Kitzbüheler Anzeiger

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Schmiedsreit (heute Außerwald 55) in der Fraktion Erpfendorf, einen mächtig über dem Tal ste­ henden Hof an der Gemeinde­ grenze zu Waidring. Der Hof dürfte zuerst von Großvater Michael Hoyer und von 1895 bis 1921 von Vater Jo­ sef Hoyer geführt worden sein. Josef Hoyer war nach Fieber­ brunn zuständig, seine Gattin Barbara stammte aus Going. Schmiedsreit hatte eine wech­ selvolle Besitzergeschichte, nun bewirtschaftet schon in der drit­ ten Generation die Familie Un­ terberger den Hof Barbara Nikodem war eine außergewöhnliche Frau. Ihr war ein besonderes Gefühl für Spra­ che zu eigen, und sie schrieb Gedichte. Sie liebte und verehr­ te ihren Mann und es ist ihr zu verdanken, dass Nikodem nach seinem Ableben nicht gänzlich in Vergessenheit geriet. 1) Barbara Nikodem teilte mit dem Gatten die schöpferischen Freuden und die Enttäuschim- gen seiner letzten Lebensjahre, stand ihm bis zum Ende treu zur Seite xmd war durch Jahre von Krieg, Not und Krankheit hin­ durch seine tapfere Betreuerin und Erhalterin seines künstleri­ schen Nachruhms und ist es bis zum Tod geblieben. 2) Als Barbara Hoyer den Maler kennenlemte, war er auf einem Höhepunkt des Ruhmes gewe­ sen. 1927 hatte er mit anderen Tiroler Künstlern in der Seces­ sion in Wien ausgestellt - Niko­ dem gehörte zu den wenigen, deren Arbeiten unter den ande­ ren herausragten und positiv re­ zensiert wurden. 1928 war eine Ausstellung in Nürnberg, drei Jahre später wurde im dortigen Museum ein Nikodemkabinett eingerichtet, das 14 Bilder des nunmehr berühmten Malers enthielt. Eine Ausstellung in Innsbruck führte 1929 zu einem Ankauf durch das Land Tirol. Schwer getroffen war Niko­ dem durch eine Entscheidung des Professorenkollegiums der Akademie der Bildenden Kün­ ste in Wien, das ihn für die Ver­ leihung des Professorentitels nicht würdig hielt. Bald folgte in einer Zeit all­ gemeiner wirtschaftlicher Not auch der wirtschaftliche Rück­ schlag, der Verkauf der Bilder ging stark zurück. Viele seiner Freunde mieden ihn. Nur mehr die Pension der Post - Nikodem war seit 1920 Frühpensionist - sicherte den Lebensunterhalt. Seine Bilder wurden zusehends kleinformatiger, oft musste auch die Rückseite der kostba­ ren Leinwand bemalt werden. Es gibt kaum noch figurale Darstellungen aus dieser Schaf­ fenszeit. Nikodems Tagebuch­ notiz vom 3. April 1932 zeigt seine Bitterkeit: “Eine Be­ schreibung aller meiner be- katmten Menschen müsste den Titel haben ‘die Verkomme- Hochzeitsbüd Barbara und Artur Nikodem, 1931. Nachlasses und nen’”. 3) Ausnahmen bilden nur einige gezeichnete oder aquarellierte Portraits von Barbara. Das große Ölbild von Barbara Niko­ dem (90 X 84 cm), Sammlung Nikodem der Stadt Innsbruck, aus dem Jahre 1932 stellt fast den Schlusspunkt unter den fi­ gürlichen DarsreUimgen dar. Aus den spären Jahren Niko­ dems sind die winzigen Land- schaftsbildec und Bilder von Blumen, Bäumen und Bergen Zeugnisse seiner starken Aus­ druckskraft. Die späten klein­ formatigen Arbeiten sind viel­ leicht die cherakteristischsten seiner Bilder. 4) Immer mehr zog sich Niko­ dem von den Menschen zurück. Sein Streben nach Wahrheit in seinen Bildern war ungebro­ chen. Das Ehepaar übersiedelte 1936 in eine Wohnung in der Museumstraße. Vermutlich während der häu­ figen Reisen nach Deutschland entstand Nkodems Sympathie für die Ideen des Nationalsozia­ lismus. Aber schon im März 1932, also Monate vor der Machtergreifung Hitlers in Deutschland, trat er aus der Par­ tei aus. Im Jahre 1938 trat das Ehepaar Nikodem neuerdings über den Gau Tirol-Vorarlberg der NSDAP bei. Im gleichen Jahr wurde ihm allerdings aus München das BLdmaterial mit der Bemerkung zurückge­ schickt, nach der Neugestaltung des deutschen Ausstellungswe­ sens passten seine Bilder leider nicht mehr in den Rahmen der Ausstellungen. Auch für die Zukunft kormte ihm keine Ge­ währ für die Einreihung seiner Arbeiten gegeben werden. 5) Nikodem dürfte bei Lebzeiten nicht mehr bekannt geworden sein, dass eine “Säuberungs- kcmmissioh’ im Jahre 1937 aus dem Kabinett Nikodem in Nürnberg acht von 14 Werken, darunter das Hauptwerk “Hexe” beschlagnahmen und nach Ber­ lin abtransportieren ließ. Die nach dem Firieg durchge- fünrten Nachforschungen nach den beschlagnahmten Bildern und den in Nürnberg verbliebe­ nen waren vergeblich. Zehn Jahrs nach Kriegsende wurde diese Entwicklung der Vv^itwe von der Leitung der städtischen Sammlungen Nürnberg mitge­ teilt. Die letzten Lebensmonate Nikodems waren dadurch ge­ kennzeichnet, dass ihm jede Ausstellungstätigkeit genom- Barbara im Sessel, um 1930, Fotografie von Artur Nikodem.
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