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SEITE 12 L0KAL-ANZEIGER - SAMSTAG, 16. JULI 1994 Weitere Gedanken zum EU-Beitritt Österreichs Milchmädchen-Rechnungen? "Statistik - Akrobatiken" oder "Lügt die Statistik"? Ich bin ein Befürworter der "EU" und habe daher, konsequen- ter Weise anläßlich der Volksab- stimmung Ja zur Europäischen Gemeinschaft gesagt. Meine Hauptbeweggründe für die Mit- gliedschaft im vereinten Europa sind: Die Ausschaltung militäri- scher Auseinandersetzungen in Mitteleuropa, die, wie wir wis- sen, immer katastrophale Folgen gehabt haben und die Chance, daß sich die tüchtigen Osterrei- cher im großen Markt zu ihren Gunsten durchsetzen werden. Nun aber habe ich in einer offensichtlich zu kleinen Zei- tungsnotiz gelesen, daß die Milch demnächst in den Regalen der Geschäfte, das heißt für den Konsumenten, teurer werden soll. Andererseits aber hat man den Milch-Bauern bereits mitgeteilt, daß sie für ihr Produkt im EU- Markt um mindestens 20 Prozent pro Liter weniger bezahlt bekom- men. Vielleicht kann mir ein Exper- te sagen, in welchen Bottich die Riesenspanne von 25 bis 30 Mit dem Slogan "die Wirt- schaft sind wir alle" zogen der Bundespräsident, die Bundesre- gierung, die Wirtschaftskammer, der Gewerkschaftsbund, die bei- den größten politischen Parteien und viele Großbetriebe in die Schlammschlacht "Beitritt zur EU'. Bei der einseitigen Propa- ganda und der Angstmacherei war der Ausgang klar! Aber es war kein Sieg mit politischem Champagner-Gelage, das Ergeb- nis stimmt nachdenklich. Warum gab es Neinsager? Das zentralistische Wien mit Hoff- nung auf eine neue Donau-Mon- archie und fette Posten hat das Ja als großen Erfolg bezeichnet. In Tirol stimmten 43,58 % mit Nein und Wien jubelte, weil trotz Transitplage sogar Tirol mehr- heitlichJa sagte - und man zitier- te Vomp als Beispiel. Man muß genauer schauen: Mit Nein stimmten viele Gemeinden entlang der Autobahn und zwar Gries a. B., Telfes, Ampass, Rum, Fritzens, Münster, Mariastein, Langkampfen und Erl. Nein sagten auch viele Bewohner ent- lang der B 312 (Wörgl-Lofer) und zwar aus Elimau, Söll (fast), Scheffau und Going. Rund 20% Prozent, die der Bauer als Produ- zent und der Verbraucher als Käufer zu tragen haben, fließt? Auch der Autohandel hat sich bereits zu sagen beeilt, daß die aus den übrigen EU-Mitglieds- ländern nach Osterreich kom- menden Autos, respektive Kraft- fahrzeuge, auch ohne Zollschran- ken und damit wohl auch ohne Importsteuer, nicht billiger wer- den. Vielleicht kann mir ein Experte sagen, in welchen Bot- tich die Spanne fließt? Ich bin ganz sicher, daß für die Auflösung der Milchmädchen- Rechnungen kein Experte aufzu- treiben sein wird. Das Umlegen von Vorteilen aus Marktkonstel- lationen auf die Konsumenten und auf die Produzenten ist man in Osterreich noch nicht gewöhnt. Und bevor dieser Druck vom großen Markt her kommt, will man, wenn's geht, ganz schnell noch einmal in die Kasse des Herstellers und des Verbrauchers greifen. Nicht gerade sehr euro- päisch! Dkfm. Dr. Josef Ziepi gingen nicht zur Wahl. Im Ziller- tal gab es in 14 Gemeinden mehr Nein-Sager. Warum? Die Ziller- taler sind wirtschaftlich beson- ders aufgeschlossen; haben sie Angst vor dem Ausverkauf, vor dem Bauernsterben und einer Allemagna? In Osttirol stimmte keine Gemeinde mit Nein. Das ist erstaunlich. Ein Freund erklärte mir sein Nein folgend: wirtschaftlich sei- en wir schon lange bei der EG, der Beitritt zur EU sei politisch. Mit diesem gibt Osterreich seine Souveränität, seine Neutralität und seinen Staatsvertrag auf. Man könne Europa nicht mit den USA vergleichen. Zudem gibt es ein Europa nur geographisch, seine Ostgrenze liegt am Kaukasus und am Ural. Die EU bestehe aus Westeuro- pa und Teilen Mitteleuropas. Bisher gab es ein Europa nur durch Kriegsfolgen (Karl V., Napoleon, Hitler). Osterreich könne man mit Montana in den USA vergleichen. Dort Washing- ton, hier Brüssel, dort haben die Gouverneure nichts zu reden, bei der EU Osterreich sicher nichts. Mein Freund ist kein Haider-Fan. Hofrat Dr. Paul Kirchmeyr Ja, sie lügt! Sie lügt, wenn man innerlich zu schwach ist, sich an seinen eigenen Fehlern zu mes- sen. Die Statistik ist, das weiß jeder solide Unternehmer, ein bedeutendes betriebswirtschaft- liches Hilfsmittel zur Steuerung der Unternehmung oder auch ganzer Wirtschaftszweige, ja selbst ganzer Volkswirtschaften. Am objektiv aufgearbeiteten Zahlenmaterial kann man able- sen, wo die Stärken und Schwä- chen des Betriebes liegen, wo sich Fehlentwicklungen anbah- nen bzw. ausbreiten und wo es Ansätze für Verbesserungen gibt. Verheerende Folgen für eine Unternehmung aber kann das bewußte Wegschauen, das Ne- gieren der Wahrheiten, die aus der Statistik herausschauen, haben. Die Natur bestraft jede Nachlässigkeit gnadenlos, die Wirtschaft meistens auch. Ich beschränke mich im Konkreten auf die Tourismuswirtschaft und sage, daß uns Statistik-Akrobati- ken nicht weiterbringen. Es hat keinen Sinn, die erfolgreichste Fremdenverkehrsgemeinde einer Saison dem Verlierer der Saison, unter 250 Tourismusverbänden, gegenüberzustellen. Jeder weiß, daß die Inbetriebnahme eines großen Hauses, oder der Verlust mit Übernachtung auf der Schmidt Zabirow Hütte am 16. und 17. Juli. Für das heutige Jahr haben wir als 1. Sommertour den Nackten Hund, 2.372 m, in den Loferer Steinbergen, mit Besteigung über einen wunderschönen, jedoch schwierigen Klettersteig, ausge- sucht. Wir fahren am Samstag mit dem Bus in's Loferer Hochtal und steigen von dort in ca. 2,5 bis 3 Stunden zur Schmidt Zabirow Hütte zur Übernachtung auf. Die Schmidt Zabirow Hütte, auf 1.966 m Seehöhe gelegen, wird von Andreas Steger, einem Mit- glied unserer Sektion, geführt und hervorragend bewirtschaftet. Unsere Tour am Sonntag führt uns dann zum Wehrgrubenjoch, von dort über den Klettersteig zum Nackten Hund und dann eines Reisebüros, markante Auswirkungen haben kann, ohne daß auch nur das Geringste über die Entwicklung eines Ortes damit ausgesagt wird. Ein Spiel- chen mit Zahlen, das gar nichts bringt. Viel mehr bringen würden der Tourismuswirtschaft rechtzeitig abgegebene Signale, respektive Marktprognosen für die bevor- stehende Saison, mittelfristig aufgedeckte Verschiebungen von Marktsegmenten, Reisestrom- analysen, Veränderungen im Konsum- und Reiseverhalten, damit sich der bzw. die Unter- nehmer, die Verbände und Re- gionen darauf einstellen und mögliche Gegenmaßnahmen einleiten können. Mittelfristige bis langfristige Beobachtungen von Märkten, deren Veränderun- gen sich in den Statistiken bestä- tigen, sind unausweichliche In- strumentarien für Planungen und Umplanungen. Statistiken, die nicht das Spiegelbild unser selbst und das der Geschäftspartner sind, können zu falschen Annah- men und Reaktionen führen. Und Solches kann ins Auge gehen. Dkfm. Dr. Josef Ziepi, Obmann der Kitzbüheler Alpen Region weiter zum Hinterhorn, 2.504 m. Über den Normalweg kehren wir wieder zur Schmidt Zabirow Hütte und von dort in's Loferer Hochtal zu unserem Bus zurück. Die Teilnehmer dieser Tour sollen neben Schwindelfreiheit auch etwas Klettersteigerfahrung mitbringen. Die gesamte Geh- zeit am Sonntag wird ca. 6 - 7 Stunden in Anspruch nehmen. Anmeldung: Bis Freitag, 15. Juli, beim Landesreisebüro. Abfahrt:Samstag, 16. Juli, 14 Uhr, Parkplatz Pfarrau. Ausrü- stung: Klettersteigausrüstung: Brust- und Sitzgurt, Schlauch- band oder Reepschnur 5 m, und 2 Karabiner. Fahrtkosten: Mit- glieder 580; Jugend 550; Nicht- mitglieder S 160. Führung: Pepi Lindebner, Al- pinwart, der sich auf Euer Mitge- hen sehr freut. Die "Nein"-Sager Alpenverein Sektion Kitzbühel Sektionstour in den Loferer Steinbergen
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