Kitzbüheler Anzeiger

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Li 1 . 7 Iv :» . Samstag, 5. November 1988 J'J1bühe1er Anzeiger Seite 11 Kürzlich konnte neben anderem interes- santem Material ein Dokument von einzig- artigem alpinhistorischem Wert sprichwört- lich dem Staub der Vergangenheit entrissen werden. Pepi Graswander, Erbauer der Ackerihütte, im Wilden Kaiser und zweifel- los eine der markantesten Persönlichkeiten der Edelweißgilde Kitzbühel, stellte mit Er- laubnis von VS-Direktor Huber auf dem Dachboden der Kitzbüheler Volksschule Recherchen an. Beider gründlichen Durch- suchung des dort lagernden, zum Teil noch aus der Zeit des begeisterten Bergsteigers und Kletterers Oberlehrer Much Wieser stammenden Materials, stieß Graswander auf das, während der Zeit vom 11. Oktober 1908 bis 10. August 1927 auf dem Gipfel der Fleischbank im Wilden Kaiser aufgelegte Gipfelbuch. In diesem verschlissenen Büchlein, im Format von ca. 17x10 cm sind u. a. folgende alpinhistorische Ereignisse kraft authentischer Eintragung durch die Erstbegeher festgehalten: " 15. VI. 12: 1. Ersteigung über die Ostwand (4 St.), Hans Dülfer und Werner Schaar- schmidt, (Vermerk eines späteren Fleisch- bankbesuchers: »Alle Wetter!«). 11 1 1 '11 rer-. 28. 7 25: 1. Beg. der Südostwand durch R. Rossi und F Wiessner, (Diese Eintragung mußte offensichtlich mit einem schlecht ge- spitzten Bleistift vorgenommen werden!). Wertvoller Fund 3. Sept. 1913: Erste Ersteigung der Fleisch- bank von Südosten, Hans Dülfer allein (klarstellender Vermerk eines späteren Fleischbankkletterers: »Dülferriß!«). Die vorstehend angeführten Erstbegehun- gen haben weit über die Fleischbank und den Wilden Kaiser hinaus Bedeutung er- langt. Hans Dülfer ist bereits im ersten Welt- krieg gefallen, neben zahlreichen Erstbege- hungen erinnern an ihn noch folgende Bergsteigerausdrücke: »Dülfern« = dt. Ausdruck für eine bis vor ca. 1 Jahrzehnt noch sehr gebräuchliche Ab- seiltechnik. »Dülferquergang« = Bezeichnung für den von Dülfer er- fundenen und bei der Erstbegehung der Fleischbank-Ost- wand erstmals ange- wendeten Seilquer- gang. »Dülfer«-Technik = ital. Ausdruck, der dem dt. Aus- druck »Piazen« (nachdem ital. Berg- steiger und zeitweili- gen Konkurrenten Dülfers, Tita Piaz) entspricht, Spezial- ausdruck für die An- wendung der Han- geltechnik beim Klettern. Die Fleischbank- Ostwand im Wilden Kaiser. Zur Erinnerung an Hans Dülfer hat der ORF im Rahmen der Sendung »Land der Berge« im heurigen Sommer einen Streifen über den oben zitierten Dülferriß ausge- strahlt. Fritz Wiessner, aus Dresden gebürtiger Allroundbergsteiger, war bis ins hohe Alter bergsteigerisch äußerst aktiv und ist erst im heurigen Sommer verstorben. Mit etwas mehr Glück hätte er in den 30er Jahren be- reits den Gipfel des zweithöchsten Berges der Erde, den K 2 im Karakorum, erreicht. Er hatte damals mit seinem Hochträger die 8000-m-Grenze bereits weit überschritten. Wiessner war zu dieser Zeit schon in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Dank seiner bestechenden Leistungen ist es ihm gelungen, das Gedankengut des sächsi- schen Klettertums in den USA zu verbrei- ten, welches nunmehr unter den Bezeich- nungen »Clean Climbing« und »Free Climbing« auch im Wilden Kaiser wieder Einzug gefunden hat. brand
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