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eter Rapp m Wochenendeim derbe-Fernsehen: 51 So können Sie mit 6% Ihr eigenes Haus finanziieren.91 Wü stenrot Samstag, 10. November 1990 kjtzbühekr Anzciqer Seite 9 Tourismus und Umwelt Festvortrag von Dr. Peter Haimayer anläßlich der Jubiläumsfeier »35 Jahre Vereinigung der Fremdenverkehrsverbände Kitzbüheler Alpen« Fünfunddreißig Jahre Fremdenverkehrs- verband »Kitzbüheler Alpen« bedeuten dreieinhalb Jahrzehnte gemeinsame Arbeit in einer Zeit, in der der Tourismus einen un- geahnten Aufschwung genommen hat. Un- ter Ihnen sind zahlreiche Persönlichkeiten, die diese quantitative, aber auch qualitative Entwicklung entscheidend mitgeprägt ha- ben. Sie alle haben im Rahmen Ihres Wir- kens immer wieder die enge Verknüpfung von Tourismus und Umwelt erfahren: Die Berge der Kitzbüheler Alpen, die sich in hervorragendem Maße für den alpinen Ski- lauf eignen; die traditionelle, von der Land- wirtschaft geprägte Kulturlandschaft, die viele Städter begeistert, oder die reine Luft und das saubere Wasser, die wichtige Vor- aussetzungen für eine echte Erholung dar- stellen. Sie alle haben aber auch erlebt, wie durch die touristische Nutzung Umwelt be- ansprucht, verändert und beeinträchtigt wird. Hat man in den ersten Abschnitten des in- tensiven touristischen Ausbaus den Um- weltbelangen noch wenig Beachtung ge- schenkt, so ist in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel eingetreten. Fehler wur- den erkannt, mögliche Gefahren wahrge- nommen und immer mehr wurde offenkun- dig, daß Umweltgüter nicht in unbegrenz- tem Maße verfügbar sind. Die positive Bewältigung dieser Proble- matik setzt eine umfassende Betrachtung, eine ehrliche und objektive Analyse voraus. Jede Schwarz-Weiß-Malerei ist fehl am Platz. Sieben Thesen sollen uns eine solche Analyse erleichtern und den Weg zu erstre- benswerten Zukunftsperspektiven ebnen. These 1: Die Umweltsensibilität der Gä- ste hat in den letzten Jahren ständig zuge- nommen. Damit verbunden ist auch ein wachsendes Interesse an naturorientierten und umweltschonenden Formen des Tou- rismus. Die Ergebnisse der Deutschen Reiseana- lyse sindbekannt.Imiahre 1985 haben 30% der befragten Reisenden aus der Bundesre- publik Deutschland angegeben, in ihrem Urlaubsgebiet Umweltprobleme bemerkt zu haben. Drei Jahre später waren es bereits 58 %. Und 1989 haben sich 25 % der bun- desdeutschen Urlauber vor Reiseantritt ein- gehend über die Umweltsituation am Ur- laubsort informiert. Diese Zahlen besagen nicht, daß die Umweltsituation in den Ur- laubsgebieten schlechter geworden sind, sie zeigen aber, daß die Gäste dem Thema Um- welt mehr und mehr Aufmerksamkeit widmen. Wir verfügen über eigene Befragungser- gebnisse aus Südtirol, die zeigen, daß hin- sichtlich der Wahrnehmung von Umwelt- beeinträchtigungen im Zielgebiet zwischen bundesdeutschen und italienischen Gästen keine gravierenden Unterschiede bestehen. Das bedeutet, daß die Umweltfrage auch bei neuen Zielgruppen nicht außer acht gelas- sen werden darf. Mit der Umweltsensibilität eng verbun- den ist auch eine Anderung im Urlaubsver- halten. Sie reicht vom Bemühen um eine umweltgerechtere Ausübung technisch ge- prägter Sportarten, wie dem alpinen Ski- lauf, bis zur gezielten Nachfrage nach aus- schließlich naturorientierten, oder wenn Sie so wollen, sanften Angeboten. Das geht be- reits soweit, daß sich neue Reiseveranstalter auf solche Angebote bzw. Nachfragegrup- pen spezialisieren. Festredner Dr. peter Haimayer, Vorsitzen- der des Arbeitskreises »Freizeit und Touris- mus« der Universität Innsbruck. Auch aus unserer täglichen Arbeit im »aft« verfügen wir über eine Reihe von Bele- gen, die diese Entwicklung bestätigen - etwa Anfragen des Deutschen Sportbundes über umweltfreundliche Skigebiete, oder das Echo auf unsere Tagung zur Bewirt- schaftung von Berghütten. These 2: Ein beträchtlicher Teil der um- weltbezogenen Kritik am Tourismus ist auf eine mangelhafte, ja sogar falsche Informa- tion durch Meinungsträger und Wissensver- mittler zurückzuführen. Sie alle sind mehr oder weniger häufig mit umweltbezogener Tourismuskritik konfrontiert. Ein Teil dieser Kritik besteht zweifellos zurecht. Ebenso sicher aber ist, daß nicht wenig Kritik überzogen ist, daß sie Schwarz-Weiß- Malerei darstellt und an der Sache vorbei- geht. Und gerade diese Art von Kritik prägt die öffentliche Meinung in starkem Maße. Ich darf hier nur an die Kommentare zu den Hochwasserkatastrophen im Sommer 1987 erinnern. Was ist zu tun? Blindes Zurückschlagen ist auf jeden Fall fehl am Platze, zumal die Tourismuswirtschaft wegen tatsächlicher Fehler sowie aufgrund unglaubwürdiger Schönfärberei an dieser Situation zum Teil selbst schuld ist. Angesagt ist vielmehr eine offene Informationspolitik, die nicht über- treibt, die Fehler eingesteht, die erbrachte Leistungen konkret beschreibt und damit zu einer differenzierteren Betrachtung hinführt. These 3: Der Tourismus und seine Ein- griffe in die Umwelt werden auch von der einheimischen Bevölkerung in zunehmen- dem Maße kritisch betrachtet. Dies kommt u.a. in der Erhöhung des Stellenwertes zum Ausdruck, der einer lebenswerten Umwelt beigemessen wird. Beispiele dafür ließen sich in ansehnlicher Zahl anführen: der Wi- derstand gegen die weitere Gletscherer- schließung im Stubaital, die Verkehrsinitia- tive in Sölden, das Umweltgütesiegel Kleinwalsertal oder der Arbeitskreis Le- benswertes Kirchberg. Eine weitere gedeihliche Entwicklung des Tourismus erfordert zweifelsohne die Berücksichtigung der Bedürfnisse der ein- heimischen Bevölkerung, und sie verlangt mehr denn je Entscheidungen, die auf brei- ter Basis vorbereitet wurden. Eine derartige Vorgangsweise bietet eine gute Vorrausset- zung für eine Atmosphäre, die ich mit »posi- tivem Tourismusbewußtsein« umschreiben
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