Kitzbüheler Anzeiger

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Heimatkundliche Beilage des "Anzeiger" mit Beiträgen über Volkstum, Geschichte, Volksleben, Kultur und Natur Schriftleitung Hans Wirtenberger 9. Jahrgang Nr. 6/1999 “Wenn also dieses Büchlein nach 100 Jahren noch ist ” • •• Zum Gedenken an den Tagebuchschreiber Josef Haas (1865 - 1939) feierten. Dann geht er auf Poli­ tik und Zeitgeist ein. Glühend verteidigt er den katholischen Glauben und beurteilt in diesem Zusammenhang kritisch “einen gewissen Bund, die Sozialdemo­ kraten oder Sozialisten, welche einen Zukunftsstaat planen, wo alles Elend verschwinden und jeder gleich rein und gleich hoch sein wird, Religion wird als Nebensache betrachtet, also ganz gleich glaubt man alles, etwas, oder nichtsWeiter heißt es in der Zeitschilderung; “Die Dienstboten hatten große Löhne, die den Bauernstand fast aussaugten, und ihnen war es für nichts, weil sie, nur Ein­ zelne ausgenommen, alles ins Wirtshaus trugen, uneheliche Kinder erzeigten, wo die größ- tentheils nichts zahlten, und wen sie selbst einmal alt und untauglich den Bauern samt ihren früheren Kindern zur Last fielen, ales eine Frucht des Un­ glaubens. Die Zeit, wen sich die Leute vertragen könten im Glauben wäre jat gut, nöthiege Lebensmittel kommen mit der Eisenbahn billig hieben und die Produkte was wir zum verkauf- fen haben, erzielen einen guten Preis per Bahn ins Ausland. Ti­ rol unser Vaterland gehörte zum Kaiserthum Österreich wo in Wien die Residenzstadt seit den 2 Dezember 1848 Kaiser Franz Josef I regirte, zu Innsbruck war Stadthalter Graf Merfelt, zu Kitzbühl Bezirkshauptman Graf Wolkenstein. In Rom war Ober­ haupt der katholischen Kirche seine Heiligkeit Papst Leo Xlll seit 28. Februar 1878. Unser Erzbischof zu Salzburg hieß Jo- han Katschthaller wurde in diesen Jahre gewählt, und zu Kitzbühl kam in diesen Jahre als Pfarrer und sellsorger Karl Egger Da es für mich eine große Freude gewesen wäre, wen ich von voriegen Jahrhundert Von Dr. Gertrud Heß-Haberlandt Die Öffentlichkeit und damit sehr viele Menschen setzen die Jahreswende 1999/2000 irrtüm­ lich mit dem, erst ein Jahr spä­ teren Jahrhundert- bzw. Jahr­ tausendwechsel gleich. Deshalb sind die folgenden Zeilen eine Vorwegnahme eines Gedenkens an Josef Haas senior, Bauer zu Vordererb im Bichlach in Kitz­ bühel. Seit 1883 hatte er Tag für Tag, Jahr um Jahr die “täglichen Verrichtungen” auf seinem Hof aufgezeichnet. Damit hat er, oh­ ne es zu wissen, der Nachwelt ein kulturhistorisch wertvolles Zeugnis über die Bauernarbeit des Kitzbüheler Raumes hinter­ lassen, wie sie seit Jahrhunder­ ten Gültigkeit gehabt hatte. Auf seinen Wunsch hat sein erstge­ borener Sohn Josef Haas junior seit 1934 die Tagebücher wei­ tergeführt. Anlass für dieses Gedenken sind Zeilen im Tagebuch, die sein Verfasser am 31. Dezember 1900 niedergeschrieben hat: “Meine Lieben. Heute zum En­ de des Jahres und Jahrhundert Wechsel fingen sie in allen Ge­ meinden nach Anordnung, nach den Ave Maria läuten, mit allen Glocken zu läuten an, Gott zu Ehren, an so einem bedeuten­ den Zeitabschnitt, und einen Je­ den von uns war ganz merkwür­ digzu Muthe, in Erwägung, daß von allen, die den Zeitabschnitt vor 100 Jahren überlebt haben, keiner mehr ist, und von uns nach 100 Jahren keiner mehr sein wird, nicht einmal ein neu- gebohrnes Kind. Wen also die­ ses Büchlein nach 100 Jahren noch ist, richte ich an jeden Le­ ser die Bitte, gedenket den Schreiber dieses mit einen Vater unser und Ave Maria und ich werde Euch dafür ethliche Klei­ nigkeiten erzählen: In Erb des vorderen, wo dieses geschrie­ ben wurde, waren unserer 4 Tagebuchschreiber Josef Haas mit seiner späteren Frau Therese, Besitzerin zu Klein Vogelsberg. Fotos aus “Gertrud Heß-Haberlandt - Bauernleben. Eine Volkskun­ de des Kitzbüheler Raumes " (1988). Personen beim Tisch am Silfe- sterabend, und aßen Äpfelkie- chel, nämlich Vater und Mutter, mit Namen Anton und Anna Haas, gebohrne Seywald und wir zwei Josef und Katharina Haas, ich 35 Jahre alt und die Schwester 27, die Eltern 70, un­ ser Bruder Anton Haas 29 Jah­ re alt, ist Oberschweizer hei der im Jahre 1897 errichteten Senn­ ereigenossenschaft, und die an­ dere Schwester ist seit den Jah­ re 1898 mit Johann Jenewein verehlicht, und 31 Jahre alt, heißt Anna. Wer wird etw’a am Silfesterabend 2000 wen dieses hölzerne vorder Erb noch steht, am Abend speisen? " Josef Haas zählt daraufhin die Bewohner aller umliegenden Höfe auf, die diesen Silvester
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