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Die neue Orgel aus dem Jahre 1942 mit den vergrößerten Flanken zu beiden eiten aer uu- len (diese Pfeifen waren nurAtrappen). Der Spieltisch war zuerst seitlich links und kam erst später in die Mitte. Fotograf unbekannt Seite 6 ..VJtzbIhekr L4nzeIer Samstag, 15. April 1989 Pfarrkirche Kitzbühel: Die weiteren Renovierungsarbeiten beginnen mit dem Abbau der Orgel Am Montag, 3. April 1989, haben die Re- novierungsarbeiten im Langhaus der Stadtpfarrkirche begonnen. Die erste not- wendige Maßnahme, bevor mit der Einrü- stung des Kirchenschiffes begonnen werden kann, ist das Abtragen der Orgel. Am Wei- ßen Sonntag erklangen das letztemal ihre Akkorde. So ist es wohl angebracht, über die wechselvolle Geschichte unserer Orgel einiges in Erinnerung zu rufen. Aus dem Kitzbüheler Stadtbuch (Band 111/262) wissen wir, daß im Jahre 165 der Münchner Orgelmacher Christoph Egeda- cher für die Pfarrkirche um 1000 Gulden eine Orgel baute. Der Prospekt dieser Or- gel, das ist die vordere Fassade mit Säulen und Kapitellen, Zierat und Engelsfiguren, ist heute noch erhalten. Der Bildhauer der Ornamente und der posaunenblasenden En- gel erhielt 181 Gulden, der Faßmaler 230 Gulden. Ohne Zweifel waren es Benedikt Faistenberger und VeitRabl. Von diesen bei- den Kitzbüheler Künstlern stammt auch der prächtige Hochaltar aus dem Jahre 1663. Im Jahre 1694 wurde die Orgel vom Sohn Jo- hann Egedacher verbessert. Sie hatte nur wenig Metallpfeifen, etwa 10 Register und nur ein Manual - so wird sie um das Jahr 1907 in der 4. Auflage des Führers »Kitzbü- hei und seine Umgebung« von Pfarrer Peter Vordermayr geschildert. Daß die inzwi- schen fast 300 Jahre alt gewordene Orgel dem musikalisch sehr anspruchsvollen Stadtpfarrer Joseph Schmid nicht mehr ent- sprach, zumal auch der Holzwurm dem Werk arg zusetzte, ist verständlich. Diese Orgel kannte natürlich auch keine moder- nen technischen Einrichtungen. So erfolgte die Windgebung durch das Treten des Blase- balgs. Als Kalkantin wirkte zum Schluß Wetti Krof, den älteren Kitzbühelern sicher noch in lieber Erinnerung. Die Überliefe- rung berichtet, daß sie sich beim Treten vom Blasbaig besonders bei Beerdigungen so weit hoch heben ließ, daß sie ins Kirchen- schiff hinunter sah und beim damals noch üblichen 6>gen Opfer gehen« um den Hochal- tar sehen konnte, wer aller Begräbnis ging. Im Jahre 1941 fand sich eine Gelegenheit zur Anschaffung einer neuen Orgel. Man ließ Pfarrer Schmid wissen, daß das zur Ka- tharinenkirche gehörige Benefiziatenhaus (jetzt Restaurant »Glockenspiel«) beschlag- nahmt werden sollte. Das war sehr glaub- haft, nachdem das »Katholische Vereins- haus« (Kolpinghaus) bereits konfisziert war, am 1. Oktober 1940 alle Insassen des Kapu- zinerklosters von 30 erschienenen Gestapo- leuten innerhalb von zwei Stunden zum Ver- lassen des Klosters gezwungen worden waren und am 15. Dezember 1940 auch das sogenannte »Waisenhaus« (jetzt Marien- heim) von der NSDAP besetzt wurde und die Schwestern vertrieben wurden. In An- betracht dieser Situation wollte Pfarrer Schmid einer Beschlagnahme zuvorkom- men und verkaufte im Jahre 1941 das Benefi- ziatenhaus um den Betrag von 32.000 Reichsmark an den Gemüsehändler Ferdi- nand Widmoser, der im Parterre des Hauses bereits einen Gemüseladen betrieb. Die übrigen Teile des Hauses waren von Miet- parteien belegt und nicht gerade im besten baulichen Zustand. Mit dem Verkaufserlös wollte Pfarrer Schmid neben dem Einbau von neuen Fenstern im Pfarrhof (insgesamt 70 Stück) für die Kirche mit der Anschaf- fung einer neuen Orgel ein bleibendes Werk schaffen. Den Auftrag für den Bau der neuen Orgel erhielt die Firma Max Dreher in Salzburg. Die besten Fachkräfte der da- maligen Zeit wurden zu Rate gezogen. Die Dic cl,e Egedacher Orgel - links und rechts voi der Orgel ist die Inschrift .iher die Grundsteinlegung der Pfarrkirche (1435) und die Ein'ölbung mi Jahre 1506 zu erken- nen, diese Inschrift kam !86 bei der Reno- vierung zutage. Foto: Hugo Krause (r.-t Jahre 1939 Dioition wurde nach den neesten Er- kenntnissen im Orgelbau vom Dornapell- mc:ster Jloseph Messner (SalzbLrg) entwor- feii. Bei der Einweihung im April 1942 spielte Hofrat Prof. Vinzenz Gcller au Klo- ster neuburg bei der Aufführung seiner »Clemer1s-Maria-Hcfbauer-MeS se« per- sönlizh die Orgel. Man war über das neue Instrument mit seinen 31 Registern vcll des Lobes. Aus dem Kollaudierungsprotokoll vorn 18. April 1942: »... Nachdem alle litur- gishen, akustisrien, künstlerischen, tech- nischen und materiellen Leistungen Lnd Li- ferngen des Offertes vom 8. Februar 1941, aber auch alle im modernen Orgelbau und alle für ein küns:lerisches Orgelspiel geIr- cerien Bedingungen erfüllt und der Preis als sehr bescheider bezeichnet werden muß, können die Experten die Übernahm-- der Orgel in las Eigenttm der Stadtpfarrkirche Kitzbühel mit Applaus für Eestiler und Er- baLer empfehlen.« Die Zeit sprach leider ein anderes Urteil: Die Orgel hat die in se gesetzter Erwartun- gen nich: erfüllt. Der erste Grund Legt in den durch die Kriegs- -e-t bedingten schkchtcn Material (z. B. für die Pfeifen Verwendng von Zins anstatt Zinn und von Hoiz, das für den Orgelhau schlecht gee:g- net i st). Der zweite Grund Legt in c« er elek- tropneumati.schen Steuerung der Trakture n. Dieses System ist, wie sich inzwischeii her- wiss:ehte, äußerst stciranrällig urc von rela- tiv kurzer Lebensdauer, scdal sehen aus diesem Grunde drei anabhängige Orgelgut- ach ----r im Jahre 1981 dr:ngend von einer Re- paratur bzw. Uberholung der bestehenden Orgel abgera:en habenundie Anschaffung einer mechanischen Scmileifladeriorgel in der Art der alten Orgel em?fohlen haben. Ein gro3er Nachte--1 C' -er Orgel au demJahre 1942 ist auch das Fehlen eines zesch-_osse-
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