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Das mi Na vemnber 1992 aufgeschlossene Radiolaritgestein ist eine vor l6OMillionen Jähren imMeerderfurazeit gebildete Tiefseeabla- gerung. Foto: H. Ventola, Schwendt Tiefseeboden aus der Jurazeit aufgeschlossen Vor 160 Millionen Jahren bildeten Kleinlebewesen in einem tropischen Meer das Gestein Radiolarit - Ein geologisch bemerkenswerter Baugrund in Schwendt Bei einer Wanderung an einem Spätherbsttag des Vorjahres kam Dr. Kurt Jaksch zum Bauvorhaben "Renovierungs.. und Er- weiterungsbau Gemeinde- und Schulhaus" in Schwendt. Durch diesen Zufall wurde eine geologische Besonderheit aufgedeckt. Die Volksschullehrerin Hendrika Ventola hat durch eine Auf- nahme der Baustelle ein Bilddokument beigestellt. Der Bericht gibt Einblick in eine Periode der Erdgeschichte am Beispiel Schwendt. Von Dr. Kurt Jaksch Anläßlich der Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten am Schwendter Gemeinde- und Schulhaus ist beim Ausheben des Baugrundes anstehendes Gestein aufgeschlossen worden, das in den Kalkalpen eine geologische Besonderheit darstellt. Es han- delt sich um spröde, kantig bre- chende, rote I-Iornsteinlagen. Die plattige Abscnderung dieses ide- selhältigen Gesteins wird durch feine, tonige Zwischenlagen bewirkt. In den Alpen seltenes Gestein Mikroskopische Untersuchun- gen an Gesteinsdünnschliffen sind von anderen Fundstellen des in den Alpen eher selten vor- kommenden Gesteins schon längst vorgenommen worden. Dabei stellte sich heraus, daß an dessen Bildung in einem einsti- gen Meer zierliche, von einem durchlöcherten Kieselpanzer umgebene Meerestiere - soge- nannte Radiolarien - beteiligt waren. Es gibt sie auch in den heutigen Meeren, wo sie ein wichtiger Bestandteil des Plank- tons (der im Wasser schweben- den Kleinlebewesen) sind. Ra- diolarien bevorzugen die ober- flächennahen Wasserschichten tropischer Meere. Aus der An- sammlung ihrer etwa 0,1 mm messenden Schalen am Meeres- grund, also aus dem Radiolarien- schlamm, ist nach dessen Verfe- stigung das Gestein "Radiolarit" hervorgegangen. Eine geologische Beurteilung umfaßt aber nicht nur eine Be- schreibung des Gesteins und die Frage nach seiner Entstehung, sondern versucht auch, das erd- geschichtliche Alter zu bestim- men und jene gebirgsbildenden Vorgänge zu rekonstruieren, durch die das Gestein in seine heutige Position gelangt ist. Während der jüngeren Jura- zeit, die vor etwa 160 Millionen Jahren begann, war das Meer, in dem die Gesteine der Kalkalpen entstanden, in Beckenbereiche und überflutete Rücken (Schwel- len) aufgegliedert. In 1000 Jahren nur 1/2 cm Zuwachs In einer der langgestreckten West-Ost-verlaufenden Senken wurde bis in eine Tiefe von über 2000 m innerhalb von rund 10 Millionen Jahren Radiolarit ge- bildet. Unter Berücksichtigung der in Schwendt vorhandenen Dicke ("Mächtigkeit") der ge- samten Radiolaritserie kommt auf 1000 Jahre ein Gesteinszu- wachs (nach Ablagerung und Verfestigung) von nicht einmal 1/2 cm. Ein Beispiel, das uns eine Vorstellung darüber gibt, in welchen Zeiträumen erdge- schichtliche Prozesse wirken. Wenn man die Lage des Ra- diolaritvorkommens betrachtet, dann fällt zweierlei auf: erstens, daß ein ursprünglich am Meeres- grund gebildetes Gestein heute nicht nur weitab vom Meer zu finden ist, sondern sogar in ei- nem Gebirgsland, und zweitens, daß ein anfänglich flach gelager- tes Ablagerungsprodukt im er- wähnten Aufschluß nunmehr steile, nach Norden geneigte ---..11g,': ulrD £f)t1,fi(tst4 **ø(Ji Typische Vertrete r der heutigen Radiolarienfauna. Das zierliche Kieselskelett dient nicht nur zum Schutz, sondern verhindert auch zusammen mitplasmatischen Fortsätzen das Absinkendes leben- den tieriscäen Einzellers. 19
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