Kitzbüheler Anzeiger

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Der Dorfschulmeister Hans GraB ist 60 Jahre alt in des Vaters Klasse zufrieden- stellend tätig gewesen war. 6) Der Magistrat bestand darauf, daß der 1. Lehrer Kantor, der 2. Lehrer Chorregent und der 3. Lehrer Mesner sei, weil er sich durch diese Einkünfte - die Leh- rerschaft in Tirol war durchwegs erbärmlich schlecht bezahlt und mußte Zusatzarbeit betreiben, um eine Familie ernähren zu können - 'ausgezeichnete Lehrkräfte' erwartete. Damit hatte der Magi- strat aber auch klargestellt, daß nicht Hölzl auf den Platz des 1. Lehrers nachrücken sollte, son- dern Bacher, der Schwiegersohn von Bürgermeister Sebastian Ruedorffer, aufrücken sollte. Die Wahl fiel deswegen schwer, weil der dienstältere Hölzl als Lehrer wenig befähigt war, aber als Chorregent gute Zensuren erhielt, der jüngere Bacher aber gegen- teilig zu beurteilen war. Lehrer mußte den Gehilfen bezahlen Die Schulaufsicht in St. Jo- hann beantragte, Hölzl bleibe Chorregent, behalte das Lehrer- gehalt, bleibe in der Wohnung im Schulhaus und bezahle die Substituten. Der Magistrat küm- meile sich nicht viel um die Vorschläge des Dekans, machte Bacher zum Kantor und Hölzl zum provisorischen Chorregen- ten. Es dauerte noch bis zum Februar 1854, bis die Angele- genheit entschieden war. Bacher wurde 1. Lehrer, Hölzl blieb 2. Lehrer und Chorregent, mußte aber für den Schuldienst einen Gehilfen auf seine Kosten hal- ten. Wenn wir Ptirstls Angaben folgen, dann waren die 54 Be- rufsjahre von Sebastian Hölzl zwischen 1862 und 1864 um und es wären ihm noch ein paar Pen- sioni stenj ahre gegönnt gewesen. Nicht vergessen sei bei einem Rückblick auf sein Leben, daß er sich auch als Gemeindekassier und Armenvater bewährt hat. Die einleitend wiedergegebenen Worte vom Sterbebildchen er- scheinen ungewöhnlich ange- sichts des harten Lebens, das Hölzl als Lehrer gehabt hatte. Aber "Er war ein liebender Gatte und Vater, Allen ein aufrichtiger Freund und Ratgeber deshalb auch geliebt von denen, die ihn kannten, und beweint von seiner trauernden Gattin und den Kin- dern.' Pürstl-Kaler, Tiroler Landes- verteidiger des Bezirkes Kitzbühel 1809 (1959) Ludwig Fürst!, Zur Geschichte Das Berufsziel für Hans Graß, der in Lithn im Außerfem die Volksschule besuchte, war, so einer zu werden wie der verehrte eigene Volksschullehrer, der "Dorfschulmeister", den man am Sonntag "nach Kirch'n" am Dorf- platz trifft. Deshalb war die Arbeit in der Dorfgemeinschaft für den Junglehrer - ab 1951 in Westendorf, ab 1954 in Kelch- sau - keine unangenehme Uber- raschung, sondern eine bereits bei der Berufswahl miteingeplan- te Selbstverständlichkeit. Auch die Ausbildung an der guten al- ten Lehrerbildungsanstalt nahm diese Tatsache als gegeben hin. Die vaterländisch-weltan- schauliche Grundeinstellung und eine dringend notwendige "Tech- nik der Vereins- und Offentl ich- keitsarbeit" hatte er als Farben- student bei der "Amelungia" in Innsbruck erworben. Als Aus- ferner Bauernbub blieb er ein Leben lang dem Bauernstand und dessen Aufgaben und Anliegen verbunden. Mit Freude trägt Graß das Silberne Ehrenzeichen des Tiroler Bauernbundes. Volksschulober- stufe vorbildlich Die größte schulische Befrie- digung bedeutete dem Schullei- ter die Arbeit mit den "Großen" an der niederorganisierten Volks- schule. Die ehemaligen Schüler wissen heute noch den Unter- richt in dieser in Tirol vorbild- lich ausgebauten Volksschulo- berstufe mit ihren durch Zusatz- angebote erworbenen Kenntnis- sen und Fertigkeiten zu schät- zen. Und als Lehrer der Entlaß- schüler konnte er vielen beim Einstieg in Beruf und Leben persönlich behilflich sein, sie aber auch zur Arbeit in der dörflichen Gemeinschaft ermuntern und hinführen. Trotz der Ubersied- lung nach Hopfgarten blieb Graß den Kelchsauer Vereinen, beson- ders dem Kirchenchor und dem Männerchor, treu. Er ist mehr- mals wöchentlich in der Kelch- sau. Die Verdienstmedaille des Landes Tirol anerkannte diesen des Bezirkes Kitzbühe!, ein heimat- geschichtliches Mosaik; Manuskript (1960) Ludwig Fürstl, Nachtrag über das Schulwesen im Gerichtsbezirk Kitzbühe!; Manuskript (1967) Johannes Neuhardt, Kitzbühe- 1er Seelsorgegeschichte; Stadtbuch IV, S. 95 Einsatz schon vor einem Jahr- zehnt. Die Arbeit an der Volksschule in Hopfgarten verlagerte den persönlichen Arbeitskreis. Graß brachte das Verständnis von der Dorfschule mit, daß die Türen eines Schulhauses weit offen zu halten sind für eine "Volks"- Schule im wahrsten Sinne des Wortes. Er wurde Gründer und Leiter der Erwachsenenschule und baute diese zu einer der füh- renden im Bezirk aus. Das Tiro- ler Kulturwerk dankte mit der "Ehrennadel". Hans Graß war Initiator vieler gesellschaftlicher und kultureller Aktivitäten und ein engagiertes Mitglied des Kulturausschusses der Marktge- meinde, die ihm den Ehrenring verlieh (1988). In den führenden Gremien der Pfarrgemeinden Kelchsau und Hopfgarten war Hans Graß an vorderster Front tätig, zudem war er 30 Jahre lang Religionslehrer und leitet den Arbeitskreis der Religionslehrer im Dekanat Bri- xen i.Th. Ausdruck des Dankes der Erzdiözese und der Pfarren ist der Verdienstorden in Gold der HH1. Rupert und Virgil (1985). Im Katholischen Tiroler Lehrerverein war GraB durch viele Jahre ein umsichtiger Jung- lehrervertreter und Talschafts- vertreter. GraB ist Zeitzeuge und Chronist Durch jahrzehntelange Arbeit ist Graß nicht nur ein lebender "Zeitzeuge", sondern auch der emsig forschenden Chronist sei- nes Dorfes Kelchsau und der Vereine, der Pfarre, der Schule, der Höfe und der Häuser. Er ist vertraut mit Sitte und Brauch und ein Kenner der verwandtschaft- lichen und familiären "Zusam- menhänge". Als "Zuagroaster" ist GraB brennend an der Geschichte des Brixentales interessiert, die im Rahmen der Tiroler Geschichts- schreibung lange sträflich ver- nachlässigt wurde, mit dieser Geschichte vertraut und oft im Peter Vordermayr, Kitzbühel und seine Umgebung, 4. Auflage 1(1907), S. 57 Pürstl, Schu!wesen Für die Beistellung des abgedruck- ten Sterbebildchens gebührt Kustos Martin Wörgötter herzlicher Dank. Hans GraJi Ferdinandeum oder in den Ar- chiven des Landes und der Diö- zese Salzburg stöbernd anzutref- fen. Außerschulisch e Aktivitäten Die außerschulischen Aktivi- täten von Hans Graß im Lauf der Jahrzehnte: Gründer und Leiter der Theatergruppe Westendorf, Mitarbeit in der Jungbauernschaft in Westendorf und Kelchsau, Protokollführer und Vorstands- mitglied der Raiffeisenkasse Kelchsau, Mitglied der Freiwil- ligen Feuerwehr Kelchsau, Aus- bildner von Jungmusikanten in Kelchsau, Leiter des Katholi- schen Bildungswerks Keichsau, Ortsvorsteher in Kelchsau. Seit 1954 ist Hans Graß Leiter des Kirchenchores Kelchsau, eben- so lange ist er Chorleiter des Männergesangsvereines "Adler" (Träger des Ehrenzeichens in Gold des Vereins und des Ehren- zeichens des Tiroler Sängerver- bandes in Gold). Seit 1970 ist Hans Graß stimm- berechtiges Mitglied des Kolle- giums des Bezirksschulrats Kitz- btihel, durch viele Jahre war er Mitglied der Bezirksleitung der Sektion Pflichtschullehrer 0GB. Der berufliche Werdegang: Geboren in Nüziders, Volksschu- le in Lähn, Hauptschule in Reut- te. Lehrerbildungsanstalt in Inns- bruck, Reifeprüfung 1951, Lehr- befähigungsprüfung 1953, Leh- rerinWestendorf(l951 - 1954), Schulleiter und Direktor in Kelchsau (1954 - 1974), Volks- schuldirektor in Hopfgarten i.Br. seit 1974. Zum Oberschulrat durch den Herrn Bundespräsidenten er- nannt wurde Hans Graß im Jahr 1987. H.W.
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