Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 30. Dezember 1989 Kitzbüheler Kanzeiger - Seite 21 Markus Gandler 3. m Rückblick und Ausblick auf dies Hätte man vor einigen Jahren gesagt, daß gerade ein Kitzbüheler jemals auf dem Stockerl eines Langlauf-Weltcups stehen würde, niemand hätte dies geglaubt. Und daß eben dieser selbe Kitzbüheler, oder vielleicht ein anderer Osterreicher, schon bald in der nächsten Zukunft ganz oben auf dem Treppchen stehen könnte, davon ist der junge Trainer der österr. Langlauftruppe, Mag. Werner Schwarz, ganz voll und fest überzeugt. Vor fast 2 Jahren freute sich Markus Gandler als Mitglied der österr. Mannschaft auf die Langlaufbewerbe der Olympischen Spiele in Calgary. Gewissenhaft hatte er sich auf diesen Moment vorbereitet. Ein Vi- rus machtejedoch diejahrelange Arbeit und das gezielte Training mit einem Schlage zu- nichte. Markus wurde krank und konnte nicht starten. Daß er auf eben dieser selben Strecke im schnellsten, je gelaufenen Skating-Wett- bewerb über 15 km in die Phalanx der ganz Großen eindringen konnte, ist definitiv eine epochale Leistung und vielleicht ein verspä- teter Lohn für seinjahrelanges Training und Ersatz für die von ihm ins Wasser gefallenen Olympischen Spiele. In genau 33.03 Minuten, nur 14 Sekunden hinter dem Sieger, wurde der 24jährige Kitzbüheler in einem über 100köpfigen Starterfeld 3. und ließ den großen Gunde Swan eine Sekunde hinter sich. Wie erklärt sich Markus Gandler diese geradezu un- glaubliche Steigerung und sein gegenwärti- ges Leistungshoch? Wenn man dazu noch weiß, daß nur 1 Tag später auf derselben Strecke in einem im klassischen Stil mit Alois Stadlober, Markus Gandler und Alois Schwarz gleich 3 Osterreicher in die Spit- zenränge 4, 5 und 6 kamen, so spricht dies sicherlich zu einem gewissen Grad für den neuen 31jährigen Trainer aus dem Piesting- tal in Niederösterreich, seine Methodik des gesamten Trainingsaufbaues, aber ebenso im selben Maße für das Leistungshoch der gesamten Mannschaft. Neben dem neuen Trainer Schwarz stehen den Athelten mit dem Mannschaftsbetreuer Werner Vogi, der Physiotherapeutin Ursula Isidro und demjungen Arzt Dr. Altenberger (übrigens aus dem Team Dr. Peter Baum-- gartls aus St. Johann) junge Leute zur Verfü- gung, die zwar ihre eigenen Pläne konse- quent durchziehen, jedoch den Läufern im Gegensatz zu Trainer Honcu einen weit grö-- ßeren Freiraum in der personellen Vorberei- tung zugestehen. Was Markus Gandler persönlich anbe- trifft, ließ der Trainer sofort nach Antritt sei- ner Arbeit ihn in Wien gesundheitlich durchuntersuchen, um den Grund seiner Krankheit zu erfahren, die in Calgary ihren Anfang nahm und lange Zeit danach keine sportliche Hochleistung zuließ. Wie Mar- kus selbst erwähnte, hat er vielleicht irgend- wie selbst zum Teil Schuld daran, daß keine Besserung in seinem Befinden eintrat, denn er nahm monatelang selbst diese unange- nehme Situation nich ernst genug. Heute Markus Gandler - als erster Österreicher Dritter ei-zes La nglauf-W~lt~ups. fühlt sich Markus nun vollfit, d. h. ganz gesund. Um den sportlich interessierten Lesern, aber auch dem Laien ein Bild über die Trai- ningsintensiät eines Spitzenläufers zu ge- ben, schikerte Markus Gandler nur einige sich selbst auferlegte und vom Trainerteam stets überwahten privaten Trainingseinhei- ten. Um zim Beispiel die Spritzigkeit im Sprint bei Kurzstrecken zu fördern, lief der Kitzbüheler täglich bis zu dreimal vom Pul- verturm zur Seidlalm. Immer das volle Li- mit gehend, schaffte er den Lauf bergwä rts in 10 Minuten, legte bergabwärts »einen Ru- heintervall von 15 Minuten« ein, dann wie- der hinaaf in 10 Minuten—und dies dreimal hintereinander pro Tag. Ausdaier trainierte der Modellathlet bei Bergläufen, die er meist am Gasthof »Eiserne Hand« in Fieber- brunn startete, dorthin karrte il-in seifl Groß- vater mit dem Auto. Über Lärchfizhochalm ciritissima auf den Wildseeloder, über die gesamte 3ergkette zum Gebra nach Aurach und von cort dem Tal entlang nachhau;e, war sein Programm mehrmals in der Wo- che. SkirDllerläufe von Kirch:erg ins Sper- tental, ja sogar auf die Labaim, eine, wie Markus sicr1 ausdrückt, sehr herausfordern- de kupierte Piste mit Anstiegen und Abfahr- ten, vervlls tändigten das »häusliche Trai- ningsprogramm<, wenn der Läufer in Kitzbühel weilte. Schon - -echt bald spürte er aber auch seine Freunde, die sich ein ähnliches privates Trainingsprogramm auferlegt hatten, berm gemeinsamen Sornmertrainirg, daß sich ihre Gesamtwerte gegenüber denen des Vor- jahres verbessert hatten. Gemeinsames Te- s:en des Materials, Aussprachen mit Trai- nern und 3etreuern und das besonders net:e, ja freundschaftliche Verhältnis zwischen Betreuern und Athelten, bildeten die Grundlage für ein gezieltes Schneetraining, das heuer zur Gänze in Osterreich durchge- führt wurde. Nach Gandlers Aussage wurde heuer kilometermäßig nicht mehr trainiert als Jahre zuvor, das Training Nvar aber dank dem gewonnenen Vertrauen zum gesamten Trainerstab und durch die wissenschaftlich genau meßbaren Werte heuer viel intensi- ver. Ohne irgendwelche Werbung zu betrei- ben - Markus Gandler läuft auf Kneissl, sein Freund Alois Stadlober auf Kästle - den Läufern steht stets das beste Material für das Training und die Wettbewerbe zur Ver- fügung. Für die Weltcup-Bewerbe nehmen die Läufer meist 12 Paar Skier mit, die sie immer wieder beim Training testen und am Renntag 3 Paare davon selbst für den Bewerb auswählen. Markus - ehrlich wie er eben ist - erwähnte, daß er dadurch, daß mit Gunde Swan der weltbeste Langläufer das- selbe Material wie er verwendet, er viel- leicht gegenüber seinen Freunden einen leichten Materialbonus aufweist. Gunde hat nämlich mit Ferry Grill aus Oberösterreich als einer der wenigen Rennläufer seinen ei- genen Service-Betreuer, der sein Wissen und Können natürlich aber auch Markus in gewissen Maßen zukommen läßt. Obwohl mit Werner Vogl den Österrei- chern ein Betreuer von Format zur Verfü- gung steht, hat die rot-weiß-rote Equipe je- doch gegenüber anderen Nationen ein definitives Handicap zu tragen. Unseren Burschen steht aus rein finanziellen Grün- den kein eigener Wachsexperte zur Verfü- gung, wie er bei den Nordländern oder wie z.B. den Schweizern oder Italienern zur Selbstverständlichkeit zählt. Dies betrach- tet der junge Sportler als leichten Nachteil gegenüber den anderen Nationen, überbe- wertet dieses Handicap jedoch keineswegs. Was sind Markus Gandlers nächste Ziele und was erwartet er sich persönlich von der Rennsaison 1989/1990? Prognosen dazu wagt er keine. Dazu ist er zu vorsichtig, weiß jedoch sein gegenwärtiges Leistungsniveau genau einzuschätzen. Weitere Plätze im Vorderfeld, besonders bei Weltcuprennen sind sein Wunsch und das primär gesteckte Ziel. Im Moment freut er sich jedoch, da- heim zu sein bei seinen Großeltern, die viel dazu beitrugen und auch auf viel verzichten mußten, daß Markus heute das ist was er ist, ein österreichischer Spitzensportler, ein äu- ßerst sympathischer junger Mensch und Vorbild für die Jugend. Er ist einfach und schlicht geblieben, trotz seiner Erfolge - vielleicht introvertiert, aber trotzdem viel Freude ausstrahlend, ähnlich Pirmin Zu- rbniggen, seinem Vorbild aus dem alpinen Lager. Sein nächster Weltcup-Einsatz wird ein 30 km Lauf in Skating stehen in der Nähe von Moskau am 6. Jänner d.k. Jahres. Dort wieder ganz vorne dabei zu sein, wünscht und erhofft er sich, denn die schwierige 30-km-Distanz ist ja seine besondere Stär- ke. Weit mehr freut er sich jedoch auf den Nachtsprint am 14. Jänner in der Kitzbühe- ler Innenstadt im Rahmen des 50. Hahnen- kammrennens, denn da trifft er auf seinen Freund und Rivalen Gunde Swan, dem er vor eigenem Publikum Paroli bieten will. Dies warenjedenfalls seine letzten Worte, das sein Interview mit uns gegen 9 Uhr früh (ja Sie haben richtig gehört) beendete. Mar- kus mußte schnell auf den Hahnenkamm, um Schnee zu suchen, Schnee zu finden, um trainieren zu können, trainieren, trainieren, trainieren. H.J.G.
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