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Seite 6 ..VJtzbühcler LAnzeiger Samstag, 26. November 1988 75 Jahre Obst- und Gartenbauverein Kitzbühel Goldene Plakette vom Kuratorium »Schöneres Tirol« Am Beginn der Jubiläumsveranstaltung »75 Jahre Obst- und Gartenbauverein Kitz- bühel« am 19. November 1988 im Kolping- haus brachte die »Mitterhögl-Hausmusik« ein Volksstück zur Aufführung und sorgte auch über den ganzen Festabend hinweg für die musikalische Seite. Bei der offiziellen Eröffnung konnte Ob- mann Toni Laucher als Ehrengäste Land- tagsvizepräsident OR Paul Landmann, Bür- germeister Hans Brettauer mit Vizebürger- meister Friedhelm Capellari mit Stadt- und Obmann Toni Laucher eröffnete den Fest- abend. Gemeinderäten, den Obmann des Fremden- verkehrsverbandes, Kommerzialrat Ger- hard Resch, mit Direktor Dipl.-Kfm. Dr. Josef Ziep!, Bürgermeister Dipl.-Ing. Lud- wig Partl, St. Johann, Landesobmann Hör- hager und Fachlehrer Widmoser begrüßen. Bürgermeister Dipl.-Ing. Partl überreichte dem Obst- und Gartenbauverein als Be- zirksbeauftragter des Kuratoriums »Schö- neres Tirol« die »Goldene Plakette« für be- sondere Verdienste beim Wettbewerb »Blumen und Garten«. Nun zur Jubiläums- rede von Obmann Toni Laucher: »Sehr geehrte Festgäste, liebe Mitglieder! Ich habe fleißige Mitarbeiter, denen ich viel Arbeit aufhalsen kann. Aber die heutige Festansprache trifft mich - hat man mir er klärt. Nun will ich mich bemühen, daß nicht ein gar zu großer Durcheinander daraus wird. Unsere Gegend, Kitzbühel im besonde- ren, ist vom Schicksal nicht so hart angefaßt worden, wie manch andere Landstriche. Die Stadt wurde in all den kriegerischen Zeiten nie zerstört. Als der Bergsegen, den unsere Stadt ihre Gestalt verdankt, langsam versiegte, begann mit dem Bau der Eisen- bahn der Fremdenverkehr. Ein Aufruf zur Ermittlung der am besten blumenge- schmückten Häuser war der Anfang. Ich be- danke mich hier bei unserer Hanni Ortner zu Tauern, die uns ein Original davon aus dem Jahre 1907 zur Verfügung gestellt hat. Übri- gens, bei der Gartenbautagung in Wien vor ein paar Jahren hat man es kaum glauben können, daß im fernen Tirol ein Verschöne- rungsverein der Zeit so weit voraus war. Die Liebe zu den Blumen geht bestimmt viel weiter zurück. Der an Festtagen mit Rosmarin und Nelken geschmückte Hut und das schöne Blumengesteck bei der Frauen- tracht geben Zeugnis davon. Die Zeit um 1900 brachte wirtschaftli- chen Aufschwung. Auch im Pflanzenbau ist mit Liebig und Mendel viel in Schwung ge- kommen, und man glaubte, man könne auch bei uns Obstsorten und Gartenfrüchte aus begünstigten Ländern einbürgern. Und was tat man? Es wurde im Herbst 1913, wie in manch anderen Orten, ein Obst- und Gar- tenbauverein gegründet. Gut ein halbes Jahr später begann der 1. Weltkrieg. Ein kleines Stück Garten, auf dem man Gemüse und Kartoffeln pflanzen konnte, ein paar eigene Apfel und Beeren wurden, je länger der Krieg dauerte, immer wertvoller. Nur ein Vereinsleben, wie man es sich bei der Gründung vorgestellt hatte, gab es nicht mehr. Es war schon elf Jahre später, als mein Va- ter 1925 von Urban Zimmermann die Ob- mannstelle übernahm. Man pflanzte wieder Obstbäume, pflegte den Gemüseanbau, und bei der großen Bezirksausstellung beteiligte man sich mit Obst- und Gartenfrüchten. Auch Preise wurden vergeben. Baumwart waren Jakob Oberhauser und Anton Froindl von Halswegen. Für den Gemüseanbau war Luise Himberger, die Tante unserer Ger- traud, zuständig. Wir sind ja alle etwas erb- lich belastet. Auch Pflanzenschutz gab es schon. Mit bescheidenen Mitteln wurden Blattläusebe- kampft und mit Arsen dem Wurm in den Äp- feln zu Leibe gerückt. Die Dreißigerjahre waren nicht die be- sten. Aber Fachlehrer Ignaz Schiechtl ließ sich nicht beirren, zog auf den Gärten beim Moorbad aus Samen Obstbäume, veredelte sie mit Hilfe der Hauptschüler, und jeder er- hielt nach Abschluß der Schule einen Baum, von denen manch einer noch in den Gärten steht. Im Frühjahr 1938 ist vieles anders gewor- den. Es wurde alles gleichgeschaltet, priva- te Vereine aufgelöst, das Vermögen be- schlagnahmt und der Obstbauverein der Landesbauernschaft »Alpenland« in Salz- burg unterstellt. Fachlehrer Schiechtl wur- de zum Treuhänder bestellt und Martin Kohlhofer bei den Bienenzüchtern. Es war nun bald wieder soweit, ein Stück Grund und Boden ist goldeswert, um die be- scheidenen Lebensmittel, die es auf Karten gab, etwas aufzubessern. Es kam viel Leid und Not auch über unse- re engere Heimat. Aber unsre Mitbürger, die für eine Wahnsinnsidee durch Europa gejagt wurden und überlebt haben, konnten wieder heimkommen. Wie vielen war das im zerstörten Europa nicht mehr möglich! Ein Päckchen Gemüsesamen war in dieser Zeit ein wertvoller Besitz. Mit Fleiß wurde am Wiederaufbau gear- beitet, und die Vereine gaben wieder ein Le- benszeichen. So auch der Obst- und Garten- bauverein. Es gab wieder Vorträge und Gartenbegehungen. Obmann Schiechtl gab sich alle Mühe und hat mich Ende der Vierzigerjahre zu seinem Nachfolger erkoren. Wenn ich nun die gut 30 Jahre zurückden- ke, war es für die Gartler und den Verein eine gute Zeit. 1952 war es durch den Ausbau des Lagerhauses der Raiffeisenkasse bereits möglich, eine Obstpresse zu erstellen. Die Finanzierung war dann ein Trapezakt: Förderungsmittel der Landwirtschafts- kammer, Beiträge der Jagdgenossenschaft - das war damals möglich - und ein Kredit der Kasse haben gereicht, daß die Mitglie- der nicht zu einer Zahlung verpflichtet wer- den mußten. Den Bürgen für das Darlehen, Andreas Berger, Sebastian Foidl und Ignaz Schiechtl sei im nachhinein nochmals ge- dankt. In Jahren mit reicher Obsternte wur- den bis zu 40000 kg Apfel aus Kitzbühel und den umliegenden Gemeinden zur Zufrie- denheit zu Apfelsaft verwertet. Nur heuer war es uns nicht möglich, geeignete Arbeits- kräfte zum Betrieb der Anlage anzuheuern. Schade! Auch die Platzfrage ist wieder aktuell. Beim Blumenschmuck und dem Landes- wettbewerb gibt es eine gute Zusammenar- beit mit der Gemeinde und dem Fremden- verkehrsverband, wobei schöne Erfolge erzielt werden konnten. Die von Direktor Peter Brandstätter j ähr- lich organisierten Blumenfahrten finden im- mer großen Zuspruch. Sie sind aber auch ein großartiger Nachhilfeunterricht in Hei- matkunde. Peter, recht vielen Dank! Auch für die schönen Dias, die Du von unseren blumengeschmückten Häusern geschossen hast, die uns dann bei vielen Anlässen Freu- de bereitet haben. Immer mehr Siedler kamen zum Verein, so daß er immer mehr ein Bindeglied bäuer- licher und nichtbäuerlicher Welt wurde. Die Rasenzeit, in der sich alles nur um das schöne Grün um das Haus drehte, war von kurzer Dauer, und seit langem ist der Gart- 1er wieder »in«! Der Verein ist auch kulturell aktiv! Spen- Der Blumenhoangart von Lisi Laucher (rechts) und Paula Savoy wieder ein Er- lebnis.
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