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Samstag, 12. September 1987 Kitzbüheler Anzeiger Seite 31 ........................................................ Landesrat Komm.-Rat Christian Huber zum Wirtschaftsbericht 1986 bis Mitte 1987 Wirtschaftswachstum Die v:•rläufigen Ergebnisse der volkswirt- schaftli:hen Gesamtrechnung ergeben 1986 für Tirol ein höheres Wirtschaftswachstum als für Gesamtösterreich. Trotz allgemeiner Konjunkturflaute konnte in Tirol ein mas- siver E nbruch vermieden werden, obwohl die hie: erzeugten Investitions- und Kon- sumgüter sowohl im Inland als auch im Aus- land ebenfalls härtere Marktbedingungen vorfanden. Daß Tirols Wirtschaft in Österreich nicht nur 1986, sondern schon seit Jahren eine vorrangige Position einnimmt, geht aus fol- genden Fakten hervor: Die Bruttowertschöpfung Tirols hat sich seit 1977 nominell mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum wuchs die österrei- chische Wirtschaft um ca. 80 %. Das Institut für Wirtschaftsforschung hat im Juniheft die revidierten Zeitreihen der Bruttowertschöpfung der österreichi- schen Bundesländer veröffentlicht. Da- nach ist von 1979 bis 1985 Tirols Wirt- schaft nominell um durchschnittlich 7,7 % gewachsen, was die höchste Wachstums- rate aller Bundesländer darstellt. Das Bruttoinlandsprodukt umgelegt auf die Einwohnerzahl - auch eine oft ge- nannte Kennzahl für die Wirtschaftskraft eines Landes - betrug 1986 in Tirol ca. S 217.000.— und in Osterreich ca. 5 191.000.—. Das ist nicht nur das Er- gebnis eines guten Wirtschaftsjahres, sondern einer gesunden Wirtschaftsent- wicklung über einen längeren Zeitraum. Eine längerfristige Betrachtung gibt ein eindeutiges Bild über die Wirtschaftsent- wicklung eines Landes, kurzfristige Be- trachtuigsweisen können, je kleiner die be- treffende Region ist, zu Verzerrungen füh- ren, w je wir es am Beispiel der Bezirke Imst und Landeck gesehen haben. Beschäftigung Mit einem Wachstum des durchschnittli- chen Beschäftigungsniveaus um 0,9 % liegt Tirol auch in dieser Hinsicht im österreichi- schen Spitzenfeld. Die ständig zunehmende Zahl von Arbeitslosen ist für uns Anlaß zu großer Besorgnis. Dies ist vor allem auf die starke Zunahme im saisonalen Wirtschafts- bereich zurückzuführen. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, daß in einer Zeit mit geringem Wirtschaftswachstum gerade auf Saisonalbetrieb ausgerichtete Unterneh- men ihre Arbeitskräfte später einstellen und früher entlassen. Andererseits mußte im letzten Winter festgestellt werden, daß im Fremdenverkehr in der Hochsaison ein gro- ßes Defizit an hauptsächlich qualifizierten Arbeiskräften bestand. Von saisonalen Be- schäftigungsschwankungen sind in hohem Maße jugendliche Arbeitskräfte betroffen. Sektorale Wirtschaftsentwicklung Durch hohe Steigerungsraten im Jahr 1985 wurde in der Tiroler Industrie ein Ni- veau erreicht, das 1986 nicht mehr wesent- lich überschritten werden konnte. Andere Indikatoren wie die Industriebeschäftigung (+1,8 %‚ höchster Zuwachs Osterreichs), die geleisteten Arbeitsstunden (103,9; Oster- reich = 100) und der Index der Industriepro- duktion(+2,2 %)weisen aber auch für 1986 auf eine nicht ungünstige Lage der Tiroler Industrie hin. Die österreichweit um 3,6 % gewachsene reale Wertschöpfung der Bauwirtschaft ist auf gute Ergebnisse in Ostösterreich zu- rückzuführen. Die Tiroler Bauwirtschaft erholte sich nur im Bereich des Baugewer- bes und des Hochbaues, allerdings stellt der Zuwachs der Beschäftigten im Bauwesen um 1,3 % eine der höchsten Steigerungs- raten Osterreichs dar. Wichtige Stützen der heimischen Wirt- schaft waren 1986 der Fremdenverkehr, das Gewerbe und die Verkehrswirtschaft sowie der gesamte Bereich der Wirtschaftsdienste (Banken, Versicherungen usw.). Die österreichweit trotz erhöhter Kauf- kraft festgestellte Stagnation im Handel hat sich auch in Tirol ausgewirkt. Berücksich- tigt man die großen Einbrüche im Großhan- del in den Bundesländern Wien und Ober- österreich nicht, so liegt Tirol mit einer Wachstumsrate in diesem Sektor von 1,1 % im österreichischen Durchschnitt. Der Rückgang der Tiroler Einzelhandelsumsät- ze um 2,3 % stellt allerdings eine etwas un- günstigere Entwicklung als in Osterreich dar. Energiesektor Wie in Osterreich hat sich auch in Tirol der Energieverbrauch vom Wirtschafts- wachstum abgekoppelt und ist schwächer gestiegen als die Wirtschaft in den letzten Jahren gewachsen ist. Trotzdem hat sich 1986 dir, Konjunkturflaute auch in einer geringeren Verbrauchszunahme niederge- schlagen: z.B. bei Strom +2,1 % (1985: +4,1 %)‚ was größtenteils auf einen fast stagnierenden Verbrauch der industriellen Sonderabnehmer zurückzuführen ist. Bei den mineralischen Energieträgern ist mit sinkenden Preisen eine erhöhte Lagerhal- tung verbunden, was aber nicht mit erhöh- tem Verbrauch gleichzusetzen ist. Regionalwirtschaft Über das regionale Wirtschaftswachstum im Jahresvergleich und die damit verbunde- ne Problematik ist schon vom Berichterstat- ter gesprochen worden. Im Zehnjahresver- gleich schneiden die Bezirke Imst, Land- eck, Schwaz und Innsbruck-Land über- durchschnittlich gut ab, wobei in den drei erstgenannten Bezirken ein starkes Wachs- tum im Energiebereich und im Bezirk Inns- bruck-Land eine überdurchschnittliche Zu- nahme bei den Wirtschafts- und öffentlichen Diensten den Ausschlag gegeben haben. Die stärksten Zuwächse im Vergleich 1976/86 weisen bei den unselbständig Be- schäftigten die Bezirke Innsbruck-Land, Landeck, Kitzbühel und Lienz auf. Wirtschaftsentwicklung 1987 in Osterreich Die Schwächephase ist noch nicht über- wunden, zwar zeichnet sich keine weitere Abwärtstendenz auf, aber auch eindeutige Wachstumsimpulse fehlen. - Kennzeichen der augenblicklichen Si- tuation: Anhaltende Exportschwäche und eine hohe inländische Sparneigung - Prognose für 1987 (Österreich): Wirtschaftswachstum real 1 % oder knapp darunter stagnierender Export privater Konsum: +2,3 % verfügbare reale Einkommen +3,3 % Inflation 2 % Arbeitslosenrate 6% - Prognose für 1988 (ausgehend von eine-- leichten ine: leichten Belebung im Export; für Oster- reich): Wirtschaftswachstum 1,5 % Inflation 2,2 % Arbeitslosenrate 6,5 % Wirtschaftsförderung Von. 1977 bis 1986: ca.5 700 Mio. an Darlehen ca. S 250 Mio. an Zinszuschüssen und für Kredite in der Höhe von ca. 5 350 Mio. wurde eine Haftung übernommen. Daß die Wirtschaftsentwicklung in Tirol im Berichtsjahr von keinen schweren Rück- schlägen gekennzeichnet war und in eini- gen Bereichen trotz Konjunkturflaute aber- durchschnittliche Ergebnisse erreicht wer- den konnten, ist sicher im wesentlichen auf das stete Bemühen der Tiroler Arbeitneh- mer und Arbeitgeber um die heimische Wirtschaft zurückzuführen. Für dieses Be- mühen, das in einer Volkswirtschaft gerade in wachstumsarmen Zeiten so-wichtig ist und auf das ein Land stolz sein kann, darf ich mich namens der Tiroler Landesregierung bei allen Tirolerinnen und Tirolern aufrich- tig bedanken. 1
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