Kitzbüheler Anzeiger

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Alter schützt vor Kraxeln nicht: Hias Leitner sen. Fotos: Ing. Haseiwanter Samstag, 10. November 1990 kJtibühekr j1nzcger Seite 15 ÖdliveigiIÖe it3btIeI Der Steinpiattengeist ließ sich nicht sehen an jenem milden Herbsttag, als die Edelweißgilde Kitzbühel durch die Platte stieg. Offenbar waren ihm zuviele Kletterer im Gemäuer, sodaß er es vorzog, sich in seine Zweitwohnung in den schachtartigen, schaurigen »Wieslochka- mm« am sogenannten Brandl zurückzuzie- hen. Wie einst Messner den Yeti so will der klassische Steinplattenerschließer der 70er und frühen 80er Jahre Peter Brandstätter den Wieslochgeist einmal gesehen haben, lange Arme und dünne Haxn soll er haben und einen schiachn Bart. Jedenfalls wäre vor lauter Kraxln bald keine Hauptversamm- lung der Gilde zustandegekommen. Vor- stand, Kassier und als einziger Getreuer das Geburtstagskind Wendi (feierte den dritten Zwanziger) bangten beim Gipfelkreuz um die Beschlußfähigkeit nach längst verstri- chener Wartezeit. Es hatten sich nämlich so- gar verbissene Alpinkletterer zu den Sport- kletterrouten der Steinplatte bekehren lassen. Nach und nach kamen dann jedoch die Kitzbüheler Kraxler durch die latschen- bewachsenen Aufstiege und ermöglichten den ungeduldig am Gipfel wartenden Büro- kraten die Durchführung der Jahreshaupt- versammlung. Richtige Versammlungs- freude kam aber erst auf, als plötzlich »Ruaß« Toni am Ausstieg des klassischen Pfeilerweges erschien und als Partner im Fels den 79jährigen Hias Leitner sen. vor- zeigen konnte, der diese immerhin den obe- ren IV. Schwierigkeitsgrad verlangende Tour klaglos bewältigte. Kaum hatte dann die Versammlung ihren ohnehin kurzen Lauf genommen, als der wegen ständig wachsender Familie immer bürgerlicher werdende St. Johanner Hutmacher Chri- stian in wieder aufkeimender alter Wildheit seinen neuen Gleitschirm packte und vom Steinplatten-Nordgipfel aus an der verdutz- ten Versammlung vorbei sich in die Tiefe auf Kammerköhr stürzte. Vorgetragen wurde ein toller Tourenbe- richt der Gilde mit zahlreichen Glanzpunk- ten. Aus 25 abgegebenen Berichten (wo blieben die restlichen?) gehen 1000 Gipfel hervor, hunderte von Kletterfahrten im VI., VII. und VIII. Schwierigkeitsgrad - kurze Sportklettereien gar nicht mitgerechnet. 12 Fünftausender, 6 Sechstausender und 1 tol- ler Achttausender - wie schon berichtet - krönen die Bilanz. Das Wichtigste sei er- wähnt: alle kamen gesund wieder heim. Das Angebot im Vereinsgeschehen wurde im ab- gelaufenen Jahr qualitativ wieder besser, das aktive Bergsteigen im Leistungsbereich ist und bleibt das erklärte Vereinsziel. Auch des heimgegangenen Oberschulra- tes Karl wurde gedacht hoch oben am Stein- plattengipfel. Da soll noch einer sagen, daß die Quantität der jährlichen Unternehmun- gen ein Zeichen unserer Zeit ist. Aus dem al- ten Gildenbuch der Zwischenkriegszeit kam die Wahrheit ans Tageslicht. Im Jahre 1935 ist er insgesamt 68mal (!) hinaufgestie- gen, der Karl, mit Ski oder Kletterseil. Er war irengedwie gegenwärtig an jenem schö- nen Oktobertag, die erste Hauptversamm- lung der Gilde seit 1934, die er nicht mehr erleben durfte. Gewiß hätte er sich über die Kraxler aller Generationen in der Steinplat- te gefreut. Und als die hinter den Gamsfluchten des nahen Kaisers versinkende Sonne die letzten glutroten Strahlen auf die versammelte alpi- ne Gesellschaft schickte, erfreute sich diese an der Aufnahmezeremonie der neuen Gil- denkraxier. Für diese setzte der honorige Fritz i!Iube/ JliIi. un cxt "enier' KaieijeIs. Ehenvorstand T.W.die amtierende Vereins- führung außer Kraft und sprach ergreifende Worte. Diese werden Hermarri Hain (Aspi- rantenj ahr mit eindrucksvollem Tourenbe- richt beendet) sowie Fritz Fuber jun. (3. Gildengeneration) und dem spätberufenen Franz Greiderer tief ins Herz gegangen sein. Was Wunder, wenn dann wegel der herein- brechenden Därnnzerung keine Zeit mehr für einen GegenvDrschlag zur Neuwahl blieb. So blieb eben alles ceim alten, mit einer Ausnahme, fir unseren feinsinnigen Zeichner Karl mußte ein Nach±olger gefun- deii werden. Da Kar:katursten nicht ge- wählt soncern vom lieben Gott mit dem hie-für no:wendigen, seltenen Talent be- dacht werden, war das Schicksal von Lois, glechzeitig Bergreltungsobrnann, ziemlich uncemokratisch schon besiegelt. Wer Zwei- fel an dieser »Wahl« hat, der möge sich eini- ge Kcstproben vom Lois aus dem derzeiti- gen Gildenbuch anschauen. Die Moral von der Geschicht' wurde bei Speis und Trank auf der xStallenalm« bald klar: Ausifilge zum heimatlichen Berg und Fels ohne viel Benzinverbrauch snnd ebenso »in« wie de EcelweißgiUe Kitzbühel bei den Kraxlern. Lediglich der Hansei-Peppei hat heuer g--fehl--, ein cern Steinplattengeist nicht unähnlicher ehemaliger Ackerlgeist. Er hat sich zwischenzeitig aber schon wie- der bemerkbar gemacht. ******* Wie bereits aräekündit, findet der nächste Gildenbend am Freitag, 9. 11. 1990, um 20 Uhr statt. Dabei berichten Engelbert Weiß und Franz Hofer in FDrm eines Lichtbilder- vortrages über eine Trekkingreise nach Bolivien im Früinommer dieses Jahres. Diese brachte schöne Erfolge, Franz Ho- fer gelang eine Doppelbesteigung des Illi- mani. 6.402 m, in der Cordillera Real.
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