Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 14 Kitzbuheler Anzeiger Samstag, 15. November 195 Zum Wirtschaftsbericht 1985/1986 vor dem hohen Tiroler Landtag Eine Standortbestimmung der Tiroler Wirtschaft, wie sie auf Grund der im Wirt- schaftsbericht dargestellten Daten und Fakten möglich sein soll, muß die vielen Möglichkeiten wirtschaftlicher Zusam- merihänge und Abläufe berücksichtigen. Wohl geben wirtschaftliche Kennzahlen einen ersten Uberblick über die Enwicklung im abgelaufenen Jahr, doch sagen diese Zahlen nicht alles aus. Wenn ich aber ein- gangs trotzdem auf zwei dieser Eckdaten verweise, so deshalb, weil sich die hervorra- gende Stellung der Tiroler Wirtschaft in- nerhalb der österreichischen Bundesländer hervorheben. Von den fünf wichtigsten wirtschaftspolitischen Zielgrößen (Wirt- schaftswachstum, Leistungsbilanz, Be- schäftigung bzw. Arbeitslosenrate, Budget- defizit und Inflationsrate) sind zwei von besonderer regionaler Bedeutung, nämlich das Wirtschaftswachstum und die Beschäf- tigung. Mit einem Wirtschaftswachstum von real 5,1 % und einem durchschnittli- chen Beschäftigungsplus von 1,1 Olo lag Ti- rol im Spitzenfeld der Bundesländer und er- heblich über dem Bundesdurchschnitt, dessen vergleichsbare Werte mit + 2,9 % bzw. + 0,6% angegeben werden. Das als se- riös zu bezeichnende Osterreichische Insti- tut für Wirtschaftsforschung kommentier- te in seinen Berichten diese Entwicklung mit den kurzen Feststellungen »Tirol hatte die mit Abstand günstigste Wirtschaftsent- wicklung unter allen Bundesländern« und »Die größte Dynamik entwickelt gegenwär- tig die Tiroler Wirtschaft, deren Beschäfti- gung jährlich um nicht ganz einen Prozent- punkt rascher wächst als im Bundesdurch- schnitt«. Wie groß der Vorsprung der Tiro- ler Wirtschaft gegenüber Gesamtösterreich mittlerweile geworden ist, wird dadurch be- legt, daß das nominelle Brutto-Inlandspro- dukt umgelegt auf die Einwohnerzahl in Ti- rol um 11,9% höher ist als der gesamtöster- reichische Durchschnitt. Wie schon erwähnt, genügt für eine wirt- schaftliche Standortbestimmung der Ver - gleich von Zielgrößen nicht. Was steckt nun hinter der seit Jahren nicht mehr verzeichneten Wachstumsrate der Tiroler Wirtschaft? Zweifellos ist hier an erster Stelle der sehr expansive sekundä- re Sektor zu nennen, in dem vor allem die Industrie mit einem realen Wachstum von 11,4% beeindrucken konnte. Aber auch die anderen Bereiche dieses Sektors wie das produzierende Gewerbe und die Produk- tionsbereiche der Bauwirtschaft konnten mit ansprechenden Ergebnissen aufwarten. Die wirtschaftliche Entwicklung des Dienstleistungssektors verlief insgesamt nicht so günstig und vor allem uneinheit- lich. So erfüllte beispielsweise der Fremden- verkehr nicht die in ihn gesetzten Erwartun- gen und verhinderte dadurch - so das Wifo - einen noch größeren Vorsprung der Wirtschaft Tirols. Der Rückgang der Uber- nachtungszahlen wirkte sich auf andere Wirtschaftsbereiche entsprechend dämp- fend aus. Der Handel hatte darüberhinaus noch darunter zu leiden, daß Reallohnzuwächse die Kaufkraft und in weiterer Folge Um- satzziffern nicht wie erhofft ansteigen- ließen. Besorgt muß man im tertiären Sektor nach wie vor um die Entwicklung der Bau- wirtschaft sein. Vor allem Auftragsmängel und Uberkapazitäten wirkten sich in diesem Bereich nachteilig aus, was beson- ders im Baugewerbe zu Einbußen beim Pro- duktionswert führte. Damit ist aber auch schon der einzige Bereich der gewerblichen Wirtschaft genannt - dazu kommt noch die Land- und Forstwirtschaft - der im Vergleich zu 1984 im Berichtsjahr kein wirt- schaftliches Wachstum aufzuweisen hatte. Auch wenn der Dienstleistungssektor hin- ter den Wachstumsraten des sekundären Sektors zurückblieb, so ist dennoch zu sa- gen, daß alle Dienstleistungsbereiche außer dem Baugewerbe trotz der manchmal fest- gestellten enttäuschenden Ergebnisse, wirt- schaftliche Zuwächse verzeichnen konn- ten, die zum Teil über den österreichischen Durchschnittswerten lagen. Gerade im Zusammenhang mit einem überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Wachstum muß aber eine Klarstellung ge- troffen werden: Wirtschaftswachstum ist nicht gleichzusetzen mit steigenden wirt- schaftlichen Erträgen, nötigenfalls kann Wirtschaftswachstum als eine Vorausset- zung dafür angesehen werden. Diese Tatsa- che wird uns tagtäglich vor Augen geführt. Wie kommt es sonst, daß trotz ansprechen- der Wachstumsrate in manchen Branchen die sich zusehends verschlechternde Er - tragslage beklagt wird, daß die Zahl der In- solvenzen im Steigen begriffen ist, daß Be- triebe zu wenig Eigenkapital haben, um zu investieren und innovatorisch tätig zu wer- den, und daß dadurch in immer stärkeren Maße Mittel aus der Wirtschaftsförderung beansprucht werden müssen. Auch wenn wir im Rahmen der Wirtschaftsförderung unsere Zielsetzungen immer wieder auf die geänderten wirtschaftlichen Voraussetzun- gen und Notwendigkeiten auslegen, und die Ergebnisse dieser Förderungsmaßnahmen in den meisten Fällen den gewünschten Er- folg gezeigt haben, wäre es mir lieber, wir könnten auf möglichst viele dieser Förde- rungsinstrumente verzichten. Und nun zur zweiten wichtigen wirt- schaftspolitiscen Zielgröße, der Beschäfti- gungsentwicklung. Lassen Sie mich diese Probleme einmal von der Angebotsseite her aufrollen, also von den jährlich zusätzlich in den Arbeitsmarkt einströmenden Ar- beitskräften. Tirol hat mit einem Angebots- zuwachs von 1,5 Wo neben Kärnten den höchsten Wert in Osterreich. Dieser Wert liegt bereits über den demographisch zu er - wartenden Zuwächsen. Der Arbeitskräftezuwachs, der nicht Landesrat Kom'nerza/,at C/ristjan Huber, mehr durch die Bevölkerungsentwirklung er1ärbar ist, hat seine wesentlichea Ursa- chen in der Zuwanderung vcn Arbeitskräf- ten und in der zunehmenden Erwerbsbetei- ligung, durch ile in hohem Maße verdeckte Arheitslosigei1 aufgelöst wurde. Nachdem nun die Nachfrage nach Ar- beitskräften seitens der Wirtschaft nicht das gesamte Angebot 1ewältigen konnte, mußte zwangläufig auch die Arbeitsiosig- ke:t zunehmen. So steht einem Beschäfti- gungsplus v•:'n 1,1 01c auch eine Anhebung der Arbeitslctsenrate auf 4,4 0/o gegenüber. In Tirol prägten zusätzlich die verlängerte saisonale Arbeitslosigke:t die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.- Ober die Tatsache der auch 1985 wiecer angestiegenen Arbeitslosi&keit k5nnen auch noch nie verzeichnete Beschäftigungs- höchstständ nicht hinwegtäuschen. lJnd gerade im Bereich der Arbeitslosig- keit sehe ich eiren wichtigen Ansatzpunkt für wirtschaftspolitische Maßnahmen der Zuanft, vor allem deshalb, weil immer mehr Jigendlictte von Arbeitslosigkeit be- troffen sind. Darf ich noch auf einen Sachverhalt hin- weisen, wie er sirh in Tircul entgegen der ge- sam:österreichischen Entwicklung dar- stellt. Gesamtösterreichisch war 1985 eine Verabschiedung von eir.em exportgetrage- nen zu einem heimisch getragenen Wirt- schaftswachstum feststeibar. Das wirkte sich auch in sinkenden Wachstumsraten im Export aus. Im Gegensatz dazu konnte Tirol de De- visenerlöse a.s Exportert noch steigern, was haLptsächlich auf die enormen Exportzi- wächse des produz:erenden Sektors, beson- ders der Industrie zurück zut'.ihren ist. Ein wesen:liches Bemühen des Wirt- schaftsberiches liegt darin, regionalwirt- schaftliche Entwicklungen n Tirol mög- lichs: .imfassend darzustellen. Gerade
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