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SEITE 2 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 16. MAI 1992 Mißgeburten-Serie löst Besorgnis aus Die in diesem Jahr verstärkt auftretenden Mißbildungen neugeborener Kinder löste in der Bevölkerung Angst ‚Unsicherheit und Betroffenheit aus. Dies ergab eine bezirksweite Umfrage des "Anzeiger". Die Ursache der Defekte wie offene Bauchdecken, Herzfehler, deformierte Gliedmaßen und Wolfsrachen, sehen alle Befragten in der ständig zunehmenden Belastung der Umwelt. Einigkeit herrschte auch bezüglich der Forderung nach einer verstärkten Hilfestellung für die Opfer und deren Eltern. Nicht nur werdende Mütter verspüren anbetracht der Tatsa- che, daß in diesem Jahr im Be- zirk Kitzbühel ungewöhnlich viele Mißgeburten zu verzeich- nen waren, Unsicherheit oder Angst. Die Mutter eines viermonati- gen Babys (Name der Redaktion bekannt) denkt heute noch mit Betroffenheit an ihre Erlebnisse in der Entbindungsstation: "Ich habe Ende Jänner im St. Johan- ner Krankenhaus entbunden und wurde Zeugin von vier Geburten mißgebildeter Kinder." Ein Kind hatte eine offene Bauchdecke, ein weiteres verkrüppelte Arme, das dritte kam mit verengter Speiseröhre zur Welt und das vierte hatte einen Wolfsrachen. "Ich war erschüttert", setzte sie hinzu. Auch habe sie damals ein schlechtes Gewissen gegenüber den Müttern der körperbehinder- ten Babys gehabt. "So war die Freude an meinem gesunden Kind erheblich getrübt." Und nun plagt sie die Sorge, daß der stram- me Säugling mit der Muttermilch Schadstoffe aufnehmen könnte. "Ich bin überzeugt, daß sich in meinem Körper giftige Substan- zen angesammelt haben." (wiku) Annemarie Mayer, Hausfrau in Hopfgarten: "Ich kann die armen Kinder und deren Eltern nur von ganzem Herzen bedau- ern. Erklärung für die vielen Mißgeburten finde ich keine. Ich könnte mir zwar vorstellen, daß die Umweltverschmutzung etwas damit zu tun hat, aber was kön- nen wir "kleinen Leute" schon dagegen tun." Armin Rainer, Architekt aus St. Johann: "Im Beruf läßt sich viel planen, aber bei der Ent- wicklung eines Kindes im Mut- terleib gibt es keine Möglichkeit der Einflußnahme. Und die der- zeitige Häufung der Mißgebur- ten läßt nur Vermutungen zu, eine klare Begründung gibt es noch nicht. Da erscheint es mir vorerst am wichtigsten, den Be- troffenen seitens der Gesellschaft Verständnis und Hilfe entgegen- zubringen." Monika Huber, Schulleiterin in Erpfendorf: "Es macht be- troffen zu hören, daß sich die Zahl der Körperbehinderten er- höht. Aber um so stärker muß darauf Bedacht genommen wer- den, daß solche Menschen in die Gemeinschaft integriert werden. Leider fehlt es dabei noch immer an entsprechenden Informations- möglichkeiten für Eltern und den Regelschulen fehlt es an päda- gogisch geschulten Lehrern und entsprechenden Hilfsmitteln." Oswald Heim, Lehrer aus Schwendt: "Ich war entsetzt, als ich von der Zunahme von Miß- geburten erfuhr. Natürlich hat man Angst, davon auch selbst betroffen zu werden. Ich kann nur hoffen, daß diese Häufung jener Fälle Zufall waren. Ande- rerseits hat die Umweltbelastung derartige Auswüchse angenom- men, daß man sich nicht wun- dern darf, wenn die Natur einmal zurückschlägt. Brigitte Tschurtschenthaler, Geschäftsfrau in Fieberbrunn: "Es ist tragisch, daß solche Sach- en passieren. Und ich sehe es als meine Pflicht an, den Betroffe- nen persönlich zu helfen, wann immer Hilfe erwünscht ist. An- dererseits darf man sich nicht wundern, wenn es zu Mißbildun- gen vor der Geburt kommt. Die Belastung durch Emissionen steigt und der Verkehrslärm läßt die Menschen nicht mehr zur Ruhe Helga Gärtner, Künstlerin aus Kössen: "Natürlich machen einem Tatsachen wie die plötz- lich vermehrt auftretenden Miß- geburten betroffen. Aber ich bin leider überzeugt davon, daß dies erst der Anfang ist. Ich denke dabei an nicht nur an die Luft- verschmutzung, sondern auch an unsere Lebensweise. Wir ernäh- ren uns ungesund, da unsere Lebensmittel zur Haltbarma- chung bestrahlt oder chemisch behandelt werden. Weiters steigt der Bedarf an Suchtmittel, wie Alkohol und letztlich gibt es nur mehr wenige Menschen, deren Pillenkonsum nur auf einen ern- sten Krankheitsfall beschränkt bleibt."
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