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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. Juli 1987 Prälat Dr. Sebastian Ritter 70 Jahre Am 6. Juli 1987 vollendet Prälat Dr. Seba- stian Ritter, Domkapitular und Direktor der erzbischöflichen Diözesan-Finanzkammer in Salzburg, sein 70. Lebensjahr. Der Jubilar erblickte am 6. Juli 1917 in Reith bei Kitzbühel als Sohn von Sebastian und Elisabeth Ritter, die damals Bauersleu- te zu Oberlehen waren, das Licht dieser Welt. Seine Mutter hatte auf den Oberle- hen-Hof hingeheiratet und in ihrer Ehe mit Stephan Ritter sechs Söhnen das Leben ge- schenkt, der Erste Weltkrieg entriß ihr je- doch ihren Mann schon im Jahr 1914; so hei- ratete sie in zweiter Ehe den von Hirzing in Kitzbühel stammenden Bauernsohn Seba- stian Ritter und schenkte dann drei weiteren Kindern das Leben; neben dem Jubilar als Erstgeborenem noch einem weiteren Sohn (Alois) und einer Tochter (Elisabeth). Die ersten Jahre der Kindheit verbrachte Sebastian auf dem Oberlehen-Hof. Die alte Oberlehen-Bäuerin, eine tieffromme Frau und Priestermutter - Prälat Josef Ritter (1885-1971), der langjährige Dechant von St. Johann in Tirol, war einer ihrer Söhne -‚ nahm sich des Buben besonders an. 1925 kauften Sebastians Eltern den Gasthof»Mü- nichau« samt der dazugehörenden Land- wirtschaft und übersiedelten mit ihrer Fami- lie dorthin. 1929 konnte es der hochbegabte Bub errei- chen, daß er nach Salzburg in das erzbi- schöfliche Knabenseminar Borromäum ge- schickt wurde, um dort das humanistische Gymnasium zu besuchen und sich auf den von ihm angestrebten Priesterberuf vorzu- bereiten. Vorbilder wie der Hochw. Herr Jo- sef Ritter, derja ein Bruder des ersten Man- nes seiner Mutter war, oder wie Weihbi- schof Dr. Johannes Filzer aus Kitzbühel (1874-1962, Weihbischof von Salzburg seit 1927), aber auch die Installation des Hochw. Herrn Joseph Schmid (1886-1962) als Pfar- rer von Kitzbühej im Jahr 1930 bestärkten Sebastian in seiner Berufswahl. Nach glänzend absolvierten Gymnasial- studien bezog er im Herbst 1937 das Salz- burger Priesterseminar und begann mit den Studien an der Theologischen Fakultät. 1938 kam es zum gewaltsamen Anschluß Osterreichs an Adolf Hitlers Deutsches Reich. 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Gemeinsam mit einer großen Zahl von Theologen wurde im März 1940 auch Seba- stian Ritter zum Wehrdienst in der Deut- schen Wehrmacht eingezogen. Als Sanitäter leistete er verantwortungsvollen Dienst für seine Kameraden, zuerst 1940 während des Norwegen-Krieges, dann ab 1941 beim Ruß- land-Feldzug, jeweils im hohen Norden Eu- ropas. Nach einer Verwundung bei Mur- mansk 1941 wieder an die Front versetzt, wurde er 1942 von einer schweren Erkran- kung befallen, die ihn für längere Zeit zum Aufenthalt in Lazaretten zwang und dann frontunfähig machte. Im Dezember 1943 wurde er als Sanitäts- Obergefreiter nach Kitzbühel abkomman- diert zur Dienstleistung im Reservelazarett, das hier im Entstehen war. In diesem Laza- rett, das anfangs siebzig Betten im Hotel »Tiefenbrunner« bzw. im Hotel »Reisch« (dort, wo jetzt die »Tenne« ist) und zu Kriegsende 1945 über tausend Betten in ver- schiedenen Hotels umfaßte, war Ritter in dessen Zentrale vor allem mit den verwalte- risch-organisatorischen Aufgaben betraut. Er versah hier Dienst bis Ende Juli 1945, rund drei Monate über das Kriegsende hin- aus, weil er weiterhin benötigt wurde. Die Jahre als Soldat empfand er als etwas, was er als Schicksal auf sich nehmen mußte, und zugleich als eine Zeit der Erprobung und Bewährung im Hinblick auf sein Ziel, Prie- ster zu werden. Als Sanitäter stand er oft Aufgaben gegenüber, wie sie sich ähnlich auch einem Seelsorger stellen. Im Oktober 1945 konnte Sebastian Ritter wieder nach Salzburg ins Priesterseminar zurückgehen. Er setzte das Theologiestudi- um fort und wurde am 14. Juli 1946 in der Kirche des Benediktinerstiftes St. Peter - der Dom hatte schwere Bombenschäden er- litten - zum Priester geweiht. Am 11. Au- gust 1946 feierte der Jungpriester in seiner Heimatgemeinde Reith die feierliche Pri- miz. 1947 wurde ihm Hopfgarten im Brixen- Prälat Dr. Sebastian Ritier. Aufgenommen beim Kirchenfest 1986 in Reith. tal als erster Seelsorgsposten zugewiesen, und er wirkte dort zwei Jahre als Koopera- tor. 1949 stellte ihn Erzbischof Rohracher für das Studium des Kirchenrechts frei. Rit- ter studierte zunächst zwei Jahre in Rom an der päpstlichen Universität Gregoriana. Daneben versah er die Aufgaben eines Ka- plans an der Anima, der deutschen Natio- nalstiftung in Rom, in deren Studienkolleg er wohnte dies brachte gerade im Heiligen Jahr 1950 zusätzliche Verpflichtungen mit sich. Nach Erlangung des akademischen Grades des Lizentiats in Rom setzte er 1951 seine Studien in München am Institut für Kanonistik der Ludwig-Maximilians-Uni- versität fort und schloß sie am 13. Juni 1953 mit der Promotion zum Doktor des Kirchen- rechts (»doctor iuris canonici«) ab. »Die kirchliche Vermögensverwaltung in Osterreich. Von Patronat und Kongrua zum Kirchenbeitrag« lautete das Thema seiner 1954 gedruckten Dissertation. Ausgehend vom völligen Umbruch in der Deckung des Personal- und Sachbedarfs der Kirche infol- ge der NS-Gesetzgebung behandelte Ritter in dieser ausgezeichneten Arbeit die kirchli- che Vermögensverwaltung nach dem kano- nischen Recht, sodann die kirchliche Vet mögensverwaltung nach dem kanonischen Recht, sodann die kirchliche Vermögen- sverwaltung in Osterreich einerseits vor 1939, andererseits nach dem seither gelten- den Recht und schloß bemerkenswerte Ge- danken und Anregungen zur neuen Lage in der Kirche an. Hier sei auch erwähnt, daß Dr. Ritter zur ab 1957 erschienen zweiten Auflage des »Lexikons für Theologie und Kirche« einige Artikel beisteuerte. In der letzten Zeit seiner Münchener Stu- dien war Ritter wieder in der Seelsorge tätig, nun als Pfarrprovisor in Anif. Der frischge- backene Dr. iur.can. wurde Prosynodalrich- ter am erzbischöflichen Metropolitan- und Diözesangericht, wo er ab 1961 Defensor vinculi war. Im Herbst 1953 mußte Dr. Ritter die Auf- gaben eines Präfekten im erzbischöflichen Knabenseminar Borromäum übernehmen; gleichzeitig wurde er Religionsprofessor am dortigen Gymnasium. Dr. Ritter erwies sich bald immer mehr als rechte Hand von Regens Georg Feichtner. Als dieser im Juli 1957 die Leitung des Knabenseminars zu- rücklegte, betraute Erzbischof Rohracher den vierzigjährigen Dr. Ritter mit dem Re- gens-Amt. Dr. Ritter widmete sich den neuen Aufgaben mit vollem Einsatz. Es galt, Verantwortung für ein großes Haus mit vielen Mitarbeitern und vor allem für das körperliche und seelische Wohlbefinden von Hunderten heranwachsenden Buben und jungen Männern in einer Erziehungs- einrichtung, der hohe Ziele.gesetzt sind, zu lagen. Dabei waren immer wieder neben \ irtschaftlichen und schulischen Schwie- ngkeiten solche psychologischer und päd- agogischer Natur zu meistern. Dr. Ritter hatte sich seit seiner Präfektenzeit mit dem Problemkreis eines »kleinen« Seminars be- schäftigt; als Regens äußerte er sich dann dazu in mehreren gedruckt vorliegenden Referaten. Er erkannte, daß für das Errei- chen der Ziele des Seminars eine gute Zu- sammenarbeit zwischen dem Seminar und den Eltern der Seminaristen von größter Wichtigkeit ist. Er wollte den Eltern die Ge- wißheit vermitteln, daß ihre Söhne einer- seits eine möglichst gute Schulbildung er- halten und andererseits in der Gemeinschaft ausgewählter, guter Kameraden und in ei- nem Heim, in dem sie sich wohifühlen kön- nen, heranwachsen. 1958 wurde Dr. Ritter zum Titular-Konsi- storialrat ernannt. Die fünfziger Jahre brachten dem Jubilar somit, was die berufli- che Laufbahn betrifft, gewiß viel Positives, sie brachten ihm aber auch persönliches Leid. 1955 verlor er den Vater, 1956 die Mutter. Die schwere Erkrankung im Som- mer 1959, die ihn zwang, für ein Jahr die Lei- tung des Borromäums zurückzulegen, war ein weiterer harter Schlag. Durch die Kunst der Arzte wiederherge- stellt, kehrte Ritter in die Regentie zurück und übernahm 1963 zusätzlich die Verwal- tung des Hauses. Nach den baulichen Ver- besserungen während der fünfziger Jahre brachten die sechziger Jahre Maßnahmen von grundlegender Bedeutung für die Zu- kunft des Borroniäums. Mit Unterstützung der Diözesan-Finanzkammer gelang es Re- gens Ritter, Grundstücke und Objekte in der 1
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