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möglich, weil immer zwei Jahr- gänge in einer Klasse vereint waren. Franz Reisch war Vorzugsschüler Franz Reisch war anschließend in Salzburg in einer Drogerieleh- re. Nach den Angaben aus sei- nem Erinnerungsbuch verlief sein Leben nach der Bürgerschule so: 1878/79 daheim im Comptoir, 1880 (Jänner) Lehre bei Fa. Sal- feldt & Stein, Tabakfabrik in Nordhausen; Dezember 1882 daheim im Comptoir, August 1883 als Magazinsvolontär zu Friedrich Max. Haakh nach Heil- bronn; September 1884 als De- taillist zu Josef Anton Zezi nach Salzburg; März 1885 heim ins Magazin, im Sommer Alpenpar- tien als Kurgebrauch gegen sein Kopfleiden; September 1885 bis Juni 1886 daheim im Comptoir; Juni bis September 1886 Kur in St. Moritz, Touren in der Schweiz und Italien; Oktober 1886 Re- krut in Schwaz; Dezember 1886 bis September 1887 Aspiranten- kurs in Innsbruck; anschlie- ßend daheim ('privat'); Jänner 1888 in Wien bei S. Singer, ab Mai Reisender; dann bis Novem- ber 1890 Magazineur, später Rei- sender für Württemberg und Baden bei F.M. Haakh in Heil- bronn. Diverse Privatreisen in die Schweiz etc.: November 1890 nach Kitzbühel an das Kranken- bett von Bruder Rudolf (+ 7.12.1890); 2. Februar 1891 Übernahme des Kitzbüheler Ge- schäftes. Franz Reisch mit neun Jahren Im Erinnerungsbuch sind Rei- sen größeren Stils (Amerika, Naher Osten, Skandinavien) erst für die Jahre 1892 bis 1895 ver- merkt. In den Erinnerungen von Hedwig Schmid geb. Reisch (geschrieben 1968) wären diese Reisen aber schon vor der Über- nahme des Kitzbüheler Betrie- bes gewesen. Nachfolgend ein Auszug aus den "Erinnerungen" von Hedwig Schmied: Als ihm dann sein Erbteil in bar ausbezahlt wurde, ging er auf Reisen, teils privat, größere Rei- sen, wie die nach Amerika, Skan- dinavien, Türkei, Palästina, Agypten, Tunis, Algerien, Spa- nien über Italien zurück, das machte er mit Reisegesellschaf- ten. Inzwischen starb sein Bruder Rudolf in Kitzbühel an Tuberku- lose, die er sich während seiner Lehrzeit geholt hat. So verwaiste der Betrieb in Kitzbühel. Rudolf Reisch hatte nur die Lebzelterei und die Konditorei betrieben. Lebzeiten für Dörfer und Almen Das Wachs, das die Bauern lieferten, schickte er seinem Bruder Josef nach Innsbruck zur Verarbeitung und bekam die fer- tigen Kerzen und Wachsstöcke geliefert. Es wurden alle Kirchen im Umkreis beliefert, und auch die Bauern handelten für das Wachs die Kerzen ein. Der Besitz von Onkel Rudolf war das Haus in der Vorderstadt, verbunden mit dem in der Hin- derstadt, wie es heute noch ist. Nur im Vorderhaus war links vom breiten Eingang das Laden (exi- stiert heute als Hausmeisterlo- ge), wo die Süßigkeiten und Kerzen und Zuckerl verkauft wurden. Es war aber keine Lad- nerin da, sondern auf ein Glok- kenzeichen kam der Konditor und bediente die Kundschaft. Rechts vom Hausgang war ein Stüberl, wo man Tee und Schnaps aus- schenkte, wenn die Leute recht verfroren aus der Kirche heimzu zogen. Auch hier war nur gele- gentliche Bedienung. Das Hauptgeschäft war der Lebzelten, der in die Dörfer und auch die Almen im Sommer verschickt wurde. So ein Lebzel- ten mit Butteraufstrich ist aber wirklich etwas Gutes gewesen. Im Hinterhaus war ein sehr dunkler Raum und dann das Methaus und die Küche. Das Methaus war sechs Wo- chen vor Fronleichnam schon in vollem Betrieb, denn zu diesem Festtag strömte nach der Prozes- sion alles in die Gasthäuser, um Met zu trinken. Met war ein alko- holfreies Getränk. Wir versand- ten den Met von Lofer bis Mitter- sill, nach Kirchberg, Aschau und bis nach Hopfgarten. Zum Met- sieden kam immer der Onkel Josef, zur Hilfe hatte er zwei Brauknechte. Als nun alles verwaiste, bat die Großmutter unsern Vater, doch "drinnen" nachzuschauen, bis sie einen Geschäftsführer fände, dem sie vertrauen kann. Vater war seiner Mutter sehr anhänglich und gab doch ihrer Bitte nur sehr ungern acht. Er war halt doch in Kitzbühel, Hauptstraße vor 1890 der Welt herumgekommen und wollte sich eine Existenz in Amerika schaffen. Er sprach davon noch in den ersten Jahren seiner Ehe. Nur die Mutter zö- gerte. Ihm war Kitzbühel zu eng. Es war ja damals eine tote Stadt. Für Kitzbühel ungewöhnlich So kam er, groß, schlank, nach der Mode gekleidet, in diese kleine Bauern- und Knappen- stadt. Damals waren die Berg- werke noch in Betrieb. Sein Auftreten war so ganz anders, als es die Kitzbüheler gewohnt waren. Sie beobachte- ten ihn streng und mit gemisch- ten Gefühlen und ließen es ihn fühlen. Er hatte einen Zwicker, trug selten einen Hut, was uner- hört war. Im Hause war eine Häusern, die für den ganzen Haushalt inkl. Küche zuständig war. Als Jung- geselle mußte Reisch unter die Leute gehen und verbrachte die Abende in den verschiedenen Wirtshäusern. Im Gastzimmer beim Tscholl (damals Tschohl) in der Hinter- stadt (heute Harisch) trafen sich die Herren der Stadt, der Be- zirkshauptmannschaft, des Ge- richt und des Bergamts, der No- tar und die Anwälte, die Ärzte, die Herren vom Forstamt und auch die Geistlichkeit. Fidel Tscholl war ein guter Unterhal- ter. In diese Gesellschaft kam Franz Reisch. Das heimliche Lächeln, dem er so oft begegne- te, verschwand bald, wenn sie ihm bei seinen Reiseschilderun- gen zuhörten. Sie hingen gebannt an seinen Lippen. Wenn auch viele Hochschul-absolventen unter den Gästen waren, so war es nicht jedem gegönnt, sich recht weit in der Welt umzusehen. So war es bald so, wenn Vater aus- blieb, daß ihnen der Gesprächs- stoff ausblieb. Nur Mutter (Maria Tscholl), die damals die Gäste zu betreuen hatte, war voller Mißtrauen ihm gegenüber. Seinen Frohsinn und seinen Charme nahm sie für Leichtsinn. Er war sprunghaft, machte gern den Kasperl und gewann bald viele Sympathien, hauptsächlich unter seinen Al- tersgenossen. Er war beim Män- nergesangverein, bei den Turnern und immer der, der bei Veran- staltungen voller toller Einfälle war. Ihm assistierte dann sein zukünftiger Schwager Hans Tscholl. Und wenn seine Zeitge- nossen von ihm erzählten, dann hatten alle lustige Augen. Für die Unterstützung danken wir Komm.Rat Hans F. Reisch sen. in Kufstein, Dr. Klaus Reisch und Kustos Martin Wörgötter (Kitzbühel) .Die "Ahnentafel" wurde von Linda Gradischegg-Baumgart- ner geb. Wegmann erarbeitet.
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