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Antiaßritt in Westendorf 1984. Gedanken eines Pfarrers am Abend des Fronleichnamfestes (Antlaßfest - Antlaßritt) Samstag, 6. September 1986 Kitzbtheler Anzeiger Seite 35 Ist es richtig, wie wir heute Fronleich- nam (d.h. Herrenleib - lebendiger Leib Christi) feiern? Mit all dem Gepränge: ostbare Meßkleider aus vergangenen Jahrhunderten, Musik, Vereinen, Traci- ten ...‚ mit dem Leib Christi in der kos-L- « aren Monstranz - alles Prunk? Hat nicht Christus gesagt: :.Nehmt und eß:!«, und nicht »Nehmt und schaut mich an!«! Haben wir durch unser Fronleichnams- fest den Auftrag Christi verfehlt? Im Meßbuch steht: Hochfest des Leibes und Blutes Christi - Fronieichnam. Hier wird schon der Inhalt dieses Festes deutlicher: Es geht um die besonders fest- iche Feier des »Letzten Abencmahles«, das :n der Feier der hl. Messe Gegenwart und Wirklichkeit wird' Es geht um das Zeugnis des Glaubens an die Gegenwart Christi im BrDt und Wein, der Eucharistie als sein Leib und Blut. So ist es sicher richtig, einmal im Jahr dieses Zeugnis unseres Glaubens :r.. aller. Öffentlichkeit zu geben. Ich darf es noch deutlicher sagen: Es ist Auftrag »der Stun- de« in unserer. vorn anbrechenden Neuhei- dentum geprägten Zeit, auf die Gegenwart Christi in dieser Form hinzuweisen. Ch:i- stus ist ja in verschiedener Weise in unserer Welt präsent: In seinem Wort. im Mitmen- schen, in der Kirche im Tabernakel, in der Kirche als der Gemeinschaft aller Christen, in den Sakramenten, Es ist meiner Meinung nach auch rich- tig, daß jeder seine ganz persönliche Art des Glaubenszeugnisses und der Anbe- tung Gottes auf seine Weise zum Aus- druck bringt: Durch Musik, Lied, als Ver- einsmitglied usw. Diese meine Meinung fand ich auch bestätigt durch den Pfarrer, der in »Christ in der. Zeit« im Fernsehen am Fronleichnasfest gesprochen ha:. Auch Papst Johannes Paul II. sagte in sei- ner Fronleichnamspredigt: »Heute ist das Fest der Eucharistie. Die Kirche will hin- ausgehen auf die Straßen, um der ganzen Welt das zu verkünden, von dem sie jeden Tag lebt. Sie will alle sehen lassen, daß Christus in ihr lebt!« (L'Osservatore Ro- mano, Wochenausgabe in deutscher Sprach, 16. Jhrg., Nr. 23, 6. Juni 1986). Heuer ist die ätßere Feier des Festes im wahrsten Sinn des Wortes »ins Wasser« gefallen. So konnte die Prozession in un- serer Pfarre Wes:endorf nur zeichenhaft in der Kirche im Anschluß an die festliche Eucharistiefeier gehalten werden, was al- lerdings kein Nachteil war. Durch den Raum der Kirche kommt die Gemein- schaft der Mit feiernden noch viel besser zum Tragen, als dies im Freien möglich ist, obwohl wir einen sehr geeigneten Platz beim Musikpavillon haben. Der Antlaßritt wurde gehalten, weil da- bei das Wetter keine Rolle spielen darf. Als Pfarrer von Westendorf bin ich heuer zum vierten Male mitgeritten. Mir gefällt diese Art von Fronleichnamsprozession von Jahr zu Jahr besser, weil ich mir im- mer w:eder über den Sinn dieser Prozes- sion Gedanken mache - in derselben Weise, wie ich zu Beginn erwähnt habe. Was gefällt mir an dieser Fronleichnams- prozession zu Pferd? Diese Fronleich- namsprozession ist nicht irgend ein heid- nischer Flurrit: mit christlichem »Mäntel- chen. ..! !« Wahrscheinlich ist sie daraus entstanden, indem heidnischem Brauch- tum mit christlichen Ritten und Zeichnen der Fall ist. Das näher nachzuweisen, ist Aufgabe der Historiker und Liturgiker. Aus dieser Überlegung heraus bin ich der Überzeugung, daß christliche Bräuche heute nicht einfach abgeschafft - sofern sie unserem heutigen Empfinden noch ir- gendwie entsprechen - sondern der ur- sprüngliche Sinn wieder spürbar und er- lebbar gemacht werden soll. Deshalb ge- fällt mir der Antlaßritt immer mehr, weil icli spüre, daß dieses zentrale Ereignis - Jesus Christus gegenwärtig im Brot der Eucharistie - doch wieder zum Mittel- punkt wird! Wir Christen des Brixentales haben eine große und verantwortungsvolle Aufgabe, den Gästen unserer Gemeine den zentra- len Sinn des Antlaßrittes durch unser Ver- halten zu zeigen! Die Gäste, die während des Rittes die Straßen säumen, kommen aus den ver- schiedensten Ländern. Auch werden unter ihnen manche sein, die sich zu einem an- deren Glauben oder Weltanschauung be- kennen. Deshalb können sie nur durch unsere innere christliche Gesinnung, sichtbar im äußeren Verhalten (stilles Ste- hen, Kniebeuge und Kreuzzeichen, wenn der Priester mit dem Allerheiligsten vor- beireitet), erkennen und merken, daß es hier um ein religiöses Tun geht und nicht um eine folkloristische Veranstaltung. Bis zu diesem Ziel wird es noch viel Mü- he, persönlichen Einsatz und Besinnung brauchen. Besonders die Kinder werden wir stärker als bisher durch unser Wort und Beispiel in Schule, Familie und Kir- che dazu anleiten müssen! Was gefällt mir nicht? Es wird versucht, das so schöne, christ- liche Fest in der Fremdenverkehrsindu- strie zu vermarkten, wobei der Name des Festes nur als Aushängeschild und Deck- mantel für einen werbewirksamen Titel herhalten muß! Ich wäre froh, wenn das nicht stimmte. Deshalb meine Bitte an alle Verant- wortlichen für den Fremdenverkehr in un- seren Brixentaler Gemeinden: Helft mit, daß der wahre Sinn dieses Festes Mittel- punkt wird und bleibt! Nur in der Zusam- menarbeit auf ein gemeinsames Ziel hin, liegt letztlich der Erfolg, den sich alle Be- teiligten wünschen! Um zum Schluß zu kommen: Ich will damit nicht eine vollständige Ausdeutung und schon gar nicht eine umfassende dog- matische Erklärung über das Fronleich- namsfest geben. Es sind nur Gedanken eines Pfarrers am Abend des Fronleichnamsfestes. Pfarrer Gustav Leitner, Westendorf liii. 1 1 II II 1 111111 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 II Energie verwenden - nicht verschwenden iuiuiiuuu.uiuuuuuuuuuiiuuuuiuuuuuuiuuuui
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