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Zeichnung aus dem Schwazer Bergbuch von 1556 mit den Wasserlei- tungen zu den Schächten am Rerobichi. Kitzbühel war damals das wichtigste Bergbauzentrum SEITE 10 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 2. SEPTEMBER 1995 Die älteren Stadtrechtsquellen von Kitzbühel ii. Teil Von Dr. Ferdinand Kogler, Innsbruck Als die oberbayerischen Her- zöge, die Brüder Rudolf und Ludwig, am 1. Oktober 1310 ihre Länder teilten, fiel Chitzpuhel mit dem südöstlichen Teile Oberbayerns und München als Hauptstadt an Herzog Rudolf, während Ludwig der Bayer den Nordwesten mit Ingolstadt als Hauptstadt erhielt. Diese Teilung dauerte allerdings nicht lange, denn durch Vertrag vom 21. Juni 1313 einigten sich die beiden Herzöge wiederum zu einem Zusammenwurf ihrer Lande und zu gemeinsamer Regierung und nach dem Tode Rudolfs (1319) gewann der inzwischen (1314) zum deutschen König erhobene Ludwig, wiewohl Rudolf drei Söhne hinterließ, zunächst die Alleinherrschaft in ganz Ober- bayern. Durch Vertrag vom 1. Mai 1319 verpfändete Ludwig unter anderm auch Chitzpuhel an seine niederbayerischen Vet- tern Heinrich XIV. den Älteren, Otto und Heinrich XV., den Jüngeren, in welcher aller Na- men Heinrich der Altere als der vorerst allein volljährige die Regierung führte. War Kitzbühel bisher, sei es als Markt, sei es als Stadt, im Genusse der oberbayerischen und speziell des Münchner Stadt- rechts gewesen, so hatte diese Verpfändung an die niederbaye- rischen Herzoge auch eine zeit- weilige Änderung des Stadtrechts zur Folge. Der Regent von Nie- derbayern, Herzog Heinrich der Altere, verlieh in einer zu Chitz- puhel ausgestellten Urkunde vom 25. September 1321 den Bür- gern daselbst für die Zeit seines pfandweisen Besitzes (die weil wir si inne haben) das Stadtrecht zu Landshut. Ebenso wie Herzog Ludwig II. im Jahre 1271 Kitzbühel mit dem Stadtrecht zu München ins- besondere und dem der oberbay- erischen Städte im allgemeinen bewidmete, so begabt jetzt Her- zog Heinrich Kitzbühel für die Zeit seines Besitzes mit dem Stadtrecht zu Landshut. Da übri- gens auch die Grundzüge der Stadtrechte von Landshut und München im wesentlichen über- einstimmend sind, so dürfte die- ser Wechsel des Stadtrechtes für Kitzbühel keine allzugroße Be- deutung gehabt haben, er war mehr ein formeller als ein mate- rieller. Herzog Heinrich hat die- se Änderung des Stadtrechtes von Kitzbühel wahrscheinlich nur aus prinzipiellen Gründen vorge- nommen. Doch lange blieb Kitzbühel nicht im Besitze der niederbaye- rischen Herzoge und demgemäß auch nicht lange im Genuß des Stadtrechts von Landshut. Der Vertrag von Pavia vom 4. Au- gust 1329, in welchem Kaiser Ludwig der Bayer mit den Söh- nen seines verstorbenen Bruders Rudolf eine Länderteilung vor- nahm, bezeugt uns die stat" Chitzpuhel wiederum mit Ober- bayern vereinigt im bleibenden Besitze Kaiser Ludwigs. Kaiser Ludwig verlieh auch mit Privi- leg vom 1. Jänner 1338 dem rat und den burgern zu Kitzpuchel" wiederum das Stadtrecht von München. In dieser Urkunde ist zum er- stenmal der Stadtrat bezeugt. In den älteren Urkunden für Kitz- bühel erscheinen dann auch die Bürger in ihrer Gesamtheit als die Repräsentanten der Gemein- de. Erst seit dem Jahre 1338 ist dann neben der Bürgerschaft der Rat bezeugt, so daß wir die Ent- stehung desselben mit einiger Sicherheit in die Zeit von 1321- 1338 zu verlegen haben, und erst ein Jahrhundert später, nachweis- bar mit 1444, tritt dann an die Spitze des Rates der Bürgermei- ster. Infolge der Vermählung Lud- wig des Brandenburgers, des ältesten Sohnes Kaiser Ludwigs, mit Margaretha Maultasch (1342) wurde Kitzbühel, ebenso wie die benachbarten Rattenberg und Kufstein, zum erstenmal und vorübergehend in der Hand ei- nes Herrschers mit Tirol verei- nigt und blieb auch nach Lud- wigs Tod (1361) zunächst noch unter dem Zepter Margarethens bei Tirol, weil der Brandenbur- ger diese Gebiete durch Urkun- de vom 10. November 1356 sei- ner Gemahlin als Wittum bestellt hatte, gelangten 1363 vorüber- gehend mit Tirol an die österrei- chischen Herzoge, um durch den Frieden von Schärding vom 29. September 1369 von Tirol ge- trennt zu werden und an Bayern zurückzufallen. Die Bürger in ihrer Gesamt- heit bilden die Stadtgemeinde. Alle Bürger haben gleiche Rech- te und gleiche Pflichten und alle stehen im Genusse einer Reihe von Vorrechten. Die Bürger sind Nichtbürgern gegenüber in Ausübung von Handel und Gewerbe stark be- vorzugt. Die in Kitzbühel mit Haus und Hof ansässigen Bürger unterliegen, ebenso wie in Mün- chen, Ingolstadt und anderen deutschen Städten, der Untersu- chungshaft nur im Falle wirklich vollbrachten Totschlags. Alle Bürger haben ihren aus- schließlichen Gerichtsstand wegen aller Delikte, mit Aus- nahme der handfesten Tat, vor dem Stadtgericht. Ebenso wie den Bürgern von München, Ingolstadt und Lands- hut war auch den Bürgern von Kitzbühel seitens des Landes- fürsten Testierfähigkeit zugesi- chert, die sich im deutschen Rechte erst allmählich Eingang verschafft hat und zuerst auf Grund kaiserlicher oder landes- fürstlicher Privilegien in den Stadtrechten anerkannt wurde. Dabei handelte es sich haupt- sächlich darum, daß Kaiser und Landesherr auf ihre fiskalischen Ansprüche auf erbloses Gut und auf ihr Heimfallsrecht gegenüber den Leibeigenen, die durch über- jährigen Aufenthalt in der Stadt frei und Bürger wurden, verzich- teten. Ferner ist ebenso wie für München auch für Kitzbühel die Unzulässigkeit des Heiratszwan- ges ausgesprochen. Dieser Hei- ratszwang, der sich aus dem Rechte des Gebotes und Verbo- tes der Landesfürsten gegenüber der Untertanen entwickelt hat, kam in den Städten in der Weise zum Ausdruck, daß Jungfrauen, manchmal auch Jünglinge, auf Befehl des Landesfürsten sich mit einem Mitgliede des Hofge- sindes verheiraten mußten. Ge- fiel einem Höfling eine Jung- frau, oder einem Hoffräulein ein Junggeselle, so übernahm der landesfürstliche Marschall im Namen des Fürsten die Freiwer- bung, die bei Vermeidung des Zornes des Landesfürsten nicht zurückgewiesen werden durfte. Nach dem Vorbild der den Bürgern von München und In- golstadt gegebenen Zusicherung verpflichtete sich der Herzog, niemanden in Kitzbühel zu "beschätzen, er hab dann sein huld besonderlichen verworcht". Durch diese Bestimmung er- kannte der Landesfürst Hab und Gut des Bürgers als unantastbar an, er verpflichtete sich, sich jedes Eingriffes in das Vermö- gen des einzelnen zu enthalten, außer wenn jemand durch eine Missetat einen Vermögensnach- teil sich zugezogen hätte und darauf, wie das für Ingolstadt ausdrücklich ausgesprochen ist, durch gerichtliches Urteil ("Mit dem rehten") erkannt worden wäre. In dieser Bestimmung liegt wohl auch ein Verzicht des Lan- desfürsten auf Besteuerung des Einzelbürgers, indem er stets nur die Stadt als solche besteuern wollte, die Aufteilung der Steuer unter die Bürger aber der Stadi selbst überließ. Ebenso wie der Herzog sich selbst jedes Eingriffes in da Vermögen der Bürger zu enthal- ten versprach, so verpflichtete ei sich auch, dasselbe gegen Ein- griffe von dritter Seite zu schüt- zen und ebenso versprach er aucF die persönliche Freiheit zu re- spektieren und niemanden ein( Gewalt zu geben "über khaine leib oder über khaines burgen guet'. III. Teilfolgt.
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