Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
SEITE 18 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 20. NOVEMBER Doppeljubiläum der Stadtwerke Kitzbühel 100 Jahre Elektrizitätswerk - 90 Jahre Wasserwerk, V Teil "Commissionelle Tagfahrt" - Protokoll vom 12. Juli 1894 Vor dem k. k. Bezirkshaupt- mann Leihs - Protokollführer Knoll- fand am 12. Juli 1894 die "Commissionelle TagfahrC über das Ansuchen der Stadtgemein- de Kitzbühel für eine Anlage für Erzeugung und Leitung von Elek- trizität zum Zwecke der Beleuch- tung der Stadt Kitzbühel statt. Die Stadtgemeinde hat den Si- tuationsplan sowie ein Expose der Firma Kremenezky, Mayer & Comp. in Vorlage gebracht. Hierüber wurde das Edictalver- fahren im Sinne der Gewerbeord- nung und des Wasserrechtsge- setzes eingeleitet, und mit Edict der Bezirkshauptmannschaft vom 25. Juni auf heute hierorts die commissionelle Tagfahrt angeordnet. Nach commissionel- 1er Besichtigung äußern sich die Herren Fachmänner wie folgt: Carl Linhart, k. k. Ingenieur als Bautechniker Experte: Als Centralstation wird die der Stadtgemeinde Kitzbühel gehö- rige, in der Landgemeinde Kitz- bühel gelegene sogenannte Högl- rainmühle, eingerichtet. Als Motor für den Betrieb der Dyna- momaschine wird das bestehen- de mitteischlächtige Kropfrad benützt, welches bisher für den Betrieb der Säge diente. Es wird demnach die Wasserwerksanla- ge vollständig unverändert be- lassen. Die maschinelle Einrich- tung der Säge erleidet insoferne eine Veränderung, als dieselbe um eine Transmission für den Betrieb der Dynamomaschine vermerkt wird. Dr. Ernst Lechner, k. k. Uni- versitätsprofessor in Innsbruck als elektrotechnischer Experte: Die Anlage arbeitet mit einer Spannung von 150 Volt und bie- tet daher bei halbwegs sinnge- mäßer Durchführung keinerlei Gefahr. Die Dynamomaschine ist eine Nebenschlußmaschine und die Spannung derselben wird mittels eines automatischen Stromregulators besorgt. Die Dynamomaschine steht in einem vollständig abgeschlossenen Raume der Säge und es ist selbst- verständlich, da das ganze Ge- bäude aus Holz ist, besondere Sorgfalt bei der Führung der Leitungsdrähte aus Vermeidung jeglichen Kurzschlusses zu rich- ten. Das Schaltbrett befindet sich in der Mühle circa 30 Meter von dem Dynamo entfernt. Die Lei- tungen sind oberirdische Freilei- tungen, derzeit zwei Paralleldräh- te mit Vorrichtungen zu späteren Übergang in ein Dreileitersystem und sind mit geeigneten Blitz- schutzvorrichtungen versehen. Bipolare Bleischerungen für die ganze Leitung sowie für einzelne Gruppen und Lampen sind in genügender Anzahl projektiert. Es wird vom electrischen Stand- punkte nichts gegen die Anlage eingewendet, glaubt der elektro- technische Sachverständige, da ein großer Teil der Leitung so- wie die Schalttafel bereits fertig sind, bei einer Collaudierung nach vollständig fertiggestellter Anlage nicht mehr notwendig zu sein. Der k. k. Gewerbeinspektor für Bürgermeister Carl Cathrein. Unter ihm wurde 1893/1894 das städt. Elektrizitätswerk errichtet und damit ein alter Plan seines Vorgängers, Bürgermeister Fer- dinand Pfund, verwirklicht. Dankbar erkannten damals die Mitbürger seine Verdienste, in- dem sie ihn vor seinem Abschied (1904) das Ehrenbürgerrecht verliehen. Cathrein starb am 3. Jänner 1925 in Innsbruck Foto: Kummer Tirol und Vorarlberg, Ernest Rziha verlangt zum Schutze der Arbeiter folgendes: 1. Die Licht- maschine sowie etwaige Trans- missionen sind entsprechend zu sichern. 2. Transmissionswellen und Riementriebe, welche im Verkehrsbereiche liegen, sind bis zu 1,5 Meter vom Boden einzu- frieden. 3. Gezahnte Getriebe, Schwungräder und tiefliegende Riemenscheiben sind mit Schutz- hauben zu verdecken resp. sicher einzufrieden. 4. An Wellen, Rie- menscheiben, Kupplungen sind vorstehende Teile, wie Nasen- knule, Schraubenköpfe usw. zu vermeiden oder einzukapseln. 5. Damit die abgewordenen Riemen nicht auf der rotierenden Welle aufliegen, ist bei jeder Riemen- scheibe ein Riementräger anzu- bringen. 6. Alle Vorrichtungen, welche dazu dienen, einzelne Betriebs- oder Arbeitsmaschi- nen, sowie Transmissionen in und außer Tätigkeit zu setzen, müs- sen leicht und bequem zu hand- haben sein, und schnell und si- cher wirken. Die Dynamos sol- len nur an trockenen durch ge- teerte Holzunterlagen isolierten Orten aufgestellt werden. 8. Die Dynamos sollen mit Aggregaten versehen werden, welche die Ströme regulieren lassen. 9. Die mit der Wartung und Handha- bung der electrischen Maschi- nen betrauten Personen müssen ihre diesfälligen Kenntnisse als ihre Eignung dazu von Fall zu Fall nachweisen. 10. Die Dyna- mos sind so zu versichern, daß dabei Nichtbeschäftigte mit kei- nem Teil dieser Maschinen in Berührung kommen. 11. Elektri- sche Leitungen ohne besondere Isolierung müssen derartig ge- legt sein, daß sie ohne besondere Hilfsmittel nicht zu erreichen sind. 12. Auch wären Warnungs- tafeln anzuschlagen, daß wäh- rend des Betriebes ein Berühren der Maschinen und Leitung sei- tens Unberufener strengstens verboten ist. 13. Die Bleischlüs- se müssen derartig versichert sein, daß bei einem etwaigen Schmelzen derselben das abtro- pfende Blei auf Niemanden fal- len könne. Der Vertreter der k. k. Post- und Telegraphendirection in Innsbruck, k. k. Oberingenieur Alois Matz macht den Vorbe- halt, daß die elektrischen Be- leuchtungsanlagen hinsichtlich der Staatsleistungen vollkommen störungsfrei hergestellt werden und daß zum Nachweis dieses Umstandes nach Fertigstellung und Inbetriebsetzung dieser Anlage eine Collaudierungs- Kommission abgehalten werde. Im besonderen muß: 1. Jede zur Beleuchtungsanlage gehörigen Leitung aus einem Hin- und Rückdraht bestehen und sind diese Drähte, wenn sie nebenein- ander geführt werden, möglichst simetrisch zu der etwa in der Nähe oder parallel mit ihr laufenden Staatsleitung geführt werden. 2. Die Leitungen müssen in selb- ständiger Trasse und auf eigenen Stützpunkten geführt werden. 3. Injenen Teilstrecken, wo wegen unvermeidlichen Parallel-Laufes oder wegen nicht zu umgehender Kreuzungen eine Berührung der Staatsleitungen mit den jederzeit oberhalb dieser Leitungen anzu- legenden Beleuchtungsdrähten eintreten kann, sind unter Ein- haltung des zulässigen größten vertikalen Abstandes gut isolier- te Drähte zu verwenden und ist die Führung derselben außerdem durch entsprechende Vermeh- rung sowie nötigenfalls durch Befestigung der Luftleitung mit Stahldraht von ausreichender Tragfähigkeit zu sichern. Die bei dem Bahndamme be- reits fertiggestellte Leitung, wel- che unterhalb der Staatstelegra- fen-Hauptleitung geführt ist, kann vorläufig versuchsweise wegen der bestehenden Schwie- rigkeiten zur Führung derselben oberhalb der Staatstelegrafenlei- tungen verbleiben, müßte aber eventuell, und der obigen Be- stimmung entsprechend, geän- dert werden und oberhalb geführt werden. Die Vertreter der Stadtgemein- de, Bürgermeister Carl Cathrein, I. Gemeinderath Fidel Tscholl und Ausschußmitglied Johann Georg Schlechter erklären, daß den Betrieb der elektrischen Belechtungsanlage bis auf wei- teres die hiezu concessionierte Firma Kremenezky, Mayer & Comp. unter ihrer eigenen Ver- antwortung durch einen ihrer Bediensteten führen wird. Johann Jordan, Vertreter der Firma Kre- menzky erklärt im Namen dieser Firma, daß er mit den von den Sachverständigen getroffenen Anordnungen einverstanden ist und wird um die Erteilung der Concession zum Betriebe der Anlage bei der k. k. Statthalterei unter Vorlage der Concessions- urkunde seperat im Wege der Bezirkshauptmannschaft ansu- chen. Die Vertreter der Landgemein- de, II. Gemeinderat Andreas Obernauer und Gemeindeaus- schußmiglied Wolfgang Filzer erklären, gegen die vorbezeich- nete Anlage aus Gemeinderück- sichten keinen Einspruch erhe- ben zu können. (Fortsetzung folgt!)
< Page 18 | Page 20 >
< Page 18 | Page 20 >