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Johann Obermoser (links) mit Bürgermeister Hermann Reisch bei der Ehrenbü rgerfeieram 18. Juni 1964 im Kitzbüheler Rathaussaal Foto: Toni Rothbacher, Kitzbühel SEITE 30 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 18. JUNI 1994 Gedenkblatt zum 100. Geburtstag von Landtagspräsident Kommerzialrat Johann Obermoser Ehrenbürger von 14 Gemeinden des Bezirkes Kitzbühel Landtagspräsident Kommer- zialrat Johann Obermoser er- blickte am 19. Juni 1894 auf dem Dürlergütl in Waidring das Licht der Welt. Sein Vater, Alois Obermoser, dessen Wiege in St. Johann stand, kam als vierjähri- ges Bübl zum Schuhmachermei- ster Zaggl nach Waidring und wurde von diesem, der kinderlos war, als Ziehsohn aufgenommen. Im Jahre 1880 übernahm Vater Alois Obermoser von seinem Ziehvater die Schuhmacherwerk- stätte und erwarb auch das Dür- lergut und wurde wieder Bauer wie sein Ahne Christian Ober- moser, welcher 1623 auf Ober- moos in Brixen geboren wurde. Das Geschlecht der Obermooser nahm von diesem Hof den Na- men an. Vater Alois Obermoser war mit Katharina, geb. Unter- rainer, die Bauerntochter zu Rechensau in St. Ulrich, deren Großvater sich unter Schützen- major Rupert Wintersteller als Landesverteidiger im Tiroler Heldenjahr 1809 auszeichnete, verheiratet. Obermoser besuchte in Wai- dring die damals nur zweiklassi- ge Volksschule. Sein Wunsch war es, und auch der seines älte- ren Bruder Alois, eine höhere Schule zu besuchen. Es gab aber damals keine Beihilfen, kein Stipendium und keine Begabten- förderung und so konnte der Vater den Wunsch des Sohnes nicht erfüllen, der daher bei der Schusterei und bei der Bauernar- beit blieb. Als Schuhmacherlehrling saß aber Obermoser nicht tagaus, tagein in der Werkstätte, sondern verdingte sich zu Sommerszei- ten bei Bauern und betätigte sich auch bei der Holzarbeit, im Stra- ßenbau und bei der Errichtung von Waldwegen. Der kräftige und zu jeder Arbeit verwendbare junge Mann wurde überall gerne aufgenommen. Nur im Winter nahm ihn der Vater in die Werk- stätte und dort mußte er dann nachholen, was er die Sommer über versäumte. So war er die beste Stütze der Eltern und konn- te sich aber auch eigene Erspar- nissezurücklegen. Im Jahre 1912 starb sein Vater im Alter von erst 52 Jahren; die Mutter durfte er bis 1929 behal- ten und er konnte dieser einen geruhsamen Lebensabend berei- ten. Am 15. Mai 1915 rückte Jo- hann Obermoser zum 1. Tiroler Kaiserjägerregiment ein und wurde im Frontabschnitt Daglia Mento eingesetzt. Er brachte es bis zum Patrouillenführer und wurde mit dem Eisernen Kreuz und dem Karl-Truppen-Kreuz ausgezeichnet. Am 30. Mai 1918 verehelichte er sich mit der Bauerntochter Barbara Nothegger von Oberste- gen am Haberberg in Kirchdorf; zur Trauung erhielt er acht Tage Heimaturlaub. Noch einmal vor dem Zusam- menbruch erhielt Johann Ober- moser Heimaturlaub und zwar für drei Tage zum Begräbnis seines Bruders Alois, welcher am 24. Oktober 1918 im Kranken- haus Wörgl starb. Am Begräb- nistag entstieg Obermoser in Hochfilzen dem Zug, eilte im Laufschritt über Flecken und St. Ulrich nach Waidring und kam gerade noch zurecht, als der Kondukt das Vaterhaus bereits verlassen hatte. Verschwitzt und im grauen Rock reihte er sich in diesen ein, nahm am Begräbnis und an den Seelenmessen teil, jedoch der rauhe Oktoberwind warf ihn noch am gleichen Tag mit einer schweren Verkühlung ins Bett. Der Spitalkommandant von Kitzbühel, Dr. Kecht, befahl die Überführung nach Kitzbü- hel, was aber wegen des hohen Fiebers nicht mehr möglich war. Zur Verkühlung gesellte sich noch eine gefährliche Grippe und der Sprengelarzt Dr. Gleirscher eröffnete der jungen Frau: 'Das ist sein letzter Winter". Obermo- ser aber überlebte den Winter, ging den Sommer über auf die Postalm am Spielberg unl das Spielbergwasser, so behauptete Obermoser noch nach Jahrzehn- ten, machte seine kranke Lunge wieder gesund. 1919 legte Obermose die Meisterprüfung für das Schuh- macherhandwerk mit Erfolg ab. Die Ablegung der Meisterprü- fung war damals einfacher wie heute. Obermoser verfertigte in seiner eigenen Werkstätte ein Paar Schuhe und legte diese dem Schuhmachermeister Überall in Kitzbühel, der damals als Prü- fungskommissär fungierte, zur Begutachtung vor. Dieser sagte: "Gut gemacht!" und hierauf wurde der Meisterbrief ausge- stellt. 1919 kam Obermoser auch in die Gemeinde. Als junger Ge- meinderat wurden ihm die schwierigsten Referate übertra- gen: das Wirtschaftsamt, die Lebensmittelkarten, die Waren- zuteilung, die Ausgabenkontrol- le und die Ablieferung von Ge- treide und Schlachtvieh. Die Korn- und Weizenschöber muß- ten auf den Feldern abgezählt werden und vor dem Dreschen mußte ein "Probedrusch" ange- meldet werden, bei welchem Obermoser anwesend sein muß- te. Die Lebensmittelknappheit war ungeheuer und so gab es in Waidring eine große Aufregung, als es Obermoser gelang, für Ostern 1920 für die Gemeinde einen ganzen Waggon Zuckerrü- ben zu bekommen. Dieser Wag- gon wurde am Karfreitag in St. Johann auf ein Abstellgeleise gestellt und Obermoser rückte mit 20 Pferden und entsprechen- den Fahrzeugen in St. Johann ein, um diese "wertvolle" Fracht unverzüglich sicherzustellen. In Waidring stank dann jeder Haus- halt wochenlang nach diesen Rüben; sie wurden aber alle auf- gegessen, so groß war damals die Not, aber Obermoser erlebte sei- nen ersten Triumph als Wirt- schaftspolitiker. Bedeutungsvoll und nachhal- tig für die gesamte Landwirt- schaft von Waidring war die Tätigkeit des am 20. Dezember 1986 Verstorbenen in der "Ha- selbach-Regulierungsgenossen- schaff, der er zehn Jahre lang als Obmann vorstand und welche ihn 1935 zum Ehrenobmann ernann- te. Der Genossenschaft gelang es, zusammen mit der Gemein- de, aus der Schloßherrschaft Schmiedmann 100 Hektar saure und wässrige Wiesen aufzukau- fen. Diese Wiesen wurden in den Haselbach reguliert und wurden zu vollwertigen zweimähdigen Egarten. Diese 100 Hektar land- wirtschaftliche Nutzfläche ver- größerten die Waidringer um ein Drittel. Zu markanten Werken aus dieser Zeit unter Obermoser gehörten weiters der Neubau der Sennerei, der Bau des Feuerwehr- zeughauses und der Neubau der Volksschule. Bis zu seinem Eintritt in die Landespolitik wirkte Obermoser als Obmann der Raiffeisenkasse und des Bauernbundes und als Vizebürgermeister. In dieser Zeit erwarb die Gemeinde das Nie- dermoosengut, das zu einem Gemeindehaus umgebaut wurde, während die Felder an die Nach- barn abgetreten werden konnten. Unter Bürgermeister Johann Unterrainer wurde Obermoser 1934 aufgrund seiner überragen- den Verdienste zum Ehrenbür- ger ernannt. Dem Präsidium des Tiroler Bauernbundes gehörte Obermo- ser schon bei der Wahl von Lan-
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