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_ '* lei d/ : Maiblasen beim Filzenbauer. Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 9. Mai 1987 Ein tolles Ensemble, ein tolles Programm Das Franz-Schubert-Quartett im 5. Jeunesse-Konzert der Reihe Ort: Dekanatssaal St. Johann, 28. April -- Von Hugo Bonatti Ja - und nochmals ja: Da muß doch der gute alte Haydn seine helle Freude gehabt ha- ben, nämlich mit diesem mozart'schen Opus KV 458, genannt »Jagdquartett« - dem 4. von sechs Quartetten, welche ihm zugeeignet sind; gewidmet nicht aus purer Freundschaft, sondern aus tiefer Verehrung für den »Vater der Wiener Klassik«. Die Leute vom Schubert- Quartett - Zwiauer (1. Violine), Thurmer (2. Violine), Pascher (Viola), Stadlmair (Cel- lo) - gingen's auch sehr temperamentvoll an, ließen das Jagdthema so recht aufblühen, spielten im übrigen erfrischend dynamisch und brachten die ganze Skala der originellen Einfälle zum Klingen (1. Satz!) - Man könnte (nach dem Modell des Ravel'schen »Valse«, welcher bekanntlich als Apotheose des Wie- ner Walzers apostrophiert wurde) bei Mozart von »Apotheose des Menuetts« sprechen (der 2. Satz - nicht speziell als Menuett bezeich- net). Die starke Vertrillerung des Themas ver- stärkt noch den Eindruck von Sublimierung und 'Gehobensein'. - Ubergang in ein wun- derschönes, vom Schubert-Quartett prächtig gestrichenes Adagio ... Dezent hingesetzt der Mittelteil (mit dem Cello-Solo). Wie zeitlos wirkt doch diese Musik! Was heißt hier also 'Klassik'? Man möchte eher von »Musik a priori« sprechen. Kein Wunder, daß mit Mo- zart noch keiner ganz zu Rande kam. - Alle- gro assai schwingt sich dann ein übermütiger, duftig lockerer, nur an wenigen Stellen etwas eingetrübter Kehraus auf. Ja, vielleicht stört das Wort, wird als zu trivial empfunden; spre- chen wir besser von krönendem Abschluß, von apollinischem Uberbau! - Man hatte als mittleren Programmpunkt - und, um es gleich zu sagen: ein Großteil des Publikums ging ausgezeichnet mit - einen Alfred Uhl gewählt, und zwar dessen 1961 ent- standenes, für die Gesellschaft der Musik- freunde komponiertes »Jubiläumsquartett«. Bei Uhl, dem gemäßigt Modernen, kann Ver- fremdung in der Musik geradezu studiert werden; im gegebenen Fall Verfremdung der Klassik, Verfremdung aller Stufen der Ro- mantik (bis zum Impressionismus) und Rück- wendung der Moderne. Daß Uhl ein Kontra- punktiker von Gottes Gnaden ist, weiß man. Seine Erfolge in aller Welt sind kein Zufall! Was er aber in diesem »Jubiläumsquartett« an handwerklichem Können, an absoluter Be- herrschung der Materie, an Ideen u n d an »Linie« (das Wort Melodik bewußt vermie- den) aufbietet, ist mehr als imponierend. Viva-Beginn! Man hört sich rasch ein ... In langsamen Sätzen (der 2., Andante con moto) verströmt sich Uhl gern - in dem Sinn, daß er musikalisch sozusagen konkreter wird, irgendwie plastisch-greifbarer. Ein ständiges Aufwärts, Sich-Erheben und wieder abwärts, gleichsam in Spirale ... Es ist, als ginge man durch ein Raritätenkabinett: Da und dort be- gegnen kurz bekannte Bilder (Zitate!), aber traumhaft, spukartig und doch konturiert, real. - Im Agitato (3. Satz) spielt das Quar- tett gewissermaßen auf bis zum Zerreißen ge- spannten Nervensaiten. Der große Bogen - die Stärke Uhls - trotzdem gewahrt! - Deli- catissimo der 4. Satz. Ein Hauch Impressio- nismus liegt darüber. Farben spielen, verflie- ßen ineinander - ein Bild des Mischens von Tempera auf der Malerpalette! - 5. Satz, Allegro vivace ... Ich dachte unwillkürlich - warum, das weiß ich nicht - an Goethes »Türmer-Lied« aus Faust II. Die Assoziation sicher rein zufällig, und es ist die Frage, ob sie 'funktioniert'. Dann wechselt die Stim- mung; es wird zurückgeschaut, irgendwie wehmütig. Zurück auf eine walzer- und polka- selige Zeit? Aber die Rückwendung nur Epi- sode, nur kurze Reminiszenz; der Grundstil des Werks siegt. - Und dann der Verdi - dessen einziges Streichquartett e-moll, op. 68. Ich hatte Um- stellungsschwierigkeiten. Der Uhl wirkte zu stark nach. Dann plötzlich, nach einer drama- tischen Steigerung, war ich mitten drin und empfand nur noch das Dahinströmen eines großen Werks - in einer Folge von Bil- dern, die sich aufdrängten und die sich gleich- sam in sich spiegelten, d.h. im Strömen und Gegenstrom der Musik, welche sie selbst waren. Eine musikalische Reise (Stromreise) durch weite Innenlandschaften, aber auch enge Täler, sich bald in modulatorischen Mäandern, bald in Tonkaskaden, bald im Ge- radeaus äußernd ... Im Andantino (2. Satz) aber das große Verweilen. Weitere Bilder zie- hen durch die Seele, das Gemüt ... Im Pre- stissimo schließlich (3. Satz) geht's ganz ita- Die Stadtmusik Kitzbühel unter der Lei- tung von Stadtkapellmeister Sepp Gasteiger beendete heuer das traditionelle Maiblasen bei Stadtrat Georg Berger auf dessen Hof Filzen im Filzertal. Anlaß war die Voll- endung des 50. Lebensjahres von Georg Berger, de, nun das 20. Jahr im Kitzbüheler Gemeinderat tätig ist. Am 31. März 1968 wurde er in den Gemeinderat berufen, war von 1974 bis 1980 Vizebürgermeister und lienisch zu; und opernmäßig (Cello-Solo!) - Noch ein raffiniertes, hochdifferenziertes Fu- genthema (4. Satz), wandlungsfähig wie Pro- teus; ja, ein regelrechtes »Proteus-Thema«. Und w a s Verdi daraus gemacht hat Mit diesem großartigen Schlußsatz rundete sich das Programm logisch - dieses 'tolle Programm'. Allein die Zusammenstellung zeigte den guten Geschmack und das untrüg- liche künstlerische Empfinden, die Fähigkeit zum programmatisch glücklichen Griff der Schubert-Leute, von denen jeder in allem ein Meister ist. (Es wäre müßig, hier Einzellei- stungen aufzuzeigen; wesentlich ist nur der Ensemblegeist!) Und so wurde der Abend zum großen spirituellen Ereignis. - Daß man noch zugab: Unter diesen Umstän- den (der Applaus!) kein Wunder, und man be- wies auch da gründliche Vorüberlegung (ein Programm muß schließlich ebenfalls 'kompo- niert' sein): Puccinis Quartettsatz »Chrysan- themen«. Und die vier, um sie nochmals zu nennen: Zwiauer, Thurmer, Pascher, Stadl- mair, brachten diese einmalig zum Blühen. Man hat das Stück schon anderwärts gehört und vielleicht sogar als Kitsch empfunden. Wenn's vom Schubert-Quartett kommt ...?! Irgendwie die »Verklärte Nacht« auf pucci- nisch! Und gerade bei diesem Satz wurde klar, daß die Schubert-Leute vornehmlich ein »Atem-Quartett« sind; d. h., ihre Musik atmet. Deshalb auch die fesselnde Dynamik, welche ihre Konzerte so hautnah, so 'unmittelbar' macht. Fast möchte man sagen, daß hier der Grundsatz vedischer Philosophie, das »Atman ist Brahman«, in der Musik verwirklicht scheint seit 1980 Stadtrat und Planungsreferent. An der Feier nahmen auch Bürgermeister Hans Brettauer sowie Vizebürgermeister Nationalrat Dipl.-Vw. Michael Horn und Vizebürgermeister Gerhard Rosa sowie fast sämtliche Stadträte und Gemeinderäte teil. Aber auch die Nachbarn und viele Freunde und Bekannte des Jubilars waren zur Feier erschienen. Die Stadtmusik bei Stadtrat Georg Berger
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