Kitzbüheler Anzeiger

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Mit4büIJ ect*niatbtäfter Heimatkundliche Beilage des "Anzeiger" mit Beiträgen über Volkstum, Geschichte, Volksleben, Kultur und Natur Schriftleitung Hans Wirtenberger Nr. 11 November 1994 4. Jahrgang Caspar Melchior Balthasar Schroll aus Kirchberg Der bedeutende Montanist wurde k. k. Regierungsrat und Salmen-Direktor in Salzburg und starb vor 165 Jahren Von Dipl. Ing. Karl Obergmeiner Vor 165 Jahren verstarb in Salzburg CM.B. Schroll aus Kirchberg, einer der bedeutend- sten Montanisten Salzburgs. Es erscheint angezeigt, sich des Lebens und Wirkens dieses au- ßerordentlichen Mannes zu erin- nern. Schroi selbst beschreibt seinen ungewöhnlichen Lebens- lauf in der Vorrede des von ihm verfaßten Buches "Gespräche zwischen einem Pfleger und ei- nem Ortsvorsteher" (veröffent- licht erst nach seinem Tod bei Franz Xaver Duylein Salzburg). Seinem Geburtstag, dem Drei- königstag 1756, verdankte der Bräuwirtssohn in Kirchberg die ungewöhnlichen Vornamen Caspar Melchior und Balthasar. Zeit seines Lebens war Schroll begleitet von einem "Hang" zur Landwirtschaft, der grundgelegt war in den Kinder- und Jugend- jahren im großen väterlichen Land- und Almbeitz. Nach den Schul- und Studienjahren - Dorf- schule in Kirchberg, Erlernung der Singkunst in Kitzbühel, Sing- knabe im Kloster St. Zeno bei Reichenhall, Gymnasium bei den Jesuiten und nach der Aufhebung des Ordens im Jahr 1773 in Hall Abschluß in Salzburg - fand Schroll "durch einen Zufall" eine Anstellung im salzburgischen Bergwesen Er wurde am 25. August 1777 als Bergpraktikant angestellt. Die berg- und hütten- männische Ausbildung erfolgte in verschiedenen Montanbetrie- ben Salzburgs. S--hon bald er- reichte Schroll verantwortungs- volle Stellen, er wurde Gegen- schreiber beim Bergbau Leo- gang. Der Landesiirst, Fürsterz- bischofHieronynius Graf Collo- redo, der von 1772 bis zum Ende des geistlichen Staates (1803) auch das weltliche Oberhaupt des Brixentalers war, ging als Refor- mator in Staat und Kirche in die Geschichte ein. Der Erzbischof brachte durch eine Steuerreform im Jahr 1778 die Finanzen des Fürstentums in Ordnung. Er muß Schrolls Fähigkeiten erkannt haben, da er ihn gemeinsam mit einem Bergmann aus der Gastein zum Studium an die Bergakade- mie nach Freiberg in Sachsen entsandte (1780 - 1782). Die Möglichkeit, als "Ausländer" die Collegien zu besuchen und Gru- benbefahrungen durchführen zu können, bedurfte einer Interven- tion des preußischen Staatsmini- sters von Heinitz - der Vertraute Friedrich II.d.Gr. war im eige- nen Land ein bedeutender Förde- rer des Berg- und Hüttenwesens - bei Kurfürst Friedrich August von Sachsen. An der Bergakade- mie, zu deren bekanntesten Ab- solventen Alexander von Hum- boldt, Theodor Körner und Fried- rich Leopold von Hardenberg, genannt Novalis, zählten, die durchwegs erst nach Schrolls Aufenthalt dort studierten, hat- ten die beiden Salzburger nach der Andacht in der Betstube wie alle anderen Knappen um 5 Uhr zur Frühschicht einzufahren und in der Grube alle dort anfallen- den Arbeiten zu verrichten. Nachmittags waren der Besuch der Collegien und Studienbetrie- be vorgesehen. Auf Anordnung des Landes- fürsten Fürsterzbischof Hierony- mus führte Schroll 1781 eine Befahrung der Erzbergbaue in Johanngeorgenstadt, Joachims- tal, Schlackenwerth und Karls- bad aus. Die Beschreibungen dieser Bereisungen enthalten interessante Aufzeichnungen betrieblicher Art, gleicherweise aber auch Darstellungen der sozialen Verhältnisse, vornehm- lich bei den Bergleuten im Joa- chimstal. Die vom Landesherren investierten Kosten für Schrolls Studium an der Bergakademie konnten in der Folge durch die von Schroll veranlaßten Betriebs- verbesserungen im salzburgi- schen Montanbereich reichlich hereingebracht werden. Schon 1790 errichtete Graf Colloredo ein "Kameral-Institut für junge Bergleute" in Salzburg. Es war eine hervorragende Ausbildungs- stätte, ausgestattet mit mineralo- gischen und technologischen Kabinetten und Mappierstuben. Wiederum hatte Schroll die maßgeblichen Vorlesungen ne- ben seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit und unbesoldet auszu- üben. Schrolls mineralogische Sammlung, später im Eigentum des Stiftes St. Peter, lieferte noch 1982 einen Teil der Schaustücke in der Landesausstellung Salz- burg. Erst 25 Jahre nach der Veröffentlichung von Schrolls "Grundlinien einer Salzburgi- schen Mineralogie" erteilte Erz- herzog Johann den Auftrag für ein solches Werk für die Steier- mark. Schroll war auch Mitglied der Hofkammer und mit den verschiedensten Agenden, u.a. im Wasserbau, im Straßenbau und im Forstwesen, betraut. Zu be- merken ist, daß das Wirken von C.M.B. Schroll in eine furchtba- re Zeit fiel. Siebenmal war Re- gierungswechsel (einschließlich Besatzungen durch Franzosen und Bayern), die salzburgische Landeszugehörigkeit wechselte mehrmals und der Verlust der staatlichen Selbständigkeit durch den Reichsdeputationshaupt- schluß (1803) sowie die Flucht des Landesfürsten im Jahr 1800 nach Wien brachten zusätzliche Verwirrung. Auf das Wirken Schrolls konnte man nicht ver- zichten. In der bayrischen Zeit (Salzburg war von 1810 bis 1816 bayrische Provinz) war er könig- licher Oberstbergrat mit Sitz und Stimme als Ober-Berg-Commi- sär des Salzachkreises. Schrolls letzte Stellung war nach endgül- tiger Zuordnung Salzburgs zum österreichischen Kaiserstaat die eines k.k. wirklichen Regierungs- rates und Berg- und Salinen--Di- rektors in Salzburg. Neben den Aufgaben im Montanbereich ist Schrolls Wirken im Bereich der Salzachregulierung im Oberpinz- gau zu erwähnen sowie seine Beschreibung der Hochwasser- katastrophe in Niedemsill (1798) und des Bergsturzes "Embacher- Blaike" (1794). Caspar Melchior Balthasar Schroll war Mitglied der Sozietät der Bergbaukunde, einer Gesellschaft ganz hervor- ragender Gelehrter, der auch Anton Laurent Lavoisier, James Watt und Johann Wolfgang Goethe angehörten. C.M.B. Schroll starb am 16. November 1829 in Salzburg und wurde auf dem St. Sebastians-Friedhof bei- gesetzt. Das Biographische Le- xikon des Kaisertums Osterreich, Wien, 1876, von Constant v. Wurzbach führt die Verbesserun- gen an, die Schroll im Salzburger Montanwesen durchgeführt hat, ebenso seine veröffentlichten Schriften. Mit dem Wirken Schrolls befaßt sich "Die monta- nistische Ausbildung in Salzburg nach Schemnitzer und Freiber- ger Vorbild unter Fürsterzbischof Hieronymus" von Heinrich Kuntert (In: Volkstum zwischen Moldau, Etsch und Donau), er- schienen bei Wilhelm Braumül- ler, Wien-Stuttgart. Das öster- reichische Museum für Volks- kunde veröffentlichte "Studium Salzburger Bergoffiziere an der Bergakademie Freiberg/Sach- sen" von Heinrich Kunert (In: Bergbauüberlieferunen und Bergbauprobleme in Osterreich und seinem Umkreis), Wien (1975). Dipl. Ing. Karl Obergmeiner war der letzte Forstmeister der Österreichischen Bundesforste in Kitzbühel.
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