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Seite 34 J(Jtzbühekr Anzeiger Samstag, 3. November 1990 L OBERNDORF Selten war ein Veranstaltung der Bürgerinitiative Eggerwerk so gut be- sucht, wie jene am Donnerstag vergange- ner Woche. Der Saal im Gasthof Neuwirt war voll, mehr als hundert Oberndorfer Am Mittwoch, dem 24. 10. 1990, fand die diesjährige Vollversammlung des FVV Oberndorf im Gasthof »Penzinghof« statt. Nach der Begrüßung der Mitglieder berich- tete Obmann Klaus Waltl über die Aktivitä- ten des Fremdenverkehrsverbandes wäh- rend des abgelaufenen Jahres. Das Reisebüro Sonnenschein und der FVV wurden räumlich getrennt. Die lang- jährige Mitarbeiterin Brigitte Mayr wurde vom Reisebüro übernommen. Als neue Kraft wurde Monika Groder angestellt. Der Geschäftsführer Hans Nothdurfter verließ den FVV mit 31. 10. 1990. Neuer Ge- schäftsführer wurde Gerd Tengg aus Kitz- bühel. Die Zahl der Nächtigungen von Feriengä- sten war im letzten Jahr leicht rückläufig. Die Gründe dafür waren der schneearme Winter 1989/90 und ein schlechter Früh- sommer 1990. Außerdem muß man das heu- rige Ergebnis vor dem Hintergrund des vor- jährigen, welches das beste jemals erzielte war, betrachten. Der zurückgetretene Geschäftsführer Hans Nothdurfter, daneben FVV-Obmann Klaus Wahl und Dr. Kindermann (von links). wollten zu dem heißen Thema ihre Mei- nung sagen. Auch die Politiker waren in großer Zahl gekommen: Neben den fast vollzählig erschienenen Gemeinderat - nur BM Höck fehlte - waren auch die Landtagsabgeordneten Ing. Andreas Obitzhofer, Dr. Horst Wendling und Dr. Eva Lichtenberger sowie Kitzbühels Bür- Die Werbeaktivitäten im letzten Jahr be- standen hauptsächlich in der Beteiligung an Tourismusmessen direkt durch den FVV Oberndorf oder gemeinsam mit den Werbe- gemeinschaften »Kitzbüheler Alpen« und »Schneewinkel«. Weiters wurde mit Insera- ten in verschiedenen Zeitschriften ge- worben. Es wurden im letzten Jahr ca. 300 langjäh- rige Gäste von Oberndorf geehrt. Die Eh- rungen wurden in bewährter Weise vom Eh- renobmann Alois Nothdurfter durchgeführt. Der Obmann sprach ihm dafür den Dank des FVV aus. Als wichtigste Veranstaltungen sind zu nennen: Fackelzug und Neujahrsfeuer- werk, Gästeskirennen, Koasalauf, Dorf- fest, wöchentliche Platzkonzerte und ge- führte Wanderungen. Obmann Klaus Wahl dankte allen Vereinen, der Musikkapelle, der Feuerwehr, den Schützen, der Gendar- merie, dem Skiklub, dem Fußballklub und dem Eisbärenklub, ohne deren ehrenamtli- che Mitarbeit alle diese Veranstaltungen nicht durchführbar wären. Bezüglich Loipen und Skipisten dankte der FVV allen Grundbesitzern, welche ihre Grundstücke für Pisten und Loipen zur Ver- fügung stellten. Nach der einstimmigen Genehmigung der Jahresrechnung 1989 und der Beschluß- fassung des Haushaltsplanes 1991 wurde der langjährige Geschäftsführer Hans Noth- durfter verabschiedet und geehrt. Hans Nothdurfter arbeitete schon während seiner Handelsschulzeit aushilfsweise für den FVV, 1972 wurde er zum Geschäftsführer bestellt. Er war maßgeblich am Aufbau und der Entwicklung des Fremdenverkehrs in seiner Heimatgemeinde beteiligt. In Zu- kunft will er sich ausschließlich seinem, vor einigen Jahren gegründeten Reisebüroge- schäft widmen. Der Fremdenverkehrsverband Obern- dorf und das Land Tirol, vertreten durch Herrn Dr. Kindermann, sprachen Herrn Nothdurfter Dank und Anerkennung für seine Leistungen aus, welche er für seine Heimat erbracht hat. germeister Friedhelm Capellari in der Menge zu entdecken. Zur Einstimmung zeigte die Bürgerini- tiative eine Filmdokumentation, die sie im Frühjahr dieses Jahres gedreht hatte. Die aus einem Flugzeug aufgenommenen Bil- der zeigten, was den Oberndorfern aus leidvoller Erfahrung ohnehin bekannt ist: Eine riesige Abgas- und Wasserdampf- wolke, die sich bei Inversionswetterlage über dem ganzen Talkessel ausbreitet und den Himmel verfinstert. Dazu war düstere Musik und der 0-Ton eines deutschen Ur- laubers zu hören, der meinte: »Wenn man am Hahnenkamm steht, sieht man erst, wie dieses Werk die Täler ringsum ver- saut. Für diese Region ist das bestimmt keine gute Werbung«. Ausführlich zu Wort kam auch der »Hauptdarsteller« des Films, Werkschef Fritz Egger. Er sagte, die Schadstoffbela- stung werde sich nach Inbetriebnahme der Rauchgasreinigungsanlage auf ein unbe- deutsames Maß reduzieren. Eine echte Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung habe es aber nie gegeben, das sei stets hochgespielt worden. »Ich bin der leben- de Beweis. Seit Jahren wohne ich direkt neben dem Werk und es geht mir gut«. Ei- ne Ansicht, die Amtsarzt Dr. Andreas Weithaler nicht teilt. Er sagte im Interview, es gäbe im Raum Oberndorf und St. Johann viele Men- schen, die an Reizungen der Atemwege und Tränenfluß leiden würden. Das Stati- stische Zentralamt habe auch eine über- durchschnittliche Zahl an Lungenkarzi- nomen festgestellt. »Aber eine genaue Untersuchung hat das Land trotz meiner Forderungen noch immer nicht in Auf- trag gegeben», bedauerte der Arzt. Die Diskussion zeigte dann die Kluft, die den Oberndorfer Gemeinderat in die- ser Frage durchzieht. Während die beiden Mandatare Hans Schwaigkofler und Se- bastian Rass meinten, nach erfolgreicher Abgasreduktion könnten sie sich durch- aus eine Werkserweiterung vorstellen, sagte Gemeinderatskollege Lorenz Linsin- ger kategorisch Nein. »Die Reinigung ist uns der Egger schon lange schuldig. Eine Erweiterung kommt gar nicht in Frage«. Linsinger erhielt Szenenapplaus des Pu- blikums und verbale Unterstützung der drei Landespolitiker Wendling (FP), Obitzhofer (SP) und Lichtenberger (GAL). Sie meinten in seltener Einmütig- keit, hier gehe es um eine Grundsatzent- scheidung. »Das Werk wird immer erwei- tern wollen. Man sollte den Mut haben und ein für allemal nein sagen«, empfahl Andreas Obitzhofer, selbst in der BI- Eggerwerk in Wörgl aktiv. Und LA Horst Wendling stellte fest: »Die Region lebt fast ausschließlich vom Tourismus. Es wäre eine Katastrophe, wenn zwischen Kitzbühel und St. Johann eine Industrie- gemeinschaft entstehen würde«. Ähnlich der Standpunkt des Oberndorfer Wirtschaftsbund-Obmannes und Gast- wirtes Leonhard Stöckl. »Wir müssen uns überlegen, was wir wollen. Wenn die Gä- ste weiterhin zu uns kommen sollen, dann Tourismus- oder Industriegemeinde? - Grundsatzdiskussion in Oberndorf: »Das Eggerwerk hat seine Grenzen erreicht« Der Antrag von Spanpiattenerzeuger Fritz Egger und Sägewerksbesitzer Fritz Klaus- ner, der Oberndorfer Gemeinderat solle für eine Betriebserweiterung bzw. Neuansied- lung zehn Hektar Freiland umwidmen, hat in der 1600 Seelen-Gemeinde eine breite Grundsatzdiskussion ausgelöst. Die Bürgerinitiative Eggerwerk nützte das wiederer- wachte Interesse und fragte anläßlich eines Diskussionsabends im Gasthof Neuwirt provokant: »Will Oberndorf in Zukunft eine Tourismus- oder eine Industriegemeinde sein?« Die hohe Politik und die Bevölkerung waren sich fast einig: »Das Eggerwerk hat seine Grenzen erreicht«. Von der Vollversammlung des FVV Oberndorf
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