Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
JoseJ'Jöchl um! Jakob Karrer als Anklöpfler (1956) Foto: Herta Waich ft1'0i3büIj eIer 4 cimatbtäUer Heimatkundliche Beilage des "Anzeiger" mit Beiträgen über Volkstum, Geschichte, Volksleben, Kultur und Natur Schriftleitung Hans Wirtenberger Nr. 12 Dezember 1995 5. Jahrgang War das eine Pracht und Seligkeit Erinnerungen an die Advent- und Weihnachtszeit um 1935 Von Barbara Riesenfeilner Weihnacht begann bei uns schon nach Martini (11. Novem- ber). Wenn der erste Schnee von der Laning herunterschaute, be- gann es schon Weihnacht zu werden. 'So, sagte die Mutter, "jetzt müssen wir zum Uberall Wolle kaufen für Socken und Händling." Am Abend wurden die Strähne aufgewickelt, daß uns die Arme ganz steif wurden von dem Hinhalten. Der Vater erzählte Geschichten oder wir sangen die alten vertrauten Lie- der, meine Schwestern sangen die erste Stimme, ich die zweite und Vater hatte einen schönen Baß. Ich glaube, es war ein ganz netter Gesang. Strom konnten wir uns nicht leisten, so wurde die Petroleumlampe hergeholt. Es waren ja schlechte Zeiten, es gab viele Arbeitslose. So Ende November sagte der Vater: "Jetzt müssen wir, bevor es zuschneit. Moos für die Krippe und für die Winterfenster holen'. Das war halt auch schon wieder eine Freude! Dann sagte der Vater: "Wenn ihr recht brav seid, holen wir die Krippenmandln vom Dachboden, um zu kontrollieren, wie sie den Sommer überstanden haben". Jedes Schaferl und Mandl, das exakt eingewickelt war, wurde ausgepackt und nachgesehen, was zum Reparie- ren war. Endlich kam der De- zember. Den Adventkranz kann- ten wir damals noch nicht. Vater und Besinger (Josef Steinbrucker) rüsteten zum An- klöpfin. Dazu mußten sie von Innsbruck eine Erlaubnis einho- len. War das immer eine Freude. wenn die Bewilligung kam! Es war viel vorzubereiten. Zünftige Stecken mußten sein, die Bärte wurden aufgerichtet usw. Ab Mitte November wurden am Abend die Lieder geprobt und am ersten Donnerstag im Advent (Uklöpflpfinztag") ging es los. "In Gottes Namen", sagte Vater und griff ins Weihbrunnkrügl, "packen wir es wieder!" Was war das für eine Freude, wenn der Vater nach Hause kam und vom Rucksack ein paar Apfel hervor- holte. Wir waren ja so beschei- den. Weit kamen sie herum, bis nach Kössen, Walchsee, Kundl - beim Sternsingen sogar nach Kufstein. Weihnacht kam immer näher, es wurde geputzt vom Dachbo- den bis zum Keller. Am Tag vor dem Heiligen Abend stellte der Vater im Herrgottswinkel die Krippe auf. Die Figuren und Schäflein wurden erst am Heili- gen Abend aufgestellt. Es muß- te alles genau seine Ordnung haben. War doch die Stube schön! Hinter jedem Bild ein Tannenzweiglein, die Messing- gatzln hinter dem Herd funkel- ten. der Fußboden so schön, daß man darauf essen hätte können usw. Das Klotzenbrot duftete herrlich aus der Kammer! Wir glaubten, im Paradies könnte es nicht schöner sein. Dann kam der Heilige Abend. Um fünf Uhr weckte uns der Vater. Wir gin- gen in das Rorateamt um 6 Uhr früh, waren nüchten, wir woll- ten ja die Kommunion empfan- gen. Wenn es kalt war, konnten wir mit den "Doggeln" gehen. Kienpointner Thresei vom Schattberg machte so schöne, hohe mit Litzen für draußen, im Haus hatten wir die niederen. Wenn dann in der Kirche das herrliche "Wer klopfet an?" er- tönte, hielten wir vor Andacht den Atem an. Nach der Messe gingen wir zur Großmutter in das alte Farberhaus (Pancheri) in der Griesgasse. Die uralte Wirtsstu- be mit einem großen gelben Ka- chelofen, vier kleine vergitterte Fenster, ein alter Uhrkasten, al- les roch nach Weihrauch und Taxen. Zwei Tische standen in der Stube, denn die Großmutter und ihre Tochter Uschl waren Goldstickerinnen, sie fertigten auch "Geinzl" an, Ein runder Tisch und eine Eckbank zum Essen, so war diese Stube traut und so heimelig. Der Heilige Abend war so wunderschön. Ich glaubte, so viel Glück kann es nicht geben, daß es nun Heiliger Abend war. Wir wohnten in einem alten Bau- ernhaus (Stoffinger im Stocker - dörfl). Den ganzen Tag gingen wir leise durch das Haus. Zu es- sen gab es nur Fastenkost, "Uma- schittnocken" oder Brezensuppe. Wir durften auch keine Apfel essen nach altem Brauch (es war Adam-und-Eva-Tag). Wenn es dann zu dämmern anfing - Vater sorgte für eine gute Glut - wurde das Weihrauchfaßl gefüllt, wir gingen beim "Räuchern" dem Vater nach mit einem "Scheiei" Weihbrunn und einem Taxen- zweiglein, so durch das ganze Haus und auch außen herum. Dabei wurde brav gebetet, dann kam der Rosenkranz. Nachher erzählte der Vater Geschichten
< Page 23 | Page 25 >
< Page 23 | Page 25 >