Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 Lokal-Anzeiger Donnerstag, 16. März 2000 Internationaler Frauentag: Wie beurteilen Am Mittwoch, dem 8. März, wurde auch in Österreich der In­ ternationale Frauentag gefeiert. Dabei wurde in höchsten Re­ gierungskreisen viele kritische Stimmen laut. Von SPÖ-Seite ließ man verlauten, die neue Regierung wäre frauenfeindlich und würde diese am liebsten wieder an den Herd zurück­ schicken. Hauptkritikpunkt war dabei die Abschaffung eines Frauenberufe, wie Gastgewer­ be, Verkäuferin, etc. Aber auch die Frauen selber sind aufgerufen, vermehrt poli­ tisch tätig zu werden, ich versu­ che immer, Frauen zur Mitar­ beit zu motivieren. Im Kitzbüheler Gemeinderat gibt es zum Beispiel unter 19 Man­ dataren nur drei Frauen. Dies ist zwar einerseits durch die tradi­ tionelleren Strukturen auf dem Land bedingt, aber andererseits hat man auch in der Hochpolitik das Gefühl, manche Frauen wären von den Männern nur als “Alibi” eingesetzt worden. Ich habe allerdings die Hoff­ nung, dass sich die Vehältnisse allmählich ändern, Frauen ha­ ben eine immer bessere Ausbil­ dung, Gesellschaftsstrukturen wandeln sich und die heute 20 bis 30-jährigen haben über die Frauenrolle schon eine ganz an­ dere Anschauung. Parteien und Kirchen nehmen diese Wand­ lung der nachfolgenden Gene­ ration nicht wahr und haben deswegen oft auch Probeleme mit dem Naschwuchs. Die aus dem Tierreich stammende po­ stulierte Überlegenheit der Männer ist nicht mehr haltbar. Eva Noichl-Klingler, Nalio- nalratskandidatin der ÖVP und Beraterin in der Bezirks- Landwirtschaftskammer; Der Ausspruch “Frau zurück an den Herd” ist für mich deg­ radierend, man sollte sich im gesellschaftlichen Bewusstsein den Wert der Mutter und der Hauswirtschafterin mehr vor Augen halten. Die Hausfrau erledigt viele wichtige Aufgaben auf einmal, Erziehe­ rin, Köchin, Raumpflegerin, etc. Diesen Wert sollte man aueh in Form von Pensionsan­ rechnungen anerkermen, doch ist im Moment dafür im Budget kein Geld da. Meiner Meinung nach ist die Familie die wichtig­ ste Zelle in der Gesellschaft. Wenn eine Frau in die Politik gehen will, muss sie sich entwe­ der für die Karriere oder für die Familie entscheiden, aber bei­ des zusammen geht nicht. Kinderhorte sind keine Lö­ sung und oft geht die Frau letzt- endlich nur arbeiten, um wie­ derum die Tagesmutter und die Haushälterin bezahlen zu kön­ nen. Wir haben heute einen enorm hohen Lebensstandard, sind der drittrsichste Staat und man muss sich eben manchmal überlegen, wie man die persön­ lichen Ziele definiert. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Fa­ milien vor der Verschuldung zu bewahren. Allerdings müsste gerade bei uns den Frauen der Wiedereintritt in's Berufsleben, auch mit Kindern, erleichtert werden. Jobs in der Gastrono­ mie oder als Putzerin sind keine Alternative. Dafür setzte ich mich öffentlich ein. Ich bleibe Bäuerin und will bald ein Kind, aber langfristig könnte mich die Politik schon wieder reizen. Obermoser, Ortsobfrau der Freiheitlichen inAurach : Ich bin alleinerziehende Mut­ ier und stehe seit 32 Fahren im Berufsleben. Daher weiß ich genau, dass diese Aufgabe sehr scnwierig ist. Die Frau und Mutter is: immer der Mittel­ punkt in der Familie und einer Doppelbelastung mit enormen Stress ausgesetzt. Es bleibt im­ mer irgendein Bereich auf der Strecke und für mich hat die Verbindung Frau und Familie absolute Priorität. Die Entschei­ dung, was Vorzug hat, muss je­ de Frau aber selber treffen, die ist nicht durch Gesetze regelban Und die Verantworfmg einer Matter für ihr Kind wird immer bestehen. Aber egal, ob man sich nun für Kind oder Karriere entscheidet, ich vriinsche mir hier mehr Toleranz und Akzep­ tanz auf beiden Seiten Einige Erleichterungen für al­ leine rzeihende Mütter müssten aber schon her, zum Beispiel sollen Kindergartenplätze nach Bedarf unr nicht stur nach Ge­ burtsdatum vergeben werden. Die Proteste der SPÖ und der Grünen am. Frauentag finde ich aber heucblerisch und unange­ bracht. Das Frauenministerium war ein M nisterium ohne Kom­ petenzen. Frauenpohrik kann nicht nur in einem Rsssort be­ trieben werden, die Interessen der Frauen müssen von allen Ressorts wahrgenommen wer­ den. Auch glaube ich nicht, dass es zu Kürzungen bei Frauenpro­ jekten kom_men wird. Auch die Vizekanzlerin ist eine Frau und ich glaube auf keinen Fall, dass es sich bei unseren neuen Da­ men in der Regierung nur unr ‘ Alibiposten” handelt. Christine Gertraud Rief, SPÖ-Stadt- rätin und Leiterin des Kitz­ büheler Sozial und Gesund- heitssprengels: Wir haben eine Kultur, die auf die Bedürfnisse der Männer eingerichtet ist. Wenn die Frau­ en beraflich und gesellschaft­ lich etwas erreichen wollen, müssen sie sich den männli­ chen Strukuren anpassen. So haben zum Beispiel auch die Vizekanzlerin oder Frau Ferre- ro-Waldner keine Kinder, Der Einklang von Kinderbetreuung und Berufsleben ist nur dann möglicli, wenn die Männer ein bisschen Macht abgeben und ihren Beitrag bei der Kinderbe­ treuung leisten. Auch die Ab­ schaffung des Frauenministeri­ ums ist ein Signal, dass wir nicht emstgenommen v/erden. In der Gesellschaft hat die Frau nur ihre Berechtigung, wenn sie in der Familie auftritt und Kin­ der bekommt. Die Verwirkli­ chung des Kinderschecks halte ich für eine Art Geburtsprämie, denn er bietet nicht genug Geld für eine tatsächliche Selasstän- digkeit. Diese ist für die Frau nur möglich durch eine zusätz­ liche Erwerbstätigkeit. Aber auch wenn es heute mehr weib­ liche als männliehe Studenten gibt, sind viele Berufe und Führungspositionen Männer­ domänen und beim Wiederein­ tritt in die Bemfswelt nach der Schwangerschaft bleiben meist trotzdem nur die traditionellen wieder Aloisia Fischer, Bundes­ bäuerin und Vizepräsidentin der Salzburger Landwirt­ schaftskammer: Ich finde es nicht so schlimm, dass das eigene Frauenministe­ rium abgeschafft
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