Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
SEITE 8 KULTUR-ANZEIGER SAMSTAG. 26. JÄNNER 1992 Sarkastisches zu Jahresbeginn in Ferdinand Maiers "Zeitkunst" KITZBÜHEL. Die Galerie Zeitkunst beginnt das neue Aus- stellungsjahr mit einer Uberra- schung: Realistisches ist ange- sagt. Es sind Fotos, genauer ge- sagt Kollagen mit Fotos, die bis 28. Februar die Ausstellungsräu- me Ferdinand Maiers zieren. Aber trotz des angewandten Na- turrealismus sind auch die Werke des Ralph Bageritz ein Beweis dafür, daß als Wegebereiter der Avantgarde und des Außerge- wöhnlichen in der Kunst treu bleibt. Das Auge der Optik trügt nicht, es hält die Realität unwiderruf- lich fest. Natürlich bleibt es der Kreativität des Fotografen über- lassen, aus all den sichtbaren Dingen und deren optisch wahr- nehmbaren Zusammenhängen ein nur dem geschulten Auge erkenntliches Detail zu entneh- men und festzuhalten. Aber - und hier zeigt sich das individuelle und aventgardistisch künstlerische Element eines Fo- tografen - es besteht auch die Möglichkeit, Ablichtungen der verschiedensten Motive in Zu- sammengang zu bringen, indem sie, geschickt montiert, zu einem Gesamtbild erweitert werden, das die einzelnen Aufnahmen in ih- rer Bedeutung grundlegend ver- ändert. Und darin erweist sich Bageritz als Meister. Sc verwen- dete er bei den derzeit ausgestell- ten Arbeiten die vielen Aufnah- men, die er bei seinem Sommer- aufenthalt in Kitzbühel geschos- sen hatte, zur Ersteillung eines Bilderzyklusses. Und allein da- durch, daß er zum Beispiel Fotos von Gastlokalen, Grabsteinen und Werbetafeln in Zusammen- hang setzte und diese mit Sprach- partikeln und Wortspielereien verband, entstanden einzigartige Werke, die bildhaft der Sarkas- mus aber auch den Tiefbiick eines wahrhaft meisterlichen Satirikers zum Ausdruck bringen (wiku) Plakative Bilder und Landschaftsmalerei KITZBÜHEL. "SIE und ERo- tik" betitelt sich eine Bilderaus- stellung, die derzeit in den Räu- men der "Optik Seitenblick" zu sehen ist. Es sind Arbeiten des Münchners Franz Xaver Schmidt, der unter dem Künst- lernamen "Maurice" agiert. Schmidts Bilder wirken plaka- tiv, beherrscht von flächig auf- geteilten Farbfeldern. Er zeigt den Menschen als Struktur unter Strukturen, wobei aber speziell die torsohaften Körperdarstellun- gen dilettantisch wirken. Es ent- steht der Eindruck, als wäre der Maler nicht fähig, Gliedmaßen zu erarbeiten, die bei seiner eher naturealistischen Malerei zum Stilelement des gesteigerten Ausdruckes gehören würden. Landschaftlich geht es in der Kitzbüheler Filiale der Creditan- stalt zu. Dort stellt bis 28. Fe- bruar Ida Sellemond eine Aus- wahl ihrer Aquarelle aus. Die Malerin beherrscht die Technik. Ihre Arbeiten weisen eine sichere Pinselführung und eine harmonische Farbgebung auf. Aber sie bleibt zu sehr dem Drang behaftet, im Detail mit der Natur zu wetteifern. Sie wagt es nicht, aus der Form auszubre- chen und emotionsvoller ans Werk zu gehen. So sind ihre Bilder zwar "schön", lassen aber das kreative Element vermissen, das den Bildern eine spezifisch persönliche Note verleihen wür- de. (wiku) Bockelmanns Seelenbilder Als Kunstfreund hat man es im Bezirk Kitzbühel nicht einfach. Wochenlang hält man vergebens nach einer Vernissage Ausschau und dann - der hehre Geist der Kulturbeflissenheit schwappt über - finden an einem Abend zig Ausstellungseröffnungen statt. Der Kampf mit der Zeit be- ginnt. Start um 19.30 Uhr. Hin- ein in die Kitzbüheler Galerie Zeitkunst, flüchtige Grußworte allen Anwesenden und schon beginnt, mit einem Glas Wein in der Hand, der hastige Rundgang. Abwechselnd auf die Bilder und das Zffernblatt der Uhr blickend, übt man sich in sinnlicher Be- trachtung Nächster Termin: 19.30 Uhr Vernisssage bei Optik Seiten- blick. Die Ansprachen sind vorü- ber, was zuweilen kein Versäum- nis sein muß. Man nimmt mit dankbaren Augenaufschlag das dargebotene Glas Wein in die Hand und schaut - wenn möglich mit einer Miene staunender Anerkennung - über die Köpfe der Anwesenden hinweg auf die Kunstwerke. Der darauffolgen- de Abschied, mit einem dem Künstler zugeworfenen "bemer- kenswert"oder "schön", hat kurz und schmerzlos zu erfolgen. Denn in St. Johann wartet in der Galerie Anna Briem die näch- ste Vernissage: um 19.30 Uhr. Wilhelm Kuen KITZBÜHEL. Assoziative Farben und strukturierte Land- schaften dominieren derzeit die Galerie im Haus Kaminsky. Gemalt hat sie der Kärntner Künstler Manfred Bockelmann, ein Bruder des allseits bekannten Sängers Udo Jürgens. Bockelmann beschäf:igt sich mit Landschaften. Aber dabei geht es ihm nicht dar--im, das Sichtbare, eben jenes unseren Sinnen als realistisch Erscheinen- de, mit Pinsel und Farben nach- zuvollziehen. Er hält die Stim- mung fest, jenes individuelle menschliche Empfinden, das in unserem Erinnerungsvermögen den Vorrang gegenüber naturea- listischen Details einnimmt. Das heißt: Nicht die sinnlich wahr- nehmbare Landschaft ist das Wesentliche, sondern die Emp- findung bei der Betrachtung der- selben. So sieht man in Bockelmanns Bildern keine Details wie feinve- rästelte Bäume, pedant abgemal- te Häuser oder dergleichen. Er hält nur die Strukturen einer Landschaft fest, unterteilt sie in Flächen und Arben und gestaltet sie auf diese Weise lebendiger, als es ein Abklatsch der Natur je vermöchte. Es entstehen Arbeiten, die einerseits für einfühlsame Men- schen leicht nachvollziehbar sind, andererseits einen Einblick in das Seelenleben des Künstlers ge- währen. So gesehen kann man bei Bockelmanns Werken von Seelenlandschaften sprechen, einer Symbiose aus dem Gesehe- nen und dabei Empfundenen mit dem Bedürfnis, Innerlichkeit sichtbar und somit für viele Menschen zugänglich zu ma- chen. Die Ausstellung ist bis 19. Februar zu sehen. (wiku) IM VISLER KULTUR Kunsterguß statt Kunstgenuß
< Page 7 | Page 9 >
< Page 7 | Page 9 >