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SEITE 18 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 31. JULI 1993 Seit gut einem Jahr schreibe ich nun diese Beiträge. Nach wie vor bin ich dankbar für Rück- meldungen und Anregungen. Ich schaue zurück auf die Gedanken, die ich darzulegen versucht habe und glaube durch alles hindurch einen roten Faden zu finden: die Notwendigkeit eines steten Ver- trauens. Es wird vermutlich auch weiterhin so bleiben. Ist es, daß ich spüre, wie notwendig ich es selber brauche, wie schwach und erschütterbar es oft in mir ist, und, daß ohne diesen tragenden Grund nichts Gedeihliches wer- den kann; aber auch von eigener Erfahrung ausgehend, daß sol- ches in vielen Menschen da ist wie eine ganz große Bedürftig- keit? Aber Vertrauen braucht einen Bezugspunkt, ein Gegenüber. Das kleine Kind in seiner totalen Angewiesenheit auf Zuwendung, Liebe und Geborgenheit wird - unbewußt zuerst - ein Urvertrau- en in diese Liebe, von der es sich umfangen fühlt, entfalten, eine unschätzbar kostbare Grundlage für das ganze Leben, für jede Beziehung, auch für die Bezie- hung zu Gott. Wie unser ganzes Leben ist auch solche Entfaltung durch Verletzlichkeit und Er- schütterungen bedroht. Roger Schutz aus Taiz: "Das Vertrau- en, das aus dem Herzen kommt, kann von Unverständniserschüt- tert werden; es entfaltet sich in unablässigen Neugeburten." Es scheint wie ein inneres Gesetz zu sein, daß wir an Widerständen erstarken sollen und es kommt alles darauf an, daß wir durch all das Unverständliche und Wider- sprüchliche unseres Menschseins hindurch uns durchringen und in immer neuen Anläufen uns "hineinvertrauen" in diese Lie- be, zu der Jesus uns "Vater" sa- gen lehrt. Angesichts von Not und Schrecken in der Welt stellen sich bei vielen Menschen Zweifel ein; Zweifel, ob es denn diesen lie- benden Gott überhaupt gibt, und wennja, ob er so ohnmächtig ist, daß er Angst und Hunger und Schmerz nicht zu wenden ver- mag. Solcher Zweifel mag be- rechtigt erscheinen, aber wenn wir nicht durchdringen durch diese graue Decke, die alles zu lähmen und zu ersticken droht, dann kann in letzter Konsequenz aus dem Zweifel nur Verzweif- lung werden, oder zumindest eine total pessimistische Schau des Lebens, die nur mehr Sinnlosig- keit wahrzunehmen vermag. Wir alle kennen diese Sicht der Dinge und keiner ist vor solcher Versu- chung gefeit. Ich zitiere noch einmal Frre Roger: "Die Versu- chung des Zweifels stellt das Vertrauen in Gott auf die Probe. Sie kann läutern, wie Gold durch Feuer geläutert wird. Sie kann das menschliche Geschöpf auch wie auf den Grund eines Brun- nens tauchen. Durchpflügt im ei- genen Innern von der Anfech- tung des Zweifels läßt sich, wer aus dem Evangelium leben will, Tag für Tag durch das Vertrauen Gottes neu gebären. Darin findet das Leben von neuem einen Sinn." Wir lernen die Haltungen, auf die es im Leben wesentlich an- kommt, nicht wie ein Schulwis- sen aus den Büchern. Wir wer- den nur so weit zur Haltung des Vertrauens, des Glaubens, der Liebe gelangen, als wir sie in unser tägliches Leben umzuset- zen versuchen und durch das Beispiel von Menschen, die immer aufs Neue dieses Wagnis des Vertrauens eingehen. Maria steht vor uns als die große Glau- bende, die gegen all die Unbe- greiflichkeit, von der ihr Leben geprägt war, immer wieder ihr Vertrauen in die unbedingte Treue Gottes in die Waagschale geworfen hat und vorallem Jesus selber, der dieses Vertrauen ge- lebt hat, durch alle Verlassenheit hindurch. Jörg Zink: "Wichtiger als dei- ne Gedanken über die Ordnun- gen, die du von Gott hast, ist das Vertrauen in sein Geheimnis. Laß dich ihm wie ein Kind. Willst du wissen, wer Gott ist? Er ist der, der dich auffängt. Laß dich fallen. Er wird dich tragen. Sein Geheimnis hält dich wie ein Netz aus Fäden vom Licht." Vertrauen
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