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Endpunkt der umstrittenen "LuxusstraJie" war der Stang/wirt Photo: G. Berthold, München Nr. 3 März 1993 3. Jahrgang Die "L•uxusstraße" Schwarzsee - Reith - Going Eine Auseinandersetzung zwischen Going und Reith im Jahr 1931 über Leserbriefe. Die Gemeinde Reith bei Kitzbühel bemühte sich im Jahr 1930 um die Verbesserung der Wegverbindung vom Schwarzsee bis ins Dorf und vom Dorf bis zum Stanglwirt, also von der Anschluß- stelle der Brixentaler Straße bis zur damaligen Wiener Bundes- straße im Gemeindegebiet Going. Dazu wollte Bürgermeister Johann Mayri eine "Straßenkonkurrenz" erreichen. Dagegen wehrten sich die Goinger Gemeindevertreter. Ihr "Pressespre- cher" war niemand Geringerer als der Pfarrer und Heimatfor- scher DDr. Matthias Mayer. Von Josef Hölzl "Eine völlig unnotwendige und für die etwa verpflichteten Ge- meinden äußerst schwere, dau- ernde Last wäre der geplante Bau einer Straße vom Schwarzsee über Reit bi Kitzbühel zum Gasthaus Stang! in Going. Man kann keinen einzigen stichhälti- gen Grund fir die Notwendig- keit oder Nützlichkeit dieses Straßenbaues anführen - es wäre ein reiner Luxusbau! Trotzdem hat die Landesregierung im ver- flossenen Herbst cie Vertreter aller Gemeinden von Kirchberg bis Scheffau-Söll zur Bildung einer diesbezüglichen Straßen- konkurrenz zusanimengetrom- melt. Als ob z. B. Kirchberg nur irgend welchen namhaften Ver- kehr mit Reit hätte oder als ob die Dr. Matthias Mayer (1884-1968) paar Almenbesitzer von Schef- fau und Söll nicht froh wären, wenn ihnen wie bisher auf der jetzigen Straße durch Reiter Gebiet bei ihrem Almauftrieb kein Auto begegnet. Going und Elimau werden nach wie vor ihren Personen- und Frachten- verkehr auf der Bundesstraße nach St. Johann abwickeln und nicht zum entfernten Kitzbühel. Oberndorf hat ja die Bundesstra- ße überall hin und die paar auf dem Bichlach an Reit angren- zenden Bauern konnten bisher auch ihren Verkehr noch immer so erledigen. Going gegen eine "Luxusstraße" Will man etwas für sie, wie für die Bergbauern von Reit etwas tun, so kann ja die Gemeinde mit viel geringeren Kosten im eige- nen Wirkungskreise ihre Wege und Straßen verbessern. Nicht einmal die Autobesitzer und der Fremdenverkehr sind an der neuen Straße besonders interes- siert; für ihn spielt eine Abkür- zung von 7 Kilometer keine Rolle. Dazu ist die Bundesstraße Kitzbühel- St. Johann bis auf das kurze Stück neben der Bahn nach dem Gruberhäusl bis zur Achen- brücke voriges Jahr tadellos her- gerichtet worden, und diese kur- ze, scharfe Biegung wird wohl auch bald reguliert werden. St. Johann - Eilmau soll heuer aus- gebaut werden. Wozu also eine neue Autostraße parallel zur Reichsstraße bauen? Will Reit großmütig den Bund entlasten? Oder wollen ein paar Leute ge- gen das Interesse der Mehrheit eine Straße vor ihre Haustüre hin bekommen? Dann sollen sie sich diesen Luxus aber auch selbst bezahlen und nicht die Nachbarn dazu zwingen wollen!" Mit diesen Sätzen unter der Überschrift "Geplante Luxusstra- ße von Kitzbühel nach Going" im "Tiroler Anzeiger vom 23. April 1931 wurde auf ein vom Land beabsichtigtes Straßenbau- vorhaben in sehr polemischer Weise aufmerksam gemacht. Der - vorerst - unbekannte Verfasser wundert sich, daß Lan- desregierung und Beamte auf die Bildung einer Straßenkonkurrenz und damit auf den "Luxus-Stra- ßenbau" hinarbeiten. Er verweist auf die von den Gemeinden Oberndorf und Going dem Steu- erträger "trotz aller Sparsamkeit wegen der großen Armenlasten" auferlegten Umlagen. Dann vermerkt er, daß kein Mensch voraussagen könne, was der Bau eigentlich kosten werde. "Komischerweise plant man die Straße von Reit heraus nicht in der geraden Linie links der Rei- nanken, sondern will sie mit ei- ner zweimaligen Brücke über die Reinanken hinüber und herüber führen, längs dieser über den schiefrigen sogenannten Booten- bühel. Wegen der bedeutenden Steigung dieses letzteren Stük- kes würde auch nach dem Bau ein beladenes Bauernfuhrwerk hier kaum fahren können. Aber auf diese eine Dummheit kommt es scheinbar bei dieser Sache nicht darauf an. Oder will Reit gleichzeitig mit der Straße sich Johann Mayrl (1877-1946)
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