Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Juni 1987 Konzert für Gourmets Dr. Jörg Haider in Kitzbühel Das »Concilium musicum« Paul Angerers spielte für uns (22. Mai) Von Hugo Bonatti Das ist mir, wie ich glaube, noch selten passiert: Daß mich schon der erste Takt, nein, das Ansetzen zu diesem, faszinierte; daß ich mich sozusagen in Sekundenschnel- le in ein Ensemble verliebte - eben in dieses »Concilium musicum«. Hochbegabte Leute waren da im wahrsten Sinn des Wortes ‚am Werk', und wieviel Freude z ‚ B. so ein Haydn - Didvertimento C-Dur, Hob. 11/34 - zu verstrahlen vermag, wurde hier geradezu greifbar... Ein ungewohnt kurzes Allegro, voll und rund angesetzt - eine springende Kugel auf einer gespannten Gummihaut! Und schon »menuettet« es. Die Querflöte (Sylvie Lacroix, ausgezeichnete Flötistin) hat ein gewichtiges Wort mitzureden... Ich bemühe mich, dem Lebensgefühl einer Zeit, die solches hervorbrachte - gewisser- maßen mitten in Pulverdämpfen (7jähriger Krieg etc.) - und nicht nur schrieb, sondern »verlangte«, nachzuspüren und mit dem un- sern zu vergleichen; wir leben und schrei- ben, malen, komponieren schließlich in noch viel gefährlicheren »Dämpfen«: Ver- geblich! - ein prächtiges ‚Andante' mit seltsam schwerblütigem Unterton schließt an... Aber, wie immer bei Haydn: Er hält's nicht durch; schon zieht ein übermütiges Presto-Finale vorüber - noch kürzer, am kürzesten. Und dann lassen die Concilium-Leute ein Mozart-Quartett, KV 298, aufblühen. Das Kopf-Thema so recht mo-zart-isch empfun- den, er-funden, um darüber die köstlichsten Variationen auszuschütten - so gute, »daß er sich flicht schämen müßte« (Brief aus Pa- ris!). Die Flöte hat wieder ‚Hochsaison'... (Der Klang dieser Gruppe - man spielt in unterschiedlichsten Besetzungen - ver- dient wirklich Bewunderung. Da ist tatsäch- lich alles in einer Art permanentem Fede- rungs- oder Schwingungszustand.). - Wie anders in den Farben ist so ein Mozart-Me- nuett als eines von Haydn, sieht man von den wenigen düsteren (G-moll-Symphonie etc.) ab. Beide zeigen zwar primär ein Gelb als Hauptton - Verzeihung, ein Syrästhetiker! -‚ aber jenes von Haydn ist das der aufge- henden oder doch sehr frühen Sonne. Bei Mozart ist's das gleißende Gelb der Mittags- zeit. Der Sonnenball steht hoch. - Ein flot- tes Rondeau zum Abschluß... »HiLaRaTiO« heißt das nächste Stück - Abkürzung zu den Sätzen Historio, Lama, Rapsodia, Tibicina, 0. - und ist von Paul Angerer selbst, sogar extra für Kitzbühel komponiert (für Viola d'amore, Traversflö- te, Violine, Kontrabaß und kleines Schlag- zeug). Ja, das i s t Paul Angerer! Bei sei- nen Stücken hab' ich stets Blauempfindun- gen. (?!) Ein mit großer handwerklicher Meisterschaft gearbeitetes Kuriosum...: Ernster Unterton in Teil 1... Seltsam hu- schend »Lama«, der 2. Satz. Etwas von Eso- terik schwingt da mit, ein nicht Faßbares, zwischen den Händen Zerrinnendes, Zerge- hendes - wie Nebel. Die Stimmung nottur- noartig... Inder folgenden »Rapsodia« spie- len Quarten und Quinten eine dominierende Rolle und Retrospektives des Angerer- Werks. (Aussage des Komponisten!) Ein Bild wird stimuliert' - von einem Bergkri- stall in der Nacht, gespeist vom kühlen Licht des Sternenhimmels... Ein vierter, rhyth- misch stark bewegter Satz, irgendwie exo- tisch-orientalisch. Andere Bilder ziehen herauf: Tscherkessinen tanzen verführe- risch (?). Anderseits geradezu eine »Litur- gie des Tanzes«. (Unübersehbar übrigens das improvisatorische Element.) Der musi- kalische Charakter wechselt auf den Balkan über, mündet schließlich ins Österrei- chisch-Wienerische... Fast ein Spiegelbild der alten Monarchie! Nach der Pause - es war ja Wunsch des Veranstalters! - ein zweiter Angerer; »Exercitium canonicum für 2 Bratschen«. In ruhig fließenden Achteln könnte man den ersten Satz überschreiben. Das ganze hat et- was von unendlichem Motiv, zugleich von einem Perpetuum mobile. - »Affetuoso« geht's weiter... Im Lento-Satz dann groß- räumige Intervalle. Schließlich »Deciso« - rasches Abschlußstück mit geradezu zigeu- nerartigem Accelerandol al fine. Bei dieser Gelegenheit seien die geigerischen bzw. hier Bratscher-Qualitäten Paul Angerers und seines (vom Vater immer rührend vor- geschobenen) Sohns Christoph hervorge- hoben! Es dürfte nicht eben viele Dirigenten geben, die das Instrument, welches sie einst solistisch oder im Orchester spielten, noch so beherrschen wie Paul Angerer das seine; die Violine bzw. die Viola. (Abgesehen da- von, daß dieser Allerweltsmusiker selbst- verständlich auch Klavier und Cembalo be- herrscht.) Ja, und dann hörten wir noch Abbd Maxi- milian Stadler, einen Zeitgenossen Haydns, Mozarts und auch noch Beethovens. (E r sollte ursprünglich das Mozart-Requium vollenden!) »Divertimento D-Dur« für Flö- te, Violine, Bratsche, Cello und Paß - eines jener Stücke, die auszugraben sich jeden- falls gelohnt hat. Mag das ganze nicht unbe- dingt den Stempel gewohnter Genialität tra- gen (wir sind ver-wöhnt!), so ist hier die Wiederbelebung den Versuch tatsächlich wert. Dies gilt vor allem für das wirklich wunderschöne ‚Andante'; auch für das Schluß-Allegro, welches allerhand Qualitä- ten verrät. Gekonnt gearbeitet bzw. aufge- baut, strahlt es das gewisse Etwas eines ech- ten Divertimentos aus. (Es darf auch noch der Cellistin Eva Landkammer und des Kontrabassisten Christian Berg lobend ge- dacht werden!) Es gab Desserts: Noch zweimal Mozart, und zwar einen Ausschnitt aus »Le petit rien« (Ballettmusik) und einen »Contre- dance«. - Ein Konzert für musikalische Gourmets! Der Applaus groß und herzlich, der Saal gerammelt voll (mit leeren Ses- seln); schade! Wer das zurecht groß ange- kündigte »Concilium musicum« versäumt hat, dem fehlt in der Sammlung 1986/87 eines der besten Konzerte. Am Freitag, den 12. Juni 1987, kommt FPO-Chef NR Jörg Haider im Rahmen einer Werbeveranstaltung für das Volks- begehren - für Leistung und Gerechtig- keit - gegen Parteibuchwirtschaft und Privilegien nach Kitzbühel. Die Veranstaltung findet in der »Ten- ne«, Kitzbühel, Vorderstadt, um 20.30 Uhr statt. Für Unterhaltung sorgen die »Ever- greens«. Die Bevölkerung ist herzlichst eingeladen. Die Eintragung zum Volksbegehren ist in den Gemeindeämtern in der Zeit vom 22. bis 29. Juni 1987 möglich. Gartlerstammtisch Unsere Gartlerrunde findet in diesem Monat am Pfingstdienstag, den 9. Juni, wie- der im Kolpinghaus statt. Beginn 1/2 8 Uhr abends. Wir machen tapfer weiter nach dem nicht allzu freundlichen Wetter im Mai. Alle unsere Freunde sind wieder herzlich ein- geladen. Festliche Kirchenmusik zum Pfingstfest in der Klosterkirche Pfingstsonntag, 7. Juni, 9.30 Uhr, Festgot- tesdienst: »Clemens-Hofbauer-Messe« von Vinzenz Goller für gemischten Chor, Orgel und Bläserquartett. Pfingstmontag, 8. Juni, 9.30 Uhr, Festgot- tesdienst: »Missa antiqua« von Wolfram Men- schick für gemischten Chor, Orgel und Bläser- quartett. Ausführende: Chor und Bläser der Stadt- pfarrkirche. Leitung: Andreas Feiler Orgel: Prof. Alois Pletzer Die Klosterkirche der Kapuziner in Kitz- bühel, erbaut von 1698 bis 1702.
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