Kitzbüheler Anzeiger

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St. Johann - Entstehung und Entwicklung Von Univ.-Doz. Dr. Franz He:nz v. Hye in «Tirol - immer einen Urlaub wert« Erinflerung an den Glockenabschied von St. Johann in 7'i.I am 13. Sep ember i91. Seite 20 J(Jtzbihder Aneiger Samstag, 25. März 1989 Verkehr und Wirtchafi können jed:h nur orieren, wenn sie jr ein geordietes Gemeinwesen eingebettet sind. Wir wol- len Jaher im folgenden As.hnitt die Ce. treiide St. Johann und ftre Entstei'mg vor teilen. Der Name St. Johann begegnet ur- kundlich erstmals um 115), wobei er sich allerdings strenggenommen nur auf cie hiesige Pfarre bezieht: »apud ecelesiam sancti Johannis in Luichentale<:. Wie schon aus dieser Erst nenning leicht zu er- kennen, leitet sich der Name St. Johann vom (ursprünglich) Patrozinium der hiesi- gcn Pfarrkirche ab. In der ätest- überlieferten Urkunde des hiesiger Deka- natsarchivs aus dem Jahre 1275 ist denn auch von der Pfarrkirche »anti Johan- nis jr Luckental« die Rede, wolei sich der Name »Leukental« auf das Ta: der Kitz- büheler oder Großache bezieht. Die Be- zeichnung »Dorf« für die Siedlung und Gemeinde bei diesem Pfarrsitz begegnet dann erst viel später in eine Urkurde von 1431 »... zu sand Johanrs-chirichen in dem Dorff«. Die heute übliche Schreibweise »St. 10- hann. bahnte sich allmählich - ;owei: wir dies den Urkunden des Dekanatsarcliis ertnchnin können - ab 1459 an und lau- te: anfangs »ze Sand Johans«. De Gemeinde St. Joharn gliederte sich in r:iehrere »Werchate« und Ortsteile. Laut des Maria-Theresianischen Steuer- katasters von 1778 warer dies fclgende sechs: An erster SteJ:e steht die Wercat Si. Johann, welche aus dem westlichen Teil ces Ortskerns bzw. dem Oberen D:)- f urd cen Weilern Apfeldorf und Weibern- dorf sowie aus den Enzelhöen der Frak- tion Berglehen am Nordabfall des Kitzbü- heler Horns gebildet wird. Dieser ers:en folgt die Fuchshamer Werchat, welche aus :lern Unteren Dorf und den Weilern Baumoos, Almdorf, Wukl-Schattsci:e bzw. Fuchsham besteht und - abgesehen '0m Ortskern - durch die Piflersee-Ache gcen Otei hin begrenzt wird. Im :>Dort. verluIt die Grenze zwischer Jen WcrLI'alen St. Johann und Fuchs harn quer über den Hauptplatz, so :laß der Dc- clian:shof jr. cer Fuchshamer Werchat die Gasthöfe--uni Bären, und zur ?os: aber in der St. Johanner Wercha: liegen. Andererseits überschreitet hier die Fuchs- hamer \Vercha: die Pillesee-Ache, wes- halb auch z.B. die Wieshcfermühle an Ostufer der Acie zum Wecha: Fuchs:ian gehört. Die Frage, wie uid warurn es zu dieser auffalenden Greizzie.iung kam. muß zLnclTst noch als ungelöstes Rät se unbeantwortet bleiben. Die dritte \'/erchat bildete jene vor. Oberndorf. Sei: der Wiederversel5ststän- digi -von Oberndorf als ei Jene Gemein- de (1927) ecört davon aber nur noch das. Gebiet 'von Sperten zu S:. Johanr.. Hier also bildeten einerseits die I<itzbüheler unc andeerseits die Reither Ache klare Grenzen. Nördiich der Re ther Ache bzw. hauischlich m Raum zwischen dese: unc :er Grcßache dehnt sich d:e Frkkin- ger Werchat au. Dazu geFören die Viele: Rettenhach, W-eitau, Taxa, frieking und Bärnstet:en, zu unserer größten Uberra- schu:ig gehrt dazu aber auch das säge- rannte »Äußere Dorf« rechts der Groi3a- che Das sü:lichste Haus der Frickinge \Vec:iat rects der Ache wird daher vom Mamhw: r am Hauptplatz gehildet. Während die drei erstgenannter Wer- cha:e S:. Joiann, Fuchsham und Oern- dorf in er teritorialen G1.ederung des ehemaligen Landgerichtes Kitzbühel das »Viertel St. Johann« geb:ldet haben, ge- hör-.en die Werchate Fricking und jene von Haberberg und Winkler dem »Vierte Kirchdz•rf« a:1. Dies ist umso bemerkens- werer, als die komplette Werchat Win- kler mi: Reitharn, Scheffau und Winkl- Sonnseite eheno zur Gemeinde St. Jo- hann gehörten wie die Weiler Obe'hofen, Mitterndorf und Niederhofen aus der Ha- berger Werchat. Wie daraus hervorgeht, deckten sich das Gemeindegebiet und die Gemeinde- grenzen von St. Johann keineswegs mit jenen der alten Gerichtsverwaltung; das- selbe galt bis 1786 auch hinsichtlich der Pfarrgrenze. Wir haben hier also ein schwer zu durchschauendes Phänomen der Entwicklung von sich gegenseitig teil- weise überlagernden Organisationsberei- chen (Pfarre, Landgericht, Gemeinde) vor uns, eine Problematik, wie wir sie in Tirol nur selten antreffen. Es ist jedoch anzunehmen, daß es die kirchliche Grenz- regulierung zwischen den Pfarren St. Jo- hann und Kirchdorf war, die hier die grundsätzlcihe Situation schuf, und daß sich in der Folge die landesfürstlich- bayerische Landgerichtseinteilung mit ih- ren Vierteln dieser Einteilung annähernd anschloß. Die Gemeinde St. Johann hin- gegen hat sich über diese Grenzlinien hin- weg erst allmählich entwickelt, weshalb bis 1786 Teile der Gemeinde St. Johann, nämlich Wink-Sonnseite, Reitham, Scheffau, Oberhofen, N/litterndorf und Niederhofen, zur Pfarre Kirchdorf gehört haben. In diesem Zusammenhang mag auch daran erinnert werden, daß die alte Werchat-Einteilung, wonach die Wercha- te St. Johann-Dorf, Fuchsham und Frickung beim Hauptplatz aneinandersto- ßen, noch die in der Feuerlöschordnung von 1898 verfügte Unterteilung des Dor- fes in Feuerlöschabteilungen geprägt hat. Zufolge dieser Ordnung beginnt das Un- tere Dorf mit dem Pfarr- oder Dechant- hof, das Obere Dorf mit der »Post« und das Äußere Dorf mit dem Mauthwirt. Drauf, daß sich die Dorfgemeinde St. Jo- hann im Verhältnis zu Pfarre und Gericht erst als letzte Institution entwickelt hat, scheint auch der Umstand hinzuweisen, daß wir im engeren Gemeindebereich zu- mindest vier verschiedene Ortskerne mit der Bezeichnung oder Endung Dorf an- treffen, nämlich Weiberndorf (1431 Wei- beldorf), Almdorf (1435 Albendorf), Mit- terndorf und den heutigen Ortskern, wo- zu später noch Apfeldorf hinzukam, des- sen Name ursprünglich jedoch »Aphol- tracht« (1376) lautete. Beinahe typisch für die erst allmählich erfolgte Ausbildung der Gemeinde St. Johgnn scheint zu sein, daß die Weiler dieser Gemeinde . noch während des ganzen 15. Jahrhunderts, aber auch noch später hinsichtlich ihrer Lage in den Urkunden nicht als »in St. Johann«, sondern als »im Leukental«, Landgericht Kitzbühel gelegen angeführt werden. Die Anfänge der Gemeindeverwaltung von St. Johann lagen dementsprechend primär im kirchlichen Bereich bzw. bei der Kirchengemeinde oder »Kirichmenig« (1435), deren erstes gemeinsames Anlie- gen die Erhaltung und Ausstattung des Kirchengebäudes »zu Sand Johanneskiri- chen im Dorff« war. Die meist alljährlich von der (Kirchen-) Gemeindeversamm- lung gewählten zwei Kirchpröpste treten
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