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Einweihung des neuen Raiffeisengebäudes in Kirchberg Am Sonntag 23 OktoDer 198 wird das geweiht Begirn der Feierlich iten um 10 neue Raiffeiser.gebäude in Kirctberg ein- Uhr, Mit Tradition in die Zukunft - 100 Jahre Raiffesenbank Kirchberg Seite 28 itzbi1heIcr &Anzeiger Samstag, 22. Oktober 1988 Die »Freihet<i war eines der Schlag- worte der frarösischen Revout:on von 1789; ein vielfach gedeutete: Begriff, mit dem alle Generationen bis heute ihre Wünsche, Träume und Hoffnungen zu Ausdruck bringen wollten. Während die Bürger der Städte - »Stadtluft mac=it frei« - die ers'5n1iche Freiheit schon seit dem Mittea1ter genos- sen, herrschte auf dem- Lande noch das weitverbreitete Sysiem der Crundherr- schaft - leibeigene Bauern estellten :n Fronarbeit die Güter der adeligen Herr- schaften. Ledigich 'n Trol gab es schcri zu dieser Zeit eine größere Anzahl freier Bauern. Es war eines -der großen Verdienste yen Kaiser Joseph II., daß er im »LIn:ertanen- patent« von 1781 die Leibegen;ciaft in Österreich auf-tot. C-rund und Boden blieben aber wei:erhin im Besitz der Grundherren und die Robot nach wie vr die Pflicht der bäuerlichen Bevölkerung. Erst im Revolutionsjahr 1848 wurie nach Antrag des Burschenschafters Hans Kudlich die Grundentlastung der Bauern beschlossen. Nach deren Dur:hfthrurgen gerieten nich: nur in Osterreich - die landwirtschaft1ihen Betriele in groJe Schwierigkeiten. De nunmehr freien Bau- ern waren in der Führun, von selbständi- gen Betrieben noch zu unerfahren, au3er- dem wurden sie von den AUsezahi.uni- gen, welche sie für ihre Liegenschaften zu leisten hatten, schwer belas:et. Der d:-:- durch zunehmende Kreditwucher, aber auch Mißernter und Elementarkatastro- phen, Preisverfall und Zerstüc!.:elung der Betriebe durch Erbschaften, führten zu einer we:tgehnden Verarmung der land- wirtschaftlichen Bevölkerung. Vor allem fehlte es ar. niedrig verzinsten Krediten, welche die Bauern zurUmschuldung und Betriebstinanzier.ing cringenc benötig- ten. So wurde dc neugewonnene Freiheit bald zu einem drückenden Pr.,blem, das einer Lösung bedurfte. Aus dieem Grun- de blick:e man nach Deuts.;hland, wo Friedrich Wilhelm Raifl'eisen Dereits 184 den ersten ländlichen Darlehenskassenve- rein auf enos.sensciaftliche Basis ge- gründet hat:e. In Tirol wurde die Situation der Bauern auch im Landtag heftig diskutiei, bis die- ser bescHoß, der. ersten sechs Spar- und Darlelenskassenvereinen 1500 Gulden für die Bestre:tung der Einrichr..ingskosten zur VerfügLng zu stellen Ein vehementer Verfechter dieses Gedankens war der Abgeordiete Dr. Julius Freiher von Ric- cabona. Jaraufhn fanden no:i 1888, im Todesjahr von Friedrich Wilhelm Raiffei- sen, die Griindungsversamrr ungen in Kirchlerg, Jniing und Otz statt. Mit dem Tod Raiffeiseris war also sein Lebenswerk noch nicht zu Ende: Ganz im Gegenteil die :dee der se1btverwalteten Genossen- schaft begann ihren Siegeszug, der auch vor den Grenzen Europas nicht Halt ma- chen soll:e. In Kirchbrg war es der Landwirt An- ton Flecksberger, der am 9. U.. 1888 die erste Proporentenver5ammlung einberief. Bei der Gründungssitzung am 27. Dezem- ber desselben Jahres wurde Tobias Siebe- rer zum ersten Obmann des neuen Spar- und Darlehenskassenvereines in Kirch- berg gewählt. Schon am 22. Jänner 1889 fand die Protokollierung der Genossen- schaft beim zuständigen Landesgericht in Innsbruck statt, worauf am 3. Februar die Geschäftstätigkeit im ersten Kassenlokal, welches sich im Hause des Zahlmeisters Jakob Daxer beim Bachiwirt befand, auf- genommen werden konnte. Damals gab es noch keinen Tagesverkehr mit fixen Schalteröffnungszeiten ; die Einzahlun- gen von Spargeldern sowie die Vergabe von Krediten und Darlehen erfolgte nur an wenigen Stunden in der Woche, wobei dem Zahlmeister die Hauptarbeit bei der Abwicklung und Buchung der einzelnen Geschäfte zufiel. Das politisch und wirtschaftlich ruhige Klima in den Jahren bis zum ersten Welt- krieg trug entscheidend dazu bei, daß in der noch jungen Kasse jene Grundlagen geschaffen wurden, die es ermöglichten, die Stürme in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts heil zu überstehen Aufgrund des schon von Anfang an be stehenden Überganges von Spareinlagen gegenüber Krediten und Darlehen wurde bereits 1890 beschlossen, überschüssige Gelder bei den Sparkassen in Kufstein, Schwaz und Zell am See anzulegen. Die pflichtbewußte und umsichtige Führung der Kasse durch die Obmänner Tobias Sieberer und Ulrich Aufschnaiter bewirkte, daß bis in die Zeit des ersten Weltkrieges Jahr für Jahr Gewinne ge- schrieben werden konnten. Die kriegswirtschaftlich bedingte Ver- knappung von Konsum- und Investitions- gütern zwischen 1914 und 1918 fand auch in den Büchern der Kirchberger Kasse ih- ren Niederschlag. Die Zeit nach dem Krieg brachte wiederum einige Turbulen- zen mit sich. Der seit 1913 amtierende Ob- mann Paul Schipflinger und sein Zahl- meister Johann Daxer waren mit dem Problem der rasanten inflationären Dyna- mik, welche die österreichische Kronen- währung erfaßte, konfrontiert. In nur we- nigen Jahren sank die Kaufkraft der Kro- ne auf einen Bruchteil des Vorkriegswer- tes. Erst das Schillingrechnungsgesetz vom 20. Dezember 1924 führte zu einer Stabili- sierung - die Umrechnung von 10.000:1. Diese Relation mußte auch die Kirchber- ger Kasse bei der Erstellung ihrer Goldschilling-Eröffnungsbilanz per 1. Jänner 1926 berücksichtigen. Trotz der hohen Inflationsverluste faßten die Sparer bald wieder Vertrauen in die neue Währung, sodaß sich die Spar- guthaben wieder rasch erhöhten. Nach dem Anschluß im Jahre 1938 mußte aber- mals in einer neuen Währung bilanziert werden. Das Umtauschverhältnis zwi- schen Schilling und Reichsmark betrug 1,5:1. Der 1938 neu gewählte Obmann Jakob Daxer wurde 1943 von Franz Mauracher abgelöst, übernahm aber 1945 neuerlich dieObmannschaft der Kirchberger Kasse.
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