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Seite 26 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 13. Februar 1988 Zur Wiedervereinigung von Kitzbühel Stadt und Land vor 50 Jahren In der Sitzung vom 6. Dezember 1937 be- schloß die Tiroler Landesregierung (wie be- reits in der »Bezirkschronik« kurz berich- tet), die bisherige Gemeinde Kitzbühel- Land der Gemeinde Kitzbühel-Stadt einzu- verleiben. Die beiden Gemeindetage, wie die Gemeindevertretung damals genannt wurde, kamen zur Auflösung und der dama- lige Bürgermeister von Kitzbühel-Stadt Kommerzialrat Josef Herold wurde zum Amtsverwalter der wiedervereinigten Ge- meinden bestellt. Obwohl der Beschluß der Tiroler Landes- regierung schon am 6. Dezember gefaßt wurde, erhielten die beiden Gemeinden erst am 27. Dezember offiziell von der Bezirks- hauptmannschaft Kitzbühel die Verständi- gung von der Zusammenlegung und der da- mit verbundenen Auflösung der Gemeinde- tage. Am 31. Dezember 1937 berief der Amts- verwalter Josef Herold eine Sitzung ein, gab den Gemeindeausschußmitgliedern offi- ziell einerseits den Zusammenschluß der beiden Gemeinden und andererseits die Auflösung der Gemeindetage bekannt. Der Zusammenschluß erfolgte mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1938 Der Landeshauptmann von Tirol bestellte im Sinne des damaligen Verfassungsüber- gangsgesetzes von 1934 folgende Gemein- deausschußmitglieder (für Stadt und Land): Peter Wiedmoser, Seereitbauer, Ignaz Schiechtl, Fachlehrer, Josef Feiler, Alpen- hofbauer, Nikolaus Gasteiger, Pöllbauer, Peter Rettenwander, Neuhausbauer, Ober- forstrat Dipl. -Ing. Franz Schollmayr, Kom- merzialrat Hans Hirnsberger, Hotelier, Adam Pichler, Tischlermeister, Josef Infeld, Kunstschmiedmeister, Josef Höck, Zim- merpolier, Stefan Klingler, Kaufmann, Jo- sef Meßner, Goldschmied, Dr. Hans Föger, Rechtsanwalt, und Peter Lechner, Berg- oberkontrollor in Ruhe. In der Sitzung vom 16. Februar 1938 fand die Wahl des Bürgermeisters statt. Einstim- mig wurde von den bestellten Mitgliedern des Gemeindeausschusses Kommerzialrat Josef Herold zum Bürgermeister gewählt, obwohl dieser selbst nicht dem Gemeinde- ausschuß (Gemeindetag) angehörte, was aufgrund der damaligen Gesetzgebung zu- lässig war. Wie kam es zur Wiedervereinigung der beiden Gemeinden Kitzbühel-Stadt und Kitzbühel-Land? Der Kampf darum währte mehrere Jahrzehnte, wie uns Protokolle der damaligen Bürgerausschußsitzung überlie- fern. Dr. Inge Rohn, Kitzbühel, schreibt in ihrem Beitrag zum Stadtbuch Kitzbühel, Band 1, auf Seite 200 u.a.: »Ein bedeutendes Anwachsen der Bevöl- kerungszahl setzt erst mit der Jahrhundert- wende unter dem wirtschaftlichen Einfluß des Fremdenverkehrs ein, der vielen Men- schen eine neue Lebensgrundlage bot. Von 1900 bis 1910 steigt die Einwohnerzahl des heutigen Gemeindegebietes (also Stadt und Land) um 16,4 Prozent an; durch die Kriegs- verluste nimmt die Bevölkerung von 1910 bis 1923 nur um 8,9 Prozent zu; dieser Wert liegt aber über dem Durchschnitt von ganz Tirol von 3 Prozent. Schon für 1923 weist Helmut Kieslinger (Beiträge zur Wirtschafts- und Siedlungsgeographie von Nordtirol, Inns- bruck, 1935) auf die Zusammendrängung der Bevölkerung bei Kitzbühel hin und Nor- bert Krebs (Die Ostalpen und das heutige Osterreich, Staggart, 1928) kennzeichnet das Gebiet um unsere Untersuchungsge- meinde Kitzbühel im Hinblick auf die Be- völkerungsentwicklung als Gebiet ‚früher mäßiger, nun starke Zunahme'. Die Gemeinden Kitzbühel-Stadt und Kitz- bühel-Land gehörten damals zu den Ge- meinden mit der stärksten Einwohnerzu- nahme des ganzen Brixentales und Achenta- les. Sie betrug nach Ferdinand Ulmer (Höhenflucht. Eine statistische Untersu- chung der Gebirgssiedlung Deutschtirols, Innsbruck, 1935) für Kitzbühel-Stadt 45 und für Kitzbühel-Land 47 Prozent. Wie diese Zahlen schon andeuten, blieb der Bevölkerungszuwachs der Stadtgemein- de seit 1900 hinter dem der damaligen Land- gemeinde zurück. Diese nahm von 1910 bis 1923 um rund 23 Prozent und von 1923 bis 1934 um 28 Prozent zu, während die Stadt- gemeinde im ersten Zeitraum nur um 1 Pro- zent und im zweiten um 15 Prozent ihrer Ein- wohnerzahl anwuchs. Das ist darauf zu- rückzuführen, daß die kleine Gemeinde Kitzbühel-Stadt nur mehr in beschränktem Umfang Menschen aufnehmen konnte und daher über ihre Grenzen hinaus anwuchs. Damals schon sind in ganz Tirol ausge- dehnte Flächen landwirtschaftlichen Bo- dens in der Umgebung der Städte zu Bau- plätzen für die Erweiterung der städtischen Siedlung geworden; eine große Anzahl bäu- erlicher Betriebe ist auf diese Weise stark verkleinert worden, viele sind gänzlich ver- schwunden. (In Kitzbühel wurden zwi- schen 1952 und 1964 in 46 Betrieben die Rinderhaltung aufgegeben - seit 1964 aber haben drei Betriebe die Bewirtschaftung bzw. Rinderhaltung wiederaufgenommen.) Diese Entwicklung führte schließlich zur Vereinigung der beiden Gemeinden Kitzbü- hel-Stadt und Kitzbühel-Land, die etwa durch ein Jahrhundert politisch selbständig gewesen waren, aber seitjeher eine Pfarrge- meinde und eine Schulgemeinde gebildet haben.« An anderer Stelle schreibt Dr. Rohn im Stadtbuch Kitzbühel, Band 1, Seite 198, u.a... »Allerdings war diese große Gemeinde Kitzbühel spätestens 1834 in zwei politisch selbständige Teile zerlegt worden, in die Stadt Kitzbühel mit den Vorstädten Gries und Hadergasse und in die Landgemeinde Kitzbühel, die aus den Gebieten bestand, die früher zu den Vierteln Reith, Jochberg und St. Johann gehörten.« Nun zu den von uns bearbeiteten Gemein- deratsprotokollen. Protokoll über die Bürgerausschuß- sitzung vom 26. Juni 1902 unter dem Vorsitz von Bürgermeister Franz Stitz: Herr Carl Cathrein (Bürgermeister von 1892 bis 1899) beantragt, geeignete Schritte zu machen, daß alle an die Stadt Kitzbühel anschließenden Teile des Landgemeindege- bietes im Sinne der §§ 2 und 4 der Gemeinde- ordnung dem Stadtgebiet einverleibt werden (Högigebiet, Ecking, Bahnhofstraße) und begründet den Antrag, daß das Notspital hauptsächlich wegen der Bahn errichtet werden muß, daß die Stadt die Straßenbe- leuchtung der Bahnhofstraße besorge wie auch die Wasserleitung und Hydranten er- richte, weiters daß Ecking schon früher zur Stadtgemeinde gehörte. Es solle daher, Kitzbühel mit Sonnberg, Horn und Bichlaimgebiet. Foto: Josef Herold
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