Kitzbüheler Anzeiger

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Das Apfeldorfer Kohlevorkommen Schöne 1 Aussicht ‚ Dr. Kurt Jaksch befaßt sich mit wichtigen erdgeschichtlichen Anhaltspunkten der Apfeldorfer Kohle bzw. mit Hinweisen zum Klimageschehen. Der Geologe Dr. Herwig Pirkl hat für das St. Johanner Buch eine Übersichtskarte (siehe oben) nach der Katastralmappe gezeichnet, die dem Leser ermöglicht, die aufgefundenen Lagerstätten im Gebiet der Fraktion Apfeldorf zu lokalisieren. Die schwarze Linie ist die Flözausbißiinie. A = Apfeldorfer Runse A (früher Bründlötzgraben), B = Apfeldorfer Runse B (früher Foidlgraben oder Windegger Talgraben). Die Kartenskizze wurde mit freundlicher Genehmigung dem Buch "Die Marktgemeinde St. Johann in Tirol", Band 1,1990, entnommen. tit( b1djCIC*Y chnatbtättcr Heimatkundliche Beilage des "Anzeiger" mit Beiträgen über Volkstum, Geschichte, Volksleben, Kultur und Natur Schriftleitung Hans Wirtenberger Nr. 8 August 1992 2. Jahrgang Entstehung der Weichbraunkohle von Apfeldorf Von Dr. Kurt Jaksch Aus Anlaß der Herausgabe der St. Johanner Ortsdoku- mentation (Heimatbuch) ist man wieder auf das Braunkoh- levorkommen von Apfeldorf aufmerksam geworden, das bereits im 19. Jhdt. fallweise zum Abbau gelangte. Der 1947 endgültig eingestellte Betrieb ist aber heute nicht nur aus bergbauhistorischen Gründen interessant, sondern liefert uns durch die Kenntnis der Zusam- mensetzung und Lagerung die- ser Kohle wichtige erdge- schichtliche Anhaltspunkte bzw. Hinweise zum Klimage- schehen. Das von mir schon seit Jahren eingeleitete Forschungspro- gramm hat nun durch eine jüngst publizierte umfangreiche Mono- graphie über die "Kohle in Tirol" von Univ. Prof. Dr. Oskar Schulz, Innsbruck, eine wesentliche Er- weiterung erfahren. (Erschie- nen 1991 im Archiv für Lager- stättenforschung der Geologi- schen Bundesanstalt in Wien). Da also seit dem Erscheinen der Ortsdokumentation (1990) wei- tere Ergebnisse vorliegen, soll im folgenden eine zusammen- fassende und erläuternde Darstel- lung über die geologische Be- deutung dieser Lagerstätte gege- ben werden. Junge Braunkohle mit Holzstrukturen Weichbraunkohle bzw. Lignit (von lat. lignum = Holz) ist eine erdgeschichtlich junge Braun- kohle, die noch Holzstrukturen zeigt. Damit aus der Ansamm- lung pflanzlicher Reste Kohle entstehen kann, ist eine möglichst rasche Überdeckung durch san- dig-tonige Schichten notwendig. Die nun unter Luftabschluß ein- setzende chemische Umwand- lung (der Inkohlungsprozeß) führt im Laufe der Zeit zu einer relativen Kohlenstoffanreiche- rung. Während die bedeutenden Steinkohlevorkommen der Erde im wesentlichen auf die nach ihnen benannte Steinkohlen- oder Karbonzeit (350 - 285 Mill. Jah- re vor heute) zurückgehen, stammt Braunkohle gewöhnlich aus der Tertiärzeit. Diese erdge- schichtliche Epoche begann vor 70 Mill. Jahren und dauerte bis zum Beginn des Eiszeitalters vor 2 - 3 Mill. Jahren. Zwar bildete sich Braunkohle auch in den warmen Phasen des Eiszeitalters, in den Zwischeneiszeiten (Inter- glazialzeiten), aber diese Kohlen sind wegen des geringen Heiz- wertes kaum von wirtschaftlicher Bedeutung. Geologisch wichtige Lagerstätte Dagegen sind solche Vorkom- men von großem wissenschaftli- chem Wert; denn die in ihnen vorhandenen Holzreste sowie die auf natürliche Weise konservier- ten Pollen und Sporen ermögli- chen es, sich ein Bild von der damals herrschenden Vegetation und dem sie beeinflussenden Klima zu machen. In den Alpen sind derartige Lignitvorkommen Ausnahmeer- scheinungen, und daher kommt den Apfeldorfer Kohlen eine eis- zeitgeschichtliche Bedeutung zu, die weit über den lokalen Rah- men hinausgeht. Der an der Luft aufblätternde, leicht zerfallende Lignit mit dem relativ geringen Heizwert von 2.000 bis 3.000 kcal/kg kommt in mehreren Flözen zwischen Lehm- und Sandschichten vor. Dr. Herwig Pirki, Montangeolo- ge, hat u. a. den Flözverlauf nach alten Plänen rekonstruiert (siehe nebenstehendeUbersichtskarte). Eine eiszeitliche Grundmoräne überlagert den gesamten als "Ter- rassensedimente" zusammenge- faßten Schichtkomplex, der als Rest einer an den Talrändern erhalten gebliebenen zwischen- eiszeitlichen Ablagerung aufzu- fassen ist. Mit Radiokarbon- Methode datiert Eine von der Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Wien! Arsenal auf Ansuchen vorge- nommene C14-Datierung (die als "Radiokarbonmethode aus dem Gehalt an isotopem Kohlenstoff C14 dessen Zerfallszeit be- stimmt) ergab für den Apfeldor- fer Lignit ein Alter, das 40.000 Jahre überschreitet; also eine Zeitspanne, die über die Reich- weite dieser Datierungsmethode hinausgeht. Trotz dieser unvoll- kommenen Aussage ist aber das Ergebnis für eine zeitliche Ein- stufung durchaus brauchbar; denn eine derart erhebliche An- sammlung von pflanzlichem Material läßt bei unserem derzei- tigen Wissensstand wohl nur auf eine ausgeprägte Warmzeit - auf eine Intergiaziaizeit - schließen. So bietet sich bei der Berück- sichtigung des oben angeführten Grenzwertes zur Datierung die nächst ältere, der Würmeiszeit vorausgehende Riß-Würm-Zwi- scheneiszeit (das nach einem holländischen Fluß benannte Eem-Interglazial) an. Daran ändert auch die Tatsa- che nichts, daß es sogar während
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