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Die Graggaugasse mit dem Weißgerberhaus (ganz rechts) mit dem Laufbrunnen links vorne. Aufnah- me von Josef Herold (nach 1911) aus dem Fotoarchiv von Anton Rieser. nit3 büIj eter *J!5 chnatbtättcr Heimatkundliche Beilage des "Kitzbüheler Anzeiger" mit Beiträgen über Volkstum, Geschichte, Volksleben, Kultur und Natur. Schriftleitung Hans Wirtenberger Nr. 4 April 1992 2. Jahrgang Adolf Uientl kämpfte für Kitzbüheler "Knochendünger" Dipl.Ing. Winfried Hofinger Die Tiroler Land- und Forst- wirtschaft feiert 1992 den 175. Geburtstag des ersten Wander- lehrers Adolf Trientl. Vom 25. November 1866 bis zum 23. Fe- bruar 1867 unternahm der Kurat die erste Reise durch Tirol. Er hat diese ausführlich dokumentiert. Eingangs schrieb er: 'Einem vielfach gegen mich geäußerten Wunsche entsprechend, greife ich zur Feder, um meine land- wirtschaftliche Rund-reise als improvisirter Wanderlehrer zu beschreiben. Orte und Gelände will ich nicht schildern, wohl aber soll die Reihenfolge der durch- wanderten Gegenden den Faden bilden, an welchen ich verschie- dene Reflexionen anreihen will. Eine Reise im Winter ist nichts Angenehmes, und man könnte wohl mit Recht beisetzen, daß eine landwirtschaftliche Rundrei- se zu einer Zeit, wo man auf den Feldern nur Schnee, aber keine Landwirtschaft sieht, nicht ein- mal zweckmäßig sei. Jedoch läßt sich in Betreff der Zweckmäßig- keit das zu Gunsten des Winters sagen, daß wohl nur um diese Zeit die Bauern Zeit haben, aus weiteren Umkreisen sich zu ver- sammeln, und längere Vorträge anzuhören. "Übelstände und Raubwirtschaft" Zudem waren die Gegenstän- de, womit ich mich hauptsäch- lich zu befassen hatte, wohl nicht derart, daß unmittelbare An- schauungen auf dem Felde zu deren Erläuterung nothwendig gewesen wären; denn die Übel- stände im Düngerwesen, in der Milchwirthschaft, die Raub- wirthschaft in den Wäldern u.s.w. bedurfte keiner Constatirung durch eine unmittelbare An- schauung. Für den ersten Anfang einer bisher im Lande unbekannten Wanderlehre durch einen eben- falls improvisirten Wanderleh- rer war also dießmal der Winter eine nicht ganz ungelegene Zeit, weil die Bauern eben Zeit hatten, Dinge anzuhören, deren Kennt- nißnahme ihnen Noth thut." Unter dem Titel "Meine Wan- derung", veröffentlicht im Bo- then für Tirol und Vorarlberg 1867, schreibt er über seine Kitz- büheler Erlebnisse: "In Kitzbü- hel war die größte Menschen- menge anwesend, die je zu mei- nen Vorträgen zusammen ge- kommen war. Unter den gewöhn- lichen Gegenständen meiner Rede betonte ich vorzüglich die Düngung mit Knochenmehl; dazu hatte ich hier den triftigsten Grund. Die Gebrüder Egger, Weißgärber in Kitzbichl, kaufen von der Umgegend eine sehr große Menge von Knochen zu- sammen, um daraus Leim zu fabriziren. Die Knochen werden vorerst mit Salzsäure behandelt, welche einen großen Theil des phosporsauren Kalkes aus ihnen aufnimmt. Diese Auflösung wird in eine Grube abgelassen, und mit dem verbrauchten Gärber- kalk gefällt. Dieser ist ohnehin schon etwas amoniakhaltig, und obendrein kommen noch Haare, Blut und andere stickstoffhaltige Abfälle mit in die Grube. Phosphorsäure für die Felder So entsteht ein mit Superphos- phat stark durchgemengter Kalk- teig, der, wie ich sah, noch in eine Gährung gerät und sogar Amo- niak ausdampft, was fehlerhaft ist und leicht durch Aufstreuen von Gips oder eines sauren Su- perphospates aus der Grube ver- mieden werden könnte und soll- te. Was nach dem Aussieden der Knorpelsubstanz von den Kno- chen noch übrig bleibt, wird gemahlen und dem eben be- schriebenen Kalkteig beige- mengt. Man sieht, daß durch diese Manipulation ein sehr guter Dünger entsteht, der besonders seine Anwendung für's Getreide hätte, weil die aufgeschlossenen Phosphorsäure schnell zur Wir- kung kommt. Und in der That scheinen die Felder von Kitzbü- hel recht viel Phosphorsäure brauchen zu können; denn das Verhältniß der Ernte zur Aussaat sieht wirklich nicht darnach aus, als ob man Überfluß an Phospor- säure hätte, um Knochenmehl verschmähen zu dürfen. Ich fand mich also veranlaßt, die Düngung mit Knochenmehl überhaupt zu empfehlen, beson- derns aber darauf zu dringen, daß man mit dem eben beschriebe- nen Dünger des Weißgärbers mindestens eingehende Versuche mache. Und dazu war Grund genug vorhanden. Denn die Gebrüder Egger setzen in Kitz- bühel sozusagen nichts von ih- rem Kunstdünger ab, hingegen aber kauft die Düngerfabrik in Heufeld ihnen recht gerne den Zentner um lfl 50 kr. ab, natür- lich nicht um ihnen ein Almosen
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