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DONNERSTAG, 24. FEBRUAR 2000 LOKAL-ANZEIGER SEITE 3 Wie beurteilen unsere heimischen Politiker und Touristiker die "Lage der Nation" I, Jakob Riser, Pressesprecher SF0: Ich sehe aufgrund der FPO-Regieiungsbeteiligung sehr wohl ße Frcbleme, be- sondes aLch in Hinblick auf den zukünf:igen EU-Vorsitz von Portugal, Frankreich und Belgien und rinen großen Ima- geverkst fllr Osterreich. Dass sich auch Privatpersonen be- troffen fiElen, koirnte ich bei einer Idirzlichen Mexikoreise feststellen. Die SPO als Auslö- ser für die Boykotte oder De- monstratioien zu betrachten, ist absoluter Qtatsch. Ich glaube an das demckratische Mittel der Demorstratcn, arDete persön- lich aber lieber politisch und mit 3acHichein Schlagab- tauscli. Auf lokaler Ebene hat sich in der Zusammenarbeit der Parteien nichts gendert. Hans Sevignani, National- ratsabgeordneter, FPO: Die EU-Sanktionen gagen die FPO/OVP Koalition sind durch die Mi:hilfe der Sozialen Inter- nationalen zu Stande gekom- men. Dies ist in kainster Weise gerechifertigl, dern Osterreich kann so wäk.len, wie es will und zweitens kaim man über einen Beitragszahler, der alle Verträ- ge einhält, keine Strafen ver- hängen. Ich glaube, dass von den Sanktionen nichts zu spü- ren sein wird und sich Oster- reich mit Hilfe Klestils, Klimas und Vranitzkys selbst in den Schmutz zieht. Als langjähriger Gemeindevorstand sehe ich für die Zukunft aber kein Probleme flur die lokale Zusammenarbeit. Bedenklich stimmt mich, wenn Schüler und Studenten durch nicht abgehaltene Lehrveran- staltungen mit sanftem Druck auf die Straße getrieben werden und die Gewerkschaft Gratis- fahrten zum Demonstrieren or- ganisiert. Man muss den Mmi- stern die Möglichkeit geben, zu arbeiten, erst dann kann man die neue Regierung beurteilen. Die schwierige und bislang ver- deckte Finanzsituation ist zu bereinigen und ich traue der Regierung zu, in der kommen- den Legislaturperiode das Bud- getloch zu stopfen. Leo Neubauer, Bezirkschef Grüne: Die EU-Reaktionen halte ich zwar teilweise ihr überzogen, aber zum Großteil für gerechtfertigt. Außerdem war das für Schüssel und das Außenministerium längst vor- auszusehen. Osterreich ist mei- ner Meinung nach schon jetzt isoliert und es wird schwierig werden, in dieser Besetzung aus der unangenehmen Lage herauszukommen. Leider zei- gen auch die Demonstrationen keinerlei Wirkung, obwohl sie ein Signal setzen sollten. Ich selber war am Samstag mit da- bei in Wien. Die Stimmung war sehr gut und die Demonstranten kamen aus allen Altersstufen und Schichten, von einer An- häufung von Linksextremisten und Kommunisten kann nicht die Rede sein. Wir Grünen un- terstützen auch die Anti-Regie- rungs-Plattform in Kitzbühel. Die lokale Zusammenarbeit mit den Parteien ist aber gut, man hat das Gefühl, dass sie teils selber eine abwartende Haltung einnehmen. Peter Hechenberger, Orts- bauernobmann, OVP: Die Reaktionen und Handlungen der EC gegenüber Osterreich sind weit überzogen und daher zu veru:teilen. Viele wollen De- mokratie nicht leben. Man hat das Gefühl, dass große EU- Staaten die kleinen unter Druck setzen wollen. Wenn das Zei- chen der Völkerverbindung und des europäischen Gedankens sein sollen, so begreife ich das Handeln einzelner Staatsmän- ner überhaupt nicht mehr. Der Schaden wird sich in Grenzen halten. Stornierungen im Tou- rismus sind zu erwarten, es wird eine ähnliche Situation wie bei Waldheim entstehen. Die Wrtschaft wie auch die Landwirtschaft wird davon nicht sehr betroffen sein. Wir Bauern sind mit Arbeitszeit und Einkommen auch nicht so ver- wöhnt und haben deshalb Ver- ständnis für die Sparmaßnah- men. Auch die Förderungen der Agenda 2000, welche ja an ei- nen nationalen Beitrag gebun- den sind, sind in der jetzigen RegierLngskoalition leichter durchführbar. Ich persönlich bin ein Gegner von Demonstra- tionen und es stimmt mich auch bedenklich, dass Schüler und Ausländer in etwas hineingezo- gen werden, was nicht ihre Sache ist. Die Vermutung, dass eine gewisse Initiative dahinter- steckt, liegt nahe. Auf Ortsebe- ne sehe ich in der Zusammenar- beit kein Problem, wenn man sie nicht nur verbal ausübt. Gibt es Auswirkun- gen im Tourismus? Robert Jank, TVB Kitz- bühel: Wir haben als Reaktion auf die neue Regierung zwar viele Faxe bekommen, doch kann man sagen, dass die posi- tiven Meinungen überwiegen. Viele Stammgäste aus der ganzen Welt haben zum Aus- druck gebracht, dass sie auch in Zukunft Kitzbühel die Treue halten werden und sich von et- waigen Aufrufen nicht beein- drucken lassen. Ich kann im Moment keine gravierenden Auswirkungen erkennen und glaube auch nicht, dass wir in Zukunft größere Probleme ha- ben werden. Mag. Hans Hagsteiner, TVB Kirchberg: Wir haben bis jetzt nur drei Faxmitteilun- gen von Stammgästen bekom- men, welche nicht mehr nach Osterreich kommen möchten, eine aus Deutschland, zwei aus Holland. Auf diese Mitteilun- gen habe ich mit einem persön- lichen Schreiben reagiert, in welchem wir an die Gäste ap- pellieren, zu bedenken, dass sie uns ja seit Jahren kennen und sich eigentlich nichts verändert hat. Diese Reaktion wurde auch von der Tirolwerbung empfoh- len. Ich glaube nicht, dass die EU-Aufrufe spürbare Auswir- kungen haben werden. Mag. Peter Wallner, TVB St. Johann: Bei uns sind bis jetzt noch keine konkreten Stornierungen eingetroffen, wir haben einige kritische Faxe aus Deutschland und Belgien be- kommen, die allerdings nach einer organisierten Initiative aussehen. Meiner Meinung nach hat die EU kein Recht, zu bestimmen, wohin jemand auf Urlaub fährt und eine ähnliche Meinung vertrat auch der Her- ausgeber der größten belgi- schen Schizeitung, welcher kürzlich bei uns zu Gast war. Weiters hat auch ein gerade ab- solvierter Besuch bei einer Messe in Hamburg gezeigt, dass die Menschen nach wie vor an der Urlaubsdestination Osterreich interssiert sind und wir haben von allen Seiten wirklich nur positive Reaktio- nen bekommen. Derzeit geht es in Österreich auf Regierungsebene ziemlich tur- bulent zu: EU-Sanktionen, Anti Regierungs-Demonstrationen, gegenseitige Schuldzuweisungen, Finanzprobleme. Wie lokale Politiker die Situation beurteilen und welche Auswirkungen für Osterreich sie befürchten, schilderten sie dem Kitzbüheler An- zeiger in aktuellen Interviews. Susanne Radke
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