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Der Peugeot 205 GTI des Teams MSC Kitzbü hei. Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 18. April 1987 Hochseilakte zwischen U- und FMu.sik Man hätte Vasseghi eine Stunde zuhören Toni Stricker in Kitzbtihel (10. April), dann das Oak-Park-River-Forest-Orchester (12. April) Von Hugo Bonatti Zwei Konzerte - sozusagen in »musikali- scher Randzone«, divergierend, wie nur über- haupt möglich, haben in der letzten Woche ge- wissermaßen das Abbröckeln der Saison an- gezeigt: Einmal der Auftritt Toni Strickers und seiner Leute, zum anderen das schon zur Tra- dition gewordene Gastspiel des »Oak-Park-Ri-. ver-Forest-Orchesers« (Illinois). Da Musikle- ben nicht ausschließlich E-Musik, also ernste, klassische, meint und auch nicht n u r hohe Qualität - schließlich haben das Sich- Bemühen, die Freude am Klang usw. ebenso Daseinsberechtigung, sollen beide Veranstal- tungen (weil eben gleichsam 'an der Periphe- rie') trotzdem besprochen sein: Das Stricker-Konzert könnte mit dem Ober- begriff »Musica Pannonica« umschrieben werden - was Harmonik und Melodik, Rhythmik und Agogik betrifft; freilich wurde dann der Rahmen durch iranische Original- musik gesprengt (s.u.!). Nun, als Freund nor- maler akustischer Verhältnisse ist man natür- lich nicht gerade entzückt, wenn sich auf dem Podium Lautsprecher-Ungetüme auftürmen und von hinten rote, gelbe und grüne Spots die Akteure einfärbeln. Ich meine, eine Geige wäre eigentlich Klanges genug; aber ... So stellten sich Auge und Ohr von vornherein nicht nur auf Virtuosität, sondern auch auf Show ein, und das ganze geriet dann auch ein Bei der Lavantaler Frühjahrsrallye (Euro- pameisterschaftslauf) war auch ein Team des MSC Kitzbühel dabei. Nach 232 Sonderprüfungskilometer bei schwierigsten Bedingungen wie Schnee, Re- gen und Eis betrug der Vorsprung des Kitzbü- heler Teams Nothdurfter/Tandes ganze 15 Se- kunden. Eine falsche Reifenwahl bei der wenig multimedial ...: Das Licht langsam zu- rückgedreht, das Podium zur Bühne umfunk- tioniert (Theater am Nichttheater) ... Stricker nimmt die Geige ans Kinn, streicht an ... Ve- verb-Effekt (künstlicher Nachhall) verleiht Tonverfremdung ... Dann öffnet sich das Bild zur Pußta. Zigeuner-Schwermut breitet sich fluidumartig über das Publikum— der Saal gesteckt voll!, und man vergißt für Augenblik- ke die gräßlichen »Loudspeaker«. Strickers Anliegen - er ist Burgenländer - heißt »Pannonien«, also das Gebiet zwi- schen Ostalpen, Karpaten und Dinarischem Gebirge - landschaftlich wie menschlich. Ti- tel wie »Erwachen des Neusiedler Sees« (Der Ruf!), »Wintersonne« (am See!), »Pannoni- scher Tanz« u.a. signalisieren dies. Worüber man bei Strickers Kompositionen freilich nicht hinwegsehen kann: Sie sind durch eine gewisse Gleichförmigkeit charakterisiert, nach einfachstem, gängigem Muster gebaut... Was nichts daran ändert, daß sein Spiel Poesie verströmt, sich andererseits aber viel in Ef- fekthascherei ergeht (das Schluchzen seiner Geige!). Da war man für die Intermezzi des ausgezeichneten Percussionisten Ismail Vas- segi bzw. Virtuosen auf einer Art persischen Hackbretts besonders dankbar. Was d e r aus dem Instrument zaubert?! Frappierend! vorletzten Sonderprüfung hätte dem Team bei- nahe noch den Sieg im Peugeot-205-GTI-Cup- Lauf gekostet. Punktestand nach zwei Läufen: 1. Nothdurfter, MSC Kitzbühel 13 Punkte Schrimpf, NO 13 Punkte 3. Freudenthaler, 00 12 Punkte mögen. Stricker versucht immer wieder, den Dar- bietungen geistige Weite zu verleihen - etwa, wenn er Heimito von Doderer zitiert, von wachsendem Land und damit wachsender Zeit spricht (»Hirtenmonolog«); aber die Umset- zung?! Natürlich ist er Virtuose auf seiner Gei- ge - egal, ob er sich in Zigeunerschleifern oder in künstlerischen Flageoletts ergeht. - Besondere Erwähnung verdient aber auch der Gitarrist Michael Hintersteininger. Mit ihm als Partner hat Stricker - neben Vasseghi - sicher einen Glücksfang getan. Das Publikum war naturgemäß ein anderes als gewohnt - ein mehr an U-Musik orientier- tes als an E-Musik interessiertes. - Hier also Routiniers der leichteren Muse; dort - das Oak-Park-River-Forest-Orchestra - eine Welt jugendlicher musikalischer Lai- en. High-School-Orchester ...‚ und es ist im- mer schön, wenn Jugend musiziert. Man legt von vornherein andere Maßstäbe an ... Wie sind doch die Amerikaner um all diese Ensem- bles - die Brass- und anderen Bands, die klei- nen bis Riesen-Chöre, die erwähnten Orche- ster - zu beneiden! Allerdings - und dies muß zu sagen erlaubt sein: Man hat das »Oak-Park-River-Forst-High-School-Sym phonie-Orchestra« (wer nur diesen schreckli- chen Wortbandwurm kreiert hat?!) schon bes- ser spielen hören. Da wurde falscher Ehrgeiz offenbar »mit Löffeln gegessen«. Einem doch nicht unerfahrenen Orchesterleiter wie John H. Wirtz sollte das nicht passieren! Manspielt die Dinge immerhin in Europa, sogar im Mu- sikland Osterreich. Ja, ein ausgesprochen ehr- süchtiges Programm: Aaron Coplands »Fanfa- re for the Common Man« - heikel, sehr heikel (wie Fanfaren zumeist). Man blies in die Roh- re, daß diese beinahe auskröpften. Dann 'Buckaroo Holiday' - ebenfalls Copland (aus »Rodeo«): Rhythmisch teils äußerst diffizil. Im übrigen ein glutvolles Stück Musik. Wei- ters Gershwin-Melodien (»The man 1 love«). Leonard Bernstein - »Selections from the West Side Story«. Sousas »Sternenbanner- marsch« durfte natürlich nicht fehlen ... Nach der Pause aber Dvoraks 8. Symphonie, G-Dur. Ja, und hier mußte wohl in besonderer Weise der Wille fürs Werk, sprich die Ausführung, stehen; denn wiederzuerkennen war diese prächtige, zu Unrecht viel weniger als die »Neue Welt« beliebte Symphonie streckenwei- se nicht. Man ließ sich's trotzdem gefallen und gar nicht so ungern; einfach deswegen, weil die Ungeniertheit der Amerikaner irgendwo so menschlich berührt. (Wenn sich's noch dazu um Jugendliche, teils fast noch Kinder, handelt?!). Da gähnte z.B. eine Flötistin so herzhaft mitten in die Symphonie hinein, daß sie ihre Flöte glattwegs quer in den Mund ge- bracht hätte. Nun, es war ja auch eine 'Flauta: traversa', eine Querflöte. - Ubrigens: Nur drei Sätze von vieren zu spielen, das schafft auch nur Amerika! (Warum eigentlich nicht? Zur Zeit Haydns, Beethovens war's üblich. Osterreich macht man damit freilich trotzdem keine Freude! Man hörte schließlich noch einen bei uns völlig unbekannten Rimsky-Korsakoff, näm- lich dessen »OsterOuvertüre« ein mit schönen Geigen-, Cello-, Flöten- und Posaunensoli Motorsportklub Kitzbühel
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