, Rundbögen und Veran- den entstanden aus der Wiederaufnahme alter Kitzbüheler Baudetails und finden in der nahegelegenen Südtiroler Siedlung und dem angrenzenden Hotelbau ihr hi- storisches Gegenüber. Um die Individua- lität zu steigern, wurden die einzelnen Häuser verschiedenfärbig gestaltet, die teilweise grellen Farben sollen die Fröh- lichkeit und Heiterkeit der Bewohner wi- derspiegeln. « Dazu Architekt Obermoser: »Ich habe mir das Gelände und die Umgebung ange- schaut, einige Skizzen gemacht und meine Vorschläge dem Stadtbaumeister unter- breitet. Ich habe dabei die gegenüberlie- gende Siedlung und die beiden angrenzen- den historischen Bauwerke berücksich- tigt. Die Addition der bestehenden Bau- ten war die Grundlage für meine Planung. Nach mehreren Besprechungen im Stadt- bauamt und einigen Anderungen wurde das Projekt schließlich auch vom Bauaus- schuß genehmigt. Da auch die vorge- schriebenen Kosten eingehalten werden konnten, erhielt ich von der »Neuen Hei- mat« den Auftrag.«
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