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Spital-Platz mit der Spitalkirche zwn hl. Geist und dem Spital, des- sen Bau 1412 vom bayerischen Herzog Stefan II!. von Bayern-In- golstadt dein Rat und den Bürgern von Kitzbühel genehmigt wurde Links das Spital mit der infolge des Straßenbaues von 1836 verklei- nerten Spitaiskirche zum hl. Geist; rechts das Welserhaus- Tiefenbrunner, daneben das Pirchlhaus. Das Spital hatte 1966, nach dem Bau des neuen Krankenhauses, im 555. Jahr des Bestehens in Ehren ausgedient. Zeichnungen von Alois Schilling, Fotos von A. Demanega, Innsbruck SEITE 32 LOKAL-ANZEIGER SAMSTAG, 28. OKTOBER 1995 Die älteren Stadtrechtsquellen von Kitzbühel Von Dr. Ferdinand Kogler, Zeitschrift Ferdinandeum - Vl. Teil So dürfen Bürger kein Holz aus dem Burgfrieden verkaufen, dürfen kein Wildbret und Schmalz außer Land führen, ebenso dürfen sie ohne Bewilli- gung des Rates keine Schafe aus- ser Landes treiben. Der Betrieb des Handels soll- te auf den Markt konzentriert werden. Verboten ist Kauf und Verkauf vor den Toren der Stadt. Unstatthaft ist der Einkauf auf dem Lande, insbesondere von der Alpe zum Zwecke Handel zu treiben. Es darf dort von den Bürgern an Käse, Schmalz und Schotten nur so viel gekauft wer- den, als jeder für seinen Haus- halt bedarf, wobei die Zahl der Käse jährlich auf 300 beschränkt ist. Ein Aufkauf von Lebensmit- teln, wie Schmalz, Käse und Obst, auf dem Markt seitens der Bürger zum Zwecke des Wieder- verkaufs und Erzielung eines Gewinnes ist dann untersagt, wenn ein anderer Bürger sie für seinen Haushalt braucht und be- ansprucht. Ebenso wie die Stadtgemein- de dahin wirkte, daß das Ange- bot zur Nachfrage zu einem für den Konsumenten günstigen Verhältnisse stehe, ist sie auch bestrebt, jeder Verfälschung der Bedarfsartikel und dem Verkauf schlechter Ware entgegen zu wir- ken. So wird der Fleischhacker mit Strafe bedroht, der "bös ver- potens fleisch selcht und ver- kauft". Darunter wurde insbesondere Fleisch von zu jungem Vieh ver- standen. Ebenso wird der Bäk- ker und Schenke bestraft, der schlechtes Brot bzw. schlechte Getränke herstellt und verkauft. Aber ebenso bestraft wird auch der Lederer, der "pös leder wurcht" und der Weber, der "pös tuech wircht". Das konsumieren- de Publikum soll auch vor Über- vorteilung möglichst geschützt bis St. Martinstag (11. Novem- ber), also nur sehr kurze Zeit, während er die übrige Zeit einer Konzession seitens des Rates unterlag. Ein Handwerker durf- te neben seinem Handwerk nicht zugleich eine Schenke führen. Aus denselben Gründen wurde das Spielen im Burgfrieden stark eingeschränkt. In den Fäusern waren Spiele, "damit man pfen- nig gewinnt oder verleusi", nach dem Abendleuten ganz verboten. "Auf truckhen land", d.h. wohl im Gegensatz zum Spielen in den Häusern, unter freiem Himmel, waren solche Spiele zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht unter- sagt. Die Sorge um das Wohl der Bürger, um ein geordnetes Zu- sammenleben und eine gregel- :e Lebensführung zeigt sich fer- :1er in der Ordnung der Weide- 'erhältnisse auf der Stadtalmen- de, in der Vorschrift des Shwei neringelns und des Reinhaltens des Brunnens und in der Aufstel- lung von Präventivmaßregeln zur Hintanhaltung drohender Gefahren. Zu diesen vorbeugenden Nor- men gehören das Verbot des Heitzens "nach der vesperzeit hintz nach Mitternacht auf die ander hankrät", das Verlot der Einung der Bürger und des Hal- tens und der Annahme von Muntmannen. Einigungsverbote sind seit dem 13. Jahrhundert wiecerholt sowohl von Reichswegeri, wie seitens der Landesherren ind in cen Stadtrechten ergangen. Von ciesen Einungsverboten waren ganz allgemein alle Einngen der Bürger getroffen, insbeson- dere auch die Einungen der durch die Gemeinschaft des Be- rifes einander nahe stehenden Gewerbetreibenden. Die fort szhreitende Entwicklung ließ sich allerdings durch derlei Finungsverbote nicht auftalten. Auch in Kitzbühel begegnen wir trotz dieses Verbotes in späterer Zeit den Zünften der Harniwer- ker auf Schritt und Tritt, ja die- selben haben als solche am öf- fentlichen Leben einen gewissen Anteil genommen, indem zu Sat- zungen, soweit sie gewerbepoli- zeilicher Natur waren, auch Ver- treter der einzelnen Zünfte zuge- zogen wurden. Muntmannen oder Muntleute sind eine Art klientelenartigen Gefolges, mit welchem sich rei- chere Bürger der Städte umga- ben. Wir trafen dieselben in den meisten deutschen Städten. Da durch diese Institution die Rechtssicherheit und der Friede oftmals arg gefährdet wurde, wurde das Halten von Muntman- nen untersagt. Der durch die beiden Stadt- rechte von 1353 und 1354 fixier- te Rechtszustand hat sich in der Folgezeit zunächst konstant er- halten. Die Landesfürsten be- schränkten sich darauf, die her- gebrachten Rechte und Freihei- ten zu bestätigen, so Ludwig der Brandenburger und dessen Ge- mahlin Margaretha Maultasch, an welche Kitzbühel mit den Herrschaften Kufstein und Rat- tenberg als Wittum gekommen war. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sehen wir Kitzbü- hel auch im Besitz der Land- standschaft. Der große Brand- brief der bayerischen Herzoge vom 25. November 1374 ist auch von Kitzbühel besiegelt, und auch an späteren landständi- schen Briefen hat wiederholt auch das Siegel von Kitzbühel gehangen. Anläßlich der Länderteilung vom 19. November 1392 zwi- schen den Brüdern Stefan, Fried- rich und Johann wechselte Kitz- bühel wieder seine staatliche Zu- gehörigkeit, indem es samt "Ra- tenberg burg und margt" und "Kufstein burg und margt" an Herzog Stefan III. von der Linie Bayern-Ingolstadt fiel. Aber auch dieser Wechsel der politischen Zugehörigkeit, wo- nach das Recht der Mutterstadt München für Kitzbühel formell extorritoriales Rechts wurde, hatte im Rechtszustand Kitzbü hels keine Änderung zur Folge. Herzog Stefan III. bestätigte viel- mehr in einer Urkunde vom 7. Jänner 1393 den Bürgern der Stadt Chitzpuchel "all ir gnad, freyheit, recht, gesetzt, brief und gut gewohnheit, die sy von un- sern vorvodern seligen, von un- sern lieben Brüdern und von uns gehabt und herbracht habent". Stefan III. Sohn, Herzog Lud- wig der Bärtige, hat erst das Münchner Stadtrecht in Kitzbü- hel beseitigt und an dessen Stel- le des Stadtrecht von Ingolstadt gesetzt. Fortsetzung ft)lgt! werden. Deshalb muß sich der ganze Großhandel vor den Au- gen der städtischen Organe voll- ziehen. Kaufmannsgut, welches das Gewicht eines Viertelzent- ners übersteigt, unterliegt dem Wägezwang an der städtischen Frohnwage. Nur bei Wolle be- gann der Wägezwang erst mit ei- nem halben Zentner. Im Detail- handel wird der Gebrauch von unrechtem Maß und Gewicht mit hoher Strafe bedroht. Von beachtenswerten volks- wirtschaftlichen Motiven getra- gen ist ferner die Bestimmung über die Schonung des Waldbe- standes und die Beschränkung der Abholung auf die Deckung des Haus- und Hofbedarfes an Bau- und Brennholz. Die Berücksichtigung der wirtschaftlich Schwächeren und cie größere Heranziehung der wirtschaftlich Stärkeren zu den öffentlichen Lasten gibt sich in der Befreiung der Witwe von je- der Steuerleistung kund, "all die weil sy ist ein witbe". Nationalökonomische und sit- tenpolizeiliche Beweggründe führten dazu, das Schankwesen unter die Aufsicht des Rates zu s:ellen. Der Weinausschank war nur frei von der Zeit des Mostens 4
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