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Zum "Fünf-Uhr-Tee" ströIrer Jugendliche und Minderjährige des gesamten Bezirkes in die "Creatiq..e" SAMSTAG, 18. APRIL 1992 LOKAL-ANZEIGER SEITE 5 Jugendliche zwischen Frust und Hoffnung "JUFF" setzt sich nun für Jugendzentren und mehr Mitspracherecht der Jugendlichen ein Die Aggression der Jugend- lichen und Minderjährigen nimmt ständig zu. Pädagogen schreiben dies der fehlenden "Nestwärme" zu und dem Um- stand, daß die öffentliche Ju- genarbeit in der Vergangen- heit zu wenig ernst genommen wurde. Die Abteilung 4E der Tiroler Landesregierung - "JUFF" genannt - hat nun ein Programm erarbeitet, das ein Mitspracherecht der Jugend in den Gemeinden vorsieht. Von Wilhelm Kuen Generationskonflikte sind na- türlich nichts Neues, nur, im Gegensatz zu heute, wurden sol- che in vergangenen Zeiten größ- tenteils innerhalb der Familie ausgetragen. Aber die vielzitier- te "Wurzel der Gesellschaft' scheint als Nahtstelle zwischen Intimsphäre und Öffentlichkeit an Bedeutung verloren zu haben. "Der Jugend fehlt es zunehmend an Nestwärme", weiß der Direk- tor des St. Johanner Gymasiums Prof. Helmuth Schodl aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen. Die Folge davon: Aggression, auch unter den jüngsten Schülern, nimmt ständig zu. Schuld an dieser Entwicklung trägt laut wissenschaftlicher Erkenntnis die daseinsbeherr- schende Vorrangstellung des Materialismus. Demnach steht nicht das Menschliche im Mittel- punkt unserer Gesellschaft, son- dern das Streben nach Gut und Geld. Und im Bezirk erstellt eben der Tourismus die Grundlage zu Wohlstand und Reichtum. Aber der Umgang mit Feriengästen erfordert einen intensiven Ein- satz aller Beteiligten. Für das "Privatleben" bleibt kaum noch Raum. Jugendliche fühlen sich benachteiligt So sind Klagen wie "meine Alten haben für mich keine Zeit, die jagen dem Geld nach", von Andreas Jung (Namen von der Redaktion geändert) im Beisein einiger Altersgenossen geäußert, keine Ausnahmen. Ein Mädchen aus dieser Runde, die 15-jährige Angelika Gern, fand noch schlim- mer, "daß ich gegenüber den Gästen in unserer Pension nur eine untergeordnete Stelle ein- rehmen." Sogar ihr Zimmer müsse sie während cer Winter- saison mit dem Biigelraum ver- tauschen, um den Eltern de Ein- nahme von "Schwarzgekl zu ermöglichen". "Wir raggern uns für die Kinder ab." Im Gastgewerbe tätige Eltern wollen oder können diese Vcr- würfe nicht akzeptieren. Mit Aussagen wie "wi: raggem iris doch für unsere Kinder a', tun sie insgeheim kurd, ia:3 sie ihr Sprößlinge nicht verstehen oder Jür urdankbar hal:ea. Und in nächs:en Satz - immer wieder wird der Ball der Erzieiung der. Lehrern zugespielt - bemäkeln sie das fehlende Engagement der Schulen zugunsten les Tour--s- MUS. Die Jugendlichen lernen Jan Tourismus aber nicht nur als finanzielle Einr.a±imequelle, sondern als alles beherrscl-ienc.en Faktor kennen. Was au :h immer in den Gemeinden geschieht, oberstes Gebot ist die Bedacht- nahme auf den Tourismus. Die Jugendlchen fühlen sich cabei ausgesperrt, ihnen wird kein Mitspracherecht eingeräumt. "Für uns ist es beinahe unmög- lich, einen Ort zu finden, an dem wir uns t:effen können", beklagt sich die 15 FieDerbrun- erin Maria Wenig. Geeignete Lokalitäten sini nicht vcrlan- Jen und Gaststä:ten sini wäh- rend der Saison Überfüllt und nach der Abreise des letzten Urlaubsgastes geschlossen. Kein Wunder, daß sich die wenigen Jugendzentren in unse- r--rr Bezirk, zuniBeispiet die St. Joharner "Creatque', regen Zusprucis erfreuen. Speziell zu den samstägliche--1 "Fünf-Uhr- Tees" sammeln sich hier Jugend- lifte und Minde:jährige, um zu tanzen, si:h zu unterhalten und zu amüsieren. Da bleiben Pro- bleme ncht aus. Alkohol verstärkt die Aggression Speziell Jugendliche, die aus anceren Gemeinden hierherkom- men unc. sich somit unbeaufsich- tigi wissen, reagieren oft aggres- siv, wobei auch übermäßig ge- nossener Alkohol eine Rolle spielt. Und darunter leidet nicht nur der Jugendireff, in dem striktes Alkoholverbot hersch:, sondern auch die Nachbarn, wie das na- heliegende Freizeitzentrum mit dem Restaurant "Panorama". Dazu der Besitzer Walter Hau- ser: 'Immer wie :1er muß ich ran- dalierende Jugendli:he aus dem Lokal weisen." Deren Unmut zieht er sich zu, indem er ihnen im Gegensatz zueingen anderen Gastwirten Alkohol verweigert. "JUFF" wünscht aktive Mitarbeit Nun soll sich zugunsten der Jugend unseres 3ezirkes einiges ändern. Die Abtelung LE der Tiroler Lande sregic ring - Fami- lie und Jugend, kurz JUFF ge- nannt - möchte die Vereinsamung und die damit verbundenen Pro- bleme der lungen Mitbürger iekämpfen, "indem die jungen Menschen die Gelegenhei: erhal- :en, aktiv in der Gemeinde mit- zuarbeiten", wie Referen: Rein- hard Macht dem "Anzeiger" eröffnet. "Landesun:erstützung, auch finanzieller Art, is: dafür vorgesehen." Jetzt liege es nnr an den Gemeiideri i.-.r-- Jugendar- beit zu verstarken, sagt Macht. "Eine der notwendigsten und ver- antwortungsvollsten Aufgaben, die unsere Zukunft maßgeblich mitbestimmen wird", wie Sieg- fried Pfeifer, ebenfalls ein lUFF- Beauftragter. betont. Und ersetzt tinzu: "Jugendar- beit darf sich nicht mehr ir der Abhaltung von Jun gbürgerfeiern erschöpfen."
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