Kitzbüheler Anzeiger

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Zwei Steinsäulen in Sperten bei* St. Johann Von Dr. Herwig Pirkl Am Beginn meiner Burgen- forschung im Leukental durch- streifte ich auch die Gegend im Westen von St. Johann i. T. Im Weiler Sperten machte mich Frau Niederstrasser, Bäurin vom Hof Kienern, früher 1/2 Grafenlehen, auf einen behauenen Stein auf- merksam, den ihre Tochter Bar- bara bei Gabungsarbeiten direkt beim Bauernhaus entdeckt hatte. Es handelt sich um einen ge- spaltenen Gneisfindling, der in der Eiszeit aus den Tauern hieher verfrachtet worden war. Die Rückseite ist rund. Das erhabene Kreuz ist die einzige Verzierung. Es ist ein Ulrichskreuz - eine Beziehung zu diesem Heiligen muß aber nicht bestehen - es ist zeitlos und keinem Stil zuzuord- nen. (Abb. A) Es ist erfreulich, daß die Bau- ersleute stolz auf ihren Fund sind. Sie haben ihn in der Zwischen- zeit sicherlich beim Haus aufge- stellt. Meine Vermutung, daß es sich dabei um ein Wegkreuz handelt, wurde mir von Herrn Dr. F. Ca- ramelle, Landeskonservator von Tirol, bestätigt. Er verwies auf weitere Steinstelen im Raume von St. Johann. Eine Ähnlichkeit besteht mit der Säule, die heute beim Hof Stegen, gleichfalls Sperten, steht, früher sich aber auf offenem Felde befand. Ich habe sie gleich- falls kopiert. (Abb. B) Dr. R. Rampold beschreibt die letztgenannte Säule kurz: 'Das Steinmarterl von Sperten, eine schlanke gotische Steinsäule mit leeren spitzbogiger Aufsatzni- sche zeigt im spitz zulaufenden Abschluß ein Kreuzrelief." (St. Johann in Tirol, Bd. 2, S. 633) Dr. Herwig Pirkl (Hochfilzen) ist Geologe i. R., er hat eine Vielzahl von Untersuchungen zur Leukentaler Burgenkunde durch- geflihrt. Vorliegende Kurzberich- te sind "am Rande "dieserArbeit gemacht worden. Dr. Pirkl ist durch Veröffentlichungen über den Bereich derHofinarkPiller- see, zuletzt die umfassende Chro- nik von St. Jakob in Haus, her- vorgetreten. Er ist auch Bezirks- verantwortlicher für das Chro- nikwesen im Tiroler Kulturwerk. Die Steinstele von Kienern (Abbildung A) ist ein Gneisfind- ling aus den Tauern, sie trägt das Ulrichskreuz. Ulrich, Bischof von Augsburg, Sieger gegen die Ungarn auf dem Lechfeld, ge- storben 973, ist der erste feierlich heilig Gesprochene der Kirche (993). - Die Säule bei Stegen trägt das Kreuz an der Spitze. (Abbildung B). Eine botanische Exkursion vor 200 Jahren Im Sommer 1794 erfolgte die erste Gipfelbesteigung im Wil- den Kaiser, die in der Literatur verzeichnet ist. Einer der Bergsteiger, der 32 Jahre alte Hilfs-priester Franz Berndorffer, der in Schwoich stationiert war, schrieb einem Freund, dem Benefiziaten Schmidt in Rosenheim, über die botanische Exkursion auf den "ayserbrg". Über diese erste touristische Ersteigung vermutlich des Schef- fauers, die nur in einem Brief ihren Niederschlag fand, sind wir deswegen informiert, weil das "Botanische Taschenbuch" von D. H. Hoppe in Regensburg die- se Darstellung im Jahr 1796 ver- öffentlichte. Es war gewissermaßen der Nach- ruf für den begeisterten Botani- ker Berncorffer, der als Hilfsprie- ster in Kirchbichl am 14. März 1795, im 33. Lebensjahr stehend, verstorben ist. Berndorffer war Chorherr des Domstiftes zu Herrenchiemsee gewesen. Mineralogie und Bota- nik waren seine "Steckenpfer- de". Er hatte eine Sammlung von 900 Alpenpflanzen angelegt und hat- te Tierskelette blendend weiß präpariert und zusammengefügt, aber auch in den Steinen nach Geheimnissen geforscht. Der Wortlaut des Briefes von 1794: Schwoich, den 17. November 1794 Freund! Ich war den 17. Au- gustmonats auf dem Kayser. Der hiesige Uhrmacher und sein Jagd- hund waren meine Begleiter. Ich dachte wohl an Sie; als ich aber dieses Gebirge näher vor den Augen hatte, war ich wieder froh, daß Sie nicht bey mir waren. Wir giengen um halb 8 Uhr von Schwoich weg, und in 3/4 Stun- den waren wir am Fuße des Ber- ges. Wir stiegen ganz getröstet den Berg an, und trafen gegen 11 Uhr in einer schon vorhin bestimm- ten Alpe von 7 Kasen (Sennhüt- ten) ein. Hier hielten wir ein kurzes Sennenmahl, verließen um 12 Uhr die jauchzenden Gefilde wieder, stiegen noch eine Stunde hoch, nach welcher wir auf den Steinberg, einer Alpe von 21 Kasen, die wir zu unserem Nacht- quartier ausgesehen hatten, an- kamen. Wir setzten unsern Weg wie- der fort und stiegen, mit den Tubus auf den Rücken, etwa 3/4 Stunden hoch, bis wir auf einen schönen Platz, der Freidhof ge- nannt, gelangten. Hier erblickte ich den schönsten Kräutergarten, und das schöne Rosenheim lag vor unsern Augen da. Allein wir konnten hier nicht verweilen, und mußten nun durch einen, eine Stunde langen Weg (durch die 3 Boiden) mehr Iu-ie- ehen und schliefen als gehen: denn wir hatten uns hier durch lauter Lutschen (Zwergföhren Pinus Pumilio), unter welchen Flora besonders schöne Pflanzen schelmisch verborgen hält, und die Diana ihre Gemse und Feder- wild hütet, durchzuarbeiten. Als wir halb zerkratzt uns hin- auf gewunden hatten, rasteten wir auf einem Felsen aus, auf wel- chem wir schon die herrlichste Aussicht hatten. Wir speiseten da etwas Fleisch, tranken einen Schluck Brandwein und mi:telst
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